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September 11, 2015

MOUNTAIN SOUL
Portrait eines Gänsekragens im Sarntal

Anna Luther

Eiskaltes Wasser empfängt meine Füße beim Durchwaten eines kleinen Bachs am Fuße des Gänsekragens – der Gipfel steht zwischen zwei Täler, wie eigentlich alle Berge. Er beginnt nach der letzten Bushaltestelle im Sarntal, wo sich die Häuser in der Landschaft langsam verlieren und alte, wettergegerbte Damen noch mit Kopftuch und Dirndl den Alltag dieser einsamen Gegend meistern.mountainsoul Gänsekragen SarntalIn Ruhe und mit stetig gleichem Trott versuche ich mich im Aufstieg in Begleitung der Bergstraße aus Asphalt und knurrenden Motorrädern, die sich rasant, der Freiheit nachjagend, durch die Kurven wenden. Der frühe Herbst verleiht den Hängen einen gelblichen Ton, karg und unverblümt recken sich letzte Bäume in die Höhe. mountainsoul Gänsekragen SarntalDie letzten Zeichen unserer Zivilisation endlich abgehängt, begleiten mich nur noch diese dicken Steinklötze, die in weiter Ferne Wolken abfangen, sich wie Katzen unter der Sonne räkeln, Fotomotive abgeben. Sie sind wie wir, störrisch und unverbesserlich, ganz einfach liebenswert. In ihren Mulden und Graten verbergen sich Seen, Ruinen und blökende Schafherden. Ihre Geheimnisse sind fast so unergründlich wie die der Menschen. Und das beruhigt. Natur in ihrer Einfachheit und Originalität ist Tankstelle für Vertrauensbildung. mountainsoul Gänsekragen SarntalSie bietet sich schutzlos als Angriffsfläche an, kennt ihren Kreislauf wohl besser als jedes Computerprogramm und lässt jeden daran teilhaben. Ihre integrativen Fähigkeiten verschonen niemanden bei prasselndem Regen, ihre Quellen und Früchte werden vor niemandem versteckt. 

 Alle Fotos: Anna Luther / franzmagazine

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