Alters-WG – Und wenn wir alle zusammenziehen?

Note 8
Stéphane Robelins Komödie erzählt vom Versuch, im Alter zusammenzuziehen, und sie erzählt vom Alter, von seinen schwierigen und den paar heiteren Seiten. Getragen wird Robelins sehr realistisch
er Film von den Schauspielern. In der Realität scheitern übrigens die meisten Versuche, im Alter zusammenzuwohnen, hört man – was aber nicht entmutigen sollte. Das Alter ist auch für Angehörige eine schwierige Gratwanderung zwischen Autonomie und Versorgt-werden-müssen, zwischen funktionierenden aber auch schön geredeten Seniorenheimen und Badatinnen. Kein Wunder, dass die WG-erfahrene Generation 70+ auf die Idee verfällt, zusammenzuziehen. Ein Thema für Filme und Romane. In „Marigold Hotel“ beispielsweise sind ein paar Alte nach Indien ausgewandert, in Jonas Jonassons Bestseller haut ein Hundertjähriger aus dem Altersheim ab, während der wunderbare „A Simple Life“ zeigt, wie es in chinesischen Altersheimen zugeht (leider noch nie in die Kinos gekommen). Stéphane Robelins freundliche Kinogeschichte über das Altwerden erfreut sich einer hervorragenden Besetzung. Im Mittelpunkt stehen zwei fitte Frauen, die mehr oder weniger ungeschönt ihre Jahre zeigen – herrlich Geraldine Chaplin mit ihren Pierrot-Punkten unter den Augen und ihren All Stars an den Füßen. Genauso umwerfend eine charmante Jane Fonda mit Ehemann Albert, der anfängt, vergesslich zu werden. Der etwas orientierungslose Albert wird von Pierre Richard (Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh, 1972) sehr überzeugend gespielt. Dazu kommen Guy Bedos als Annies Ehemann und ein Lebemann, Claude Rich. Mitten unter den Superstars ein Daniel Brühl, der als angehender Ethnologe Dirk durch Zufall in die Senioren-WG gerät, um das Verhalten der Alten zu studieren. Der WG-Film stellt, ohne filmisch umwerfend zu sein, wichtige Fragen zu einem interessanten Thema, scheut keine Tabus uns setzt die heiter-traurigen Antworten gekonnt in Szene.
Et si on vivait tous ensemble?, (F/D, 2011), 96 Min., Regie: Stéphane Robelins. Bewertung: Heiter, ironisch, traurig.
Erschienen in der Südtiroler Tageszeitung am 30.6./1.7.2012