Music

June 17, 2015

Äußere + innere Landschaften in Resonanz: Knrrz @ Heart of Noise Festival

Kunigunde Weissenegger

Geräusch um Ton um Schall und Laut saugen sie in ihre Fieldrecorder und Mikrophone, richten sie an ihren Rechnern neu aus und entsenden sie zurück ins Leben: Knrrz eröffnen am Donnerstag, 18. Juni um 19h das Heart of Noise Festival in Innsbruck. Für drei Tage geben sich ForscherInnen, GigantInnen und DompteurInnen des wahren, guten und schönen Klangs die Türschnallen von Stadtsaal, Gotischem Keller, Adlers Top Roof und Para Noise Garden – den auch Knrrz bespielen werden – in die Hand und die Suche nach “the Beauty and the Beats” nicht auf. “Das Heart of Noise zeigt 2015 wieder Wellenberge aus dem ozeanischen Rauschen der Gegenwartskulturen,” so steht es im Programm geschrieben. Im Gesamt-Line-Up von 18. bis 20. Juni neben Knrrz auch Fashion-Ikone und Electrolore-Erfinder Alexander Marcus sowie des weiteren The Bug, Klara Lewis, Innode, Jung an Tagen, Quiet Ensemble, Angelica Costello, Fluktuation8, Objekt, Perc, Shifted, um nur einige zu nennen. Hier das gesamte Programm

Zurück zu Knrrz und zum 2007 von Peter Kompripiotr Holzknecht und Manuel Oberkalmsteiner ins Leben geworfenen Projekt, mit dem sie auch Teil des Kollektivs LaGrind Noire sind: Welche Emotionen lösen Geräusche und Klänge in uns aus? Ist es möglich, sie auch in etwas anderes, Melodischeres oder Geräuschvolleres, umzuwandeln? Knrrz betrachtet Räume, Lebenswelten und die darin innewohnenden Töne, nimmt sie in sich und digital auf, verarbeitet sie innerlich, formt sie am Computer und lässt die neue Komposition auf Mensch und Umwelt hernieder prasseln. Auf Kollision mit Klangkosmen wird Ungesehenes erhört, die Reise kann beginnen. Lassen wir jedoch die beiden auch selbst erzählen, worauf wir uns bei Knrrz einlassen.Worum geht es euch bei euren Projekten? Und welche Rolle spielen Experimentierfreudigkeit und traditionelle Spielarten?

Manuel: Mit Knrrz sind wir immer auf Suche nach Klängen und Geräuschen, die uns umgeben, die vielleicht alltäglich und auf den ersten Blick auch nicht hörbar sind. Wir erforschen Klangeigenschaften von Objekten und versuchen diese auch für andere hörbar zu machen und somit in eine unbekanntere Welt einzutauchen.  Bei unseren Live-Performances geht es ganz klar um das Experimentieren, wir arbeiten ausschließlich mit Klangobjekten vor Ort: Beim Heart of Noise ist es die Satelliten-Bühne im Para Noise Garden vor dem Stadtsaal. Traditionelle Musikgewohnheiten versuchen wir dabei hinter uns zu lassen, wobei das für mich immer der schwierigste Teil ist: Ich bin es gewohnt, mich an musikalische Strukturen wie Rhythmen und Melodien zu halten, beim Musikproduzieren und auch beim Hören. Dennoch sollen unsere Live-Improvisationen nicht nur aus Noise oder Kakophonie bestehen, sondern auch für das Publikum einigermaßen zugänglich sein. Da wir jedoch stets improvisieren, kann man vorher nie wissen, ob es laut wird und kracht oder ob harmonische und feine Klänge entstehen. Wir lassen uns sehr gerne treiben.  

Ptr: Mir geht es bei Knrrz-Projekten auch darum, komplett in ein Thema oder Objekt einzutauchen und die daraus resultierenden Stimmungen musikalisch auszudrücken. Es ist immer ein Experiment im gegebenem Rahmen, da sich ja die eigene innere Stimmung mit dem Außenstehenden paart – also pure Aleatorik.KnrrzWie bereitet ihr euch auf eure Performances vor?

Ptr: In erster Linie entsteht zwischen uns ein Brainstorming zum Thema. Musikalisch ist es meistens so, dass grundsätzlich ich für Klangtexturen und Manuel für die Rhythmik zuständig ist. Gemeinsame Vorbereitungen in Form von Proben sind eigentlich einige wenige, lang andauernde, improvisierte Sessions, bei denen höchstens einige Eckpfeiler, wie zum Beispiel der Zeitrahmen, entstehen sollen. Dann lassen wir es fließen und entstehen.

Manuel: Genau, auch wenn es eine Improvisationsperformance ist, versuchen wir uns so weit es geht vorzubereiten. Wie Peter erwähnt, beschäftigen wir uns zunächst mit der Thematik des Objektes. Bei unserer Heart of Noise Performance geht es darum den Satellit als Bühne zum Klingen zu bringen; das heißt, ihn nach Klängen zu erkunden, ihn mit Mikrofonen abzunehmen und dann mit unseren Laptops zu manipulieren und für das Publikum hörbar zu machen. Wir beschäftigen uns daher vorab mit den Materialien, die uns zur Verfügung stehen, das heißt die Bühne – was könnte wie klingen und wie können wir dies in unsere Performance einbauen? Danach gibt es noch einige Proben, vor allem um das Improvisieren zu Zweit zu üben. – Wer macht was? Wie reagieren wir? Wie könnte der Ablauf sein? Die Perfomance beim HFN ist relativ kurz, deswegen gibt es extrem wenig Zeit für die Entwicklung der Soundcollage. Deshalb müssen einige Dinge im Groben vorab abgesprochen sein.   

Was ist für euch das Spannende an der Verfremdung des Alltäglichen, der Umwelt, des Lärms…? Worin liegt der Sinn oder vielmehr der Reiz? 

Manuel: Das Spannende ist das Erforschen und das Experimentieren. Ich finde es extrem interessant, aus jedmöglichen Objekten einen Klang hervorzuholen und diesen auch für andere hörbar zu machen. Wir sind permanent von Lärm, Geräuschen umgeben, dabei haben wir es verlernt auf kleine akustische Details zu hören.  Es ist einfach wunderbar, auf akustische Entdeckungsreise zu gehen: Wie klingt ein Ei im kochenden Wasser? Wie klingen die Wellen und der Meeressand unter dem Wasser?

Ptr: Für mich ist das spannende der Rausch, der entsteht, wenn ich bewusst mit meiner äußeren Landschaft in Resonanz trete und schaue, was das mit meiner inneren Landschaft tut.

Print

Like + Share

Comments

Current day month ye@r *

Discussion+

There are no comments for this article.

Archive > Music