Music

October 23, 2014

Andy Franzelin + Weekender mischen Innsbrucks + Tirols Nachtleben auf

Marianna Kastlunger
Kunigunde Weissenegger
Eine Location, die Innsbruck gebrauchen kann: Der Weekender Club holt nicht nur "coole" Bands und Pete Doherty in die Tiroler Landeshauptstadt, sondern vernetzt sich auch mit anderen Initiativen wie zum Bespiel dem Kulturverein Grammophon für das Wiesenrock Festival in Wattens. Geschäftsführer Andy Franzelin über diese Art von Kulturarbeit.

[Aktualisierung vom 27.2.2015: Beim Schreiben dieses Artikels + Interviews im Oktober 2014 meinten wir noch "Aktuell sucht der Weekender eine neue Location, da im Juni 2016 der Mietvertrag ausläuft. – Wir hoffen, es findet sich was + wird nicht geschlossen." – Das Hoffen hat ein Ende und sich gelohnt, denn auf der Facebook-Seite des Weekender heißt es: "Es gibt wunderbare Neuigkeiten! Das Medienecho und Euer gewaltiges Feedback hat ganz schön was bewirkt: unser Mietvertrag wurde doch noch verlängert! Eigentlich war die Sache für uns bereits gelaufen und wir haben schon eifrig an Alternativen gebastelt – es freut uns jetzt umso mehr, dass wir eine überraschende 'last minute'-Einigung erzielen konnten und der Weekender auch die nächsten Jahre in der Tschamlerstraße 3 bestehen bleiben wird. Diesen Schwung und die Euphorie wollen wir gleich mitnehmen, um einige neue Ideen und Verbesserungen im Weekender zu verwirklichen. Schon bald werdet ihr mehr davon hören und sehen... Auf diesem Weg möchten wir uns nochmals für Eure umwerfende Unterstützung bedanken - ohne Euch wäre das nicht möglich gewesen!"]

Er ist Mitgründer, Geschäftsführer und Booker des Weekender in Innsbruck. Andy Franzelin ist leidenschaftlicher Plattensammler –  seit er 12 ist – und verfügt über eine CD-Sammlung mit über 7.000 Scheiben vom Singer-Songwriter bis Metal. Zu Beginn seiner Studienzeit hat er mit dem DJing begonnen und nach diversen Engagements dann regelmäßig bis zu zweimal pro Woche in einem Club in der Innsbrucker Altstadt aufgelegt (damals hauptsächlich Indie & Britpop). “Ein Instrument zu spielen habe ich nie gelernt,” meint der Innsbrucker, “und so blieb mir nur das DJing und dann später das Veranstalten”. Dass er beruflich einmal “etwas mit Musik” zu tun haben wollte, war ihm aber immer schon klar. Ab und zu legt Andy übrigens gelegentlich noch selbst unter seinem Pseudonym “Anderson” auf. Fragen wir doch bei ihm selbst nach, wie 2006 alles begann und was er inzwischen sonst noch alles macht.

Erzähl uns doch, wie du zum Weekender “gekommen bist“?  

2004 lernte ich Justin, einen meiner Weekender-Geschäftspartner, kennen und aufgrund gleicher Interessen und des Wunsches in Innsbrucks Nachtleben etwas zu ändern, haben wir uns entschieden, uns als Veranstalter zu versuchen. Nach einigen erfolgreichen Veranstaltungen im damaligen “nu.topia” haben wir diese Location schlussendlich übernommen und daraus den “Weekender” gemacht.  

…und der besteht bis heute – ihr habt vor Kurzem euer 8jähriges Bestehen gefeiert. Wie ging’s dann weiter, wer war mit von der Partie?

Das Team, das alles gestartet hat, bestand aus Justin, Mike (einer meiner besten Freunde) und mir. Wir 3 haben damals mithilfe großartiger Unterstützung von Partnern, Freunden und Bekannten den “Weekender” aufgezogen. Alle drei sind wir heute auch noch unverändert tätig, Justin hat sich aber mittlerweile aus dem operativen Geschäft zurück gezogen. Mittlerweile haben wir natürlich ein paar Angestellte mit einem fest geregelten Aufgabenbereich.Andy Franzelin Weekender InnsbruckAndy Franzelin, Weekender Innsbruck

Was war denn euer Impuls mit so einem Projekt in Innsbruck zu starten – und vor allem durchzuhalten? Wie leicht war’s? – Was waren denn die Schwierigkeiten?

