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May 21, 2014

how to break the ice – Linda Jasmin Mayer
in der ES gallery Meran

Christine Kofler

Wenn Verbindungen zwischen Verhandlungspartnern abbrechen, wird oft von einer “Eiszeit” gesprochen. Gibt es Erfolge zu verzeichnen, dann konnte “das Eis gebrochen” werden. Derzeit und noch bis 7. Juni 2014 wird in der ES gallery in Meran eine Ausstellung gezeigt, die diese Metapher zum Zentrum macht und neben ihrer ästhetischen auch eine soziale Dimension umfasst: Die in Helsinki und Kopenhagen lebende Meranerin Linda Jasmin Mayer zeigt auf Einladung von Erwin Seppi: “how to break the ice”. Der Besucher stößt nicht nur auf eindrucksvolle Bilder sondern auch auf gesellschaftspolitische Fragen: Wo in unserer Gesellschaft herrscht “Eiszeit”? Wie kann das Eis zwischen Menschen gebrochen werden?

Die stampfenden Maschinen, die ebenfalls in Bildern festgehalten werden, sind das Herzstück der mächtigen Schiffe, die für andere den Weg frei bahnen. Durch den Sound, der die Videoprojektionen untermalt, spürt der Besucher förmlich das Vibrieren des Schiffes und die Kraft, die für sein Fortkommen notwendig ist. Geht man von der Prämisse aus, dass es auch “menschliche Eisbrecher” gibt, folgt die Frage: Woher nehmen diese Ihre Kraft? Und welche gesellschaftlichen Rahmenbedingungen unterstützen Menschen dabei, das Eis zu brechen, Verbindung aufzubauen, Isolation zu überwinden, Kommunikation zu versuchen? Wir haben die Künstlerin Linda Jasmin Mayer zum Interview gebeten. 

Wer derzeit die ES-Gallery in Meran besucht, tritt in einen schwarzen Raum mit Videoprojektionen. Frontal vor sich sieht er Aufnahmen des ewigen Eises, rechts und links abwechselnd den Maschinenraum oder das vorbeiziehende Eis. Woher stammen die Bilder?

Das Filmmaterial wurde von einer finnischen Matrosin aufgenommen, der ich eine Kamera auf ihre zwanzig Tage lange Reise durch den Bottnischen Meerbusen mitgab. Die Eisbrecher waren für mich von Anfang an eine Metapher für das Erstellen von Verbindungen, das Verknüpfen zweier Ufer. Während meines Studiums in Helsinki wurde mir stets bewusster, dass wir auf eine Gesellschaft zu steuern, in der es immer stärker bevorzugt wird, Menschen zu isolieren, das Teilen in all seinen Facetten wird immer seltener erlebt. Ich stehe der Idee von Unabhängigkeit in einer gewissen Hinsicht kritisch gegenüber, da wir nicht unabhängig sein können, denn “Kein Mensch ist eine Insel”. Dies war der Ausgangspunkt in meiner Arbeit. Wir brauchen die Eisbrecher, die das Eis brechen, welches so schnell auch wieder zusammen friert.Linda Jasmin Mayer "how to break ice" - Foto Damian PertollDie Videoaufnahmen sind mit solch eingängiger Musik unterlegt, dass der Besucher den Eindruck bekommt, er befinde sich tatsächlich auf einem Eisbrecher. Wie entstand der Sound zu den Bildern?

How to break the ice wurde ursprünglich als Teil meiner Abschlussarbeit meines Masters an der Finnish Academy of Fine Arts in Helsinki präsentiert. Ich überlegte eine Weile, unter welchen Voraussetzungen die Arbeit in Meran integriert werden kann. Schlussendlich entschied ich mich dazu, die Galerie in einen Eisbrecher zu verwandeln und somit den Besuchern die Möglichkeit zu geben, einen Eisbrecher zu erleben, den ich ironischerweise nicht einmal selbst erleben konnte. In dieser Hinsicht kann es auch um die Weitergabe von Bildern gehen. Und um das virtuelle Erleben von Situationen, die wir in der Wirklichkeit nicht erleben können. Der Klang sollte das Gefühl verstärken, auf einem Eisbrecher zu sein und entstand in Zusammenarbeit mit einem finnischen Sound-Künstler. Wir entwickelten eine sehr tiefe Frequenz, die die stetige Vibration der Eisbrecher in den Raum bringen sollte und den Aufwand, den es braucht das Eis zu brechen, physisch verdeutlichen. Diese Frequenz ist mit den Klangaufnahmen der Reise durch den Bottnischen Meerbusen kombiniert.  

Mich hat deine Arbeit an einen Experimentalfilm von Matthew Barney erinnert, der auf einem japanischen Walfang-Fabrikschiff spielt. Woher hast du die Inspiration für deine Arbeit? 

Wie zuvor erwähnt, ging es mir von Anfang an um das Eis zwischen Menschen. Und ich denke gerne daran, dass Eis durchsichtig, aber stets präsent ist, (ein gutes Beispiel dafür sind Aufzüge, in denen oft nicht klar ist, wie man sich Fremden gegenüber verhalten soll). Natürlich gibt es verschiedene Arten von Eis und unzählige Möglichkeiten es zu brechen. Und in einer anderen Hinsicht muss und soll es auch nicht immer gebrochen werden, da es doch auch zwei Ufer verbindet und das Land somit erweitert.

Aufmerksame Besucher finden in der schwarzen Wand der Galerie ein kleines Loch. Dahinter wird die Aufnahme von einem Schiff gezeigt. Ist dies das Schiff, das dem Eisbrecher hinterher folgt? Was hat es damit auf sich?

In der Installation in dem Raum der ES gallery ging es mir darum, mit dem Gefühl von Raum über eine fünf-kanalige Video-Installation zu experimentieren. Wie kann ein Raum durch Projektionen erweitert werden? Und wie kann eine Bewegung im Raum entstehen, die einen mitnimmt?
Steht man im Zentrum des kleinen Raumes, sollte somit das Gefühl entstehen, auf einem Eisbrecher zu stehen: Von vorne kommt die endlose Eislandschaft auf einem zu, diese zieht an den Seiten vorbei, wobei man dazwischen Einblick auf die Motoren hat, die das Fortbewegen des Schiffes ausmachen.
Und hinterher fährt wie immer ein Frachtschiff; diese müssen dem Eisbrecher folgen, da das Eis so schnell wieder zusammen gefriert. Manchmal bleiben die Frachtschiffe im Eis stecken und in dieser Situation zieht der Eisbrecher das Schiff hinter sich her. Sieht man durch das kleine Loch, findet man das Frachtschiff, das von dem Eisbrecher nachgezogen wird. – Wie oft bleiben wir im Eis stecken? Und wo in unserem Umfeld sind die Eisbrecher, die uns aus dem Eis wieder rausziehen? 

Fotos: Damian Pertoll

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