An den Grenzen der Berge: Vent schreibt Torma

Vent Schreibt Torma goes Literaturhaus Wien am 15.3.2016 um 19.00h + Leipziger Buchmesse am 18.3.2016.

vent schreibt torma

Was passiert, wenn sich ein ganzes Dorf gemeinsam einem Schriftsteller nähert und seine Gedichte übersetzt? Zugetragen hat sich der Kern dieser Frage im Sommer 2014 in Vent im Ötztal. Die Künstlerin Nicole Szolga, der Politikwissenschaftler Andreas Pavlic und der Literaturwissenschaftler Michael Bodenstein haben den knapp 150 Bewohnerinnen und Bewohnern von Vent den Gedichtband “Le bord de la mer” des Pataphysikers und Schriftstellers Julien Torma ins 1.890 Metern hoch gelegene Tiroler Dorf mitgebracht. Im Laufe der Treffen ist aus  den Übersetzungen, Nachdichtungen sowie literarischen Annäherungen die vielstimmige Lese- und Videoperformance “Vent schreibt Torma” entstanden. Zum Anlass und Ausgang dieses ungewöhnlichen, von TKi open geförderten Literaturprojektes haben wir die drei näher befragt.

Welcher Zusammenhang besteht denn zwischen Vent und Julien Torma? 

Julien Torma kam im Jänner 1933 nach Vent. Warum, ist nicht bekannt. Vielleicht, weil er lungenkrank war und dies im hinteren Vent – im Hochjoch Hospitz – einem der ersten Lungenkurorte behandeln lassen wollte… Vielleicht aus metaphysischen Gründen. Auf jeden Fall quartierte er sich im Gasthaus Wildspitze ein und brach dann am 17. Februar – alleine – zu einer Bergtour auf und gilt seitdem als verschollen.

Das also der Bezug, wie kam’s zur Idee von “Vent schreibt Torma”? 

Die Idee kam natürlich zu uns… Wir saßen abends in der Küche, redeten über die Literatur im Allgemeinen, die Pataphysik im Besonderen, über das hochalpine Gelände im Sommer und die Gefahren am Gletscher im Winter. Und wenn man dies alles zusammen zählt und dann noch durch Zufall (durch einen Wikipedia-Eintrag) drauf kommt, dass all diese Gespräche und Gedanken in der Person Julien Torma zusammenlaufen, sich dort kristallisieren, kommt zwangsläufig eine Idee dahergeflogen.

Was ist der Gedanke dahinter? 

Etwas machen, das  dem Schafübertrieb, der Transhumanz, die im hinteren Ötztal seit Jahrhunderten gemacht wird, in künstlerischer Form nahe kommt. Also wir als Schafe. 
Ein weiterer Hintergedanke war, mit den Bewohner_innen von Vent etwas zu machen. Etwas, das nicht so alltäglich ist, ein bisschen Mut benötigt und Freude macht. …über eine kuriose Geschichte neue Beziehungen aufbauen – zwischen den Bewohner_innen des Tales und mit und für uns als sich selbst eingeladene Gäste. Ein weiterer Gedanke war: Vent als erstes Dorf, das gemeinsam Gedichte übersetzt.

Wir lief es mit dem Schreiben? 

Das Schreiben war ja mehr ein Übersetzen. Wir übersetzten sieben Gedichte von Julien Torma. Besser gesagt: Wir ließen sieben Gedichte von den Bewohner_innen von Vent (und Umgebung) übersetzen. Aus dem Französischen ins Deutsche, Ötztalerische, Venterische.  

Und damit…?  

…aus diesen Übersetzungen machten wir wiederum ein neues Buch. Und mit den Audioaufnahmen der Übersetzungen und mit den von uns animierten Gedichten eine DVD. Und nun am Ende des Projektes sind wir gespannt auf die Präsentationen als ein Ineinander von Video, Ton und Text. Ganz unpataphysisch halten wir uns strikt an die Regeln der (Buch-)Produktion. Denn natürlich, hätten wir den Prozess auch von der anderen Seite beginnen können. Und nach getaner Arbeit werden auch wir verschwinden… 

Mehr Infos auch auf Facebook.

Nicole Szolga: Bildende Künstlerin, lebt in Wien. Seit 2005 experimentelle Kurzvideos und Dokumentationen, Medien- und Disziplinen übergreifende Projekte; Festival- und Ausstellungsbeteiligungen im Bereich Neue Medien, Performance und Video, Installationen im öffentlichen Raum. www.nicoleszolga.net

Andreas Pavlic: Politikwissenschaftler; lebt in Wien, arbeitet als Gemeinwesen- und Konfliktarbeiter; literarische Publikationen in mehreren Literaturzeitschriften und Anthologien.

Michael Bodenstein: Literaturwissenschaftler, lebt in Wien. Arbeitet als Lehrer, Lektor und Übersetzer.

Foto oben: Nicole Szolga, Andreas Pavlic, Michael Bodenstein

“Vent schreibt Torma”-Präsentationen: In Meran anlässlich der 5. Sprachspiele am 7.10.15 um 20:30h @ Kunst Meran_o Arte; am 9.10.15 um 16:00h im Appartement-Restaurant Wildspitz in Vent und am 31.10.15 um 20:30 in Innsbruck @ Die Bäckerei

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