Der Impuls war der Wunsch, nicht immer nach München, Wien oder London fahren oder fliegen zu müssen, um “coole” Bands zu sehen. Wir alle leben sehr gerne in Innsbruck und hatten auch das Gefühl, dass Innsbruck so eine Location gebrauchen könnte – deshalb haben wir das Projekt hier gestartet. Leicht war es nicht und wir sind auch sehr blauäugig und naiv an die Sache rangegangen. Keiner von uns verfügte über Erfahrung im Booking-Bereich, geschweige denn über Erfahrungen im Gastro- und Veranstaltungsbereich. Die Herausforderungen lagen anfangs darin, sich einen Ruf aufzubauen und an die Agenturen ranzukommen, die einem prestige-trächtige Bands vermitteln. Eine Schwierigkeit lag und liegt auch nach wie vor darin, ohne Subventionen ein attraktives Konzert- und Eventprogramm zusammenzustellen. Am Ende des Abends müssen Rechnungen beglichen sowie Löhne und Gehälter bezahlt werden. Der Balance-Akt zwischen finanziellem Risiko, kommerziellen Aspekten und persönlicher Integrität ist nicht immer leicht. Dazu kommt, dass Innsbruck bzw. Tirol generell ein sehr schwieriger Markt für Veranstaltungen ist.

Was waren in diesen 8 Jahren die beeindruckendsten Geschichten, die ihr gestartet habt und imstande ward zu initiieren?

Das Highlight war natürlich der zweistündige Auftritt von Pete Doherty 2010, als viele die Ankündigung im Vorfeld für einen Scherz hielten und uns prophezeit hatten, dass der Auftritt sowieso nicht stattfinden würde. – Hat er aber und das Medienecho war gewaltig. Spätestens nach dieser exklusiven Show haben uns einige ernster genommen. Highlights sind aber immer jene Shows von Bands, die normalerweise in großen Hallen spielen, wie beispielsweise unlängst Broilers oder Blues Pills.pete doherty @ weekender club innsbruckPete Doherty (c) Claus Watzdorf 

Wie sieht’s denn allgemein mit der Musikszene in Innsbruck und Tirol – auch Osttirol – aus? Herrscht viel Bewegung? Was könnte besser sein? Was würdest du dir wünschen? – Kannst du Vergleiche mit den umliegenden Regionen – Südtirol oder Vorarlberg, auch Salzburg und Kärnten oder Bayern und Belluno oder Graubünden?  

Wir haben durchaus eine rege und auch interessante Musikszene in Tirol. Schade finde ich aber, dass mittlerweile jeder Depp, der einen Laptop besitzt und sich eine handvoll Tracks runter geladen hat, DJ ist und dadurch überall fast nur noch elektronische Musik läuft. Es gibt in Tirol sehr fähige und auch gute Bands, vielen fehlt aber meiner Meinung nach oft der letzte Wille, wirklich etwas daraus zu machen bzw. nehmen sie es zu wenig ernst. Es ist aber zugegebenermaßen sehr schwer ohne Industrie und mit den vorherrschenden provinziellen Strukturen Aufmerksamkeit zu erregen. Gerade auf Österreich bezogen ist das Ost–West-Gefälle auf jeden Fall spürbar.

Wie interessant ist es denn für euch, aus dem Club rauszugehen? – Ihr organisiert   unter anderem seit 2012 als Co-Veranstalter zusammen mit dem Wattener Kulturverein Grammophon immer Mitte August das Openair Festival Wiesenrock in Wattens. Wie habt ihr zusammen gefunden?

Alex Erler, der Obmann vom Kulturverein Grammophon, hat mich vor ca. zweieinhalb Jahren kontaktiert. Als regelmäßiger Weekender-Konzertbesucher hat er mich gefragt, ob wir ihnen als Verein booking-mäßig unter die Arme greifen könnten, um für’s Wiesenrock gezielter an Bands und Agenturen heranzutreten. Daraus ist dann eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit entstanden, die mittlerweile weit mehr als das Booking betrifft. Abgesehen davon, dass uns mittlerweile eine super Freundschaft verbindet, stehen wir im regelmäßigen Austausch.Wiesenrock 2014 - Theresa Fischer:Marco RussoWiesenrock 2014 (c) Theresa Fischer, Marco Russo

Wie happy seid ihr über das Wiesenrock 2014?

Sehr happy – Wiesenrock 2014 war ein voller Erfolg und wir sehen es als Ernte für die ganze Arbeit, die jahrelang von einem Team mit über 20 Köpfen in ein Projekt geflossen ist. Auch wenn es sicherlich weiterhin viel zu tun gibt und einige Sachen natürlich auch weiterhin verbesserungswürdig sind, haben wir dieses Jahr mit einem erstmals ausverkauften Event einen Meilenstein erreicht. So kann es weitergehen!

Gute Vorsätze für 2015?

Ganz klar an 2014 anknüpfen und die vorhandenen Konzepte (wie beispielsweise Nachhaltigkeit) weiterentwickeln und ausbauen. Wir werden alles daran setzen, dass man Wiesenrock (weiterhin) als authentisches, charmantes, nachhaltiges Festival mit Qualität wahrnimmt. Dies soll sich natürlich auch im Booking widerspiegeln und wir werden auch nächstes Jahr wieder Bands am Puls der Zelt verpflichten, die unseren Vorstellungen entsprechen. Man kann nicht jeden x-beliebigen Act auf’s Wiesenrock stellen: Alles muss sich letztendlich in ein stimmiges Gesamtpaket einfügen. Es gibt natürlich auch Pläne und Ideen, das Ganze irgendwann größer bzw. zweitägig zu machen, wobei das Camping dann auch eine Rolle spielen würde. Aber das ist vorerst Zukunftsmusik, wichtig ist uns, dass das gesamte Konzept auf gesunde Art und Weise wächst.Wiesenrock 2014 - Theresa Fischer:Marco RussoWiesenrock 2014 (c) Theresa Fischer, Marco Russo

Letzte Frage: Local Heroes wie Lea Santee und Nihils haben 2014 recht souverän auf der Bühne agiert, größere Acts wie Giantree und Bilderbuch beweisen, dass die österreichische Bandszene mehr drauf hat als “nur” Naked Lunch und Co. – Deine Einschätzung und Prognose zur Lage der Indie-Rock-Nation?

Österreich hat auf jeden Fall eine zwar kleine, aber gesunde Bandszene, aus welcher sich immer wieder – und in letzter Zeit vermehrt Bands – hervortun und auch außerhalb der Indie-Ecke wahrgenommen werden. Bilderbuch oder Ja,Panik! sind da in erster Linie zu nennen, die mittlerweile auch in Deutschland einige Erfolge feiern. Erfolg kommt aber nicht von ungefähr und gerade bei diesen genannten Bands wird seit Jahren auch im Hintergrund unbeirrt mit viel Einsatz gearbeitet. Bei beiden vereinen sich Talent, kompetentes Know-How seitens ihrer Agenturen sowie jahrelange Aufbauarbeit. Natürlich kämpft man weiterhin mit dem “Prophet im eigenen Land”-Syndrom und internationale Acts werden gerne oft lieber wahrgenommen. – Schön langsam aber findet, meiner Meinung nach, ein kleines Umdenken statt. Selbst Ö3 setzt ja mittlerweile mehr auf heimische Künstler. Egal ob österreichischer Indie/Alternative, Metal, Schlager oder Pop. In jedem Genre gibt es talentierte (Nachwuchs-)MusikerInnen, die sicherlich das Zeug dazu hätten, mit Ihrer Musik Erfolge zu erzielen. Aber wie schon erwähnt: Talent allein reicht heutzutage nicht mehr.

Print

Like + Share

Comments

Cancel reply

Current day month ye@r *

Discussion+

There is one comment for this article.

Archive > Music