Radian meets Howe Gelb bei fmRiese in Wattens: Struktur trifft Improvisation

Radian meets Howe Gelb bei fmRiese in Wattens: Struktur trifft Improvisation

Radian meets Howe Gelb bei fmRiese in Wattens: Struktur trifft Improvisation

Es gibt sie nun seit 16 Jahren. 1996 war ihr Gründungsjahr und damals waren sie im elektronischen, postrockigen, experimentellen Musikbereich eine der ersten – schrägen – Formationen. Morgen, Samstag, stehen Radian mit dem US-amerikanischen Singer-Songwriter und Gründer der Alternative-Country-Band Giant Sand, Howe Gelb, bei fmRiese auf der Swarovski-Bühne in Wattens. Wie sich die Wiener Electro-Akustiker weiter entwickelt haben, was ihnen wichtig geworden ist und was sie in Zukunft alles vor haben, erzählt uns einer der drei, Martin Brandlmayr, in einem Interview.

Ihr drei, Martin Brandlmayr, John Norman und Martin Siewert, seid Radian. Zunächst die Frage zu eurem Namen: Warum Radian? 

Martin Brandlmayr: Ich fand irgendwann ein altes Radio in einem Kaffeehaus das so hieß. Ein sehr schönes altes Radio. wir fanden alle, daß dieser Name sehr gut zu unserer Musik passt. In den ersten Jahren waren Radios eine wichtige Samplingquelle für unsere Musik, insbesondere das Rauschen und Brutzeln zwischen den Sendern. Wir interessieren uns generell für die Ränder dessen, was oft als Musik erachtet wird, und wie man diese wiederum in einen im weitesten popkulturellen Kontext integrieren kann.

Ihr wurdet schon ziemlich einigen Musikgenres zugeordnet. Wie würdet ihr eure Musik heute definieren? Auf welchen Festivals fühlt ihr euch, beispielsweise, am wohlsten? 

Unsere Musik wird sowohl im Kontext der zeitgenössischen Musik, dem avancierten Jazz- oder Pop-Kontext wahrgenommen, als auch im Umfeld elektronischer Musik und Medienkunst. Wir haben nie einem bestimmten Genre angehört. Es gibt keinen genrespezifischen Bereich, in dem wir uns auf der Bühne generell am wohlsten fühlen. Es gibt eher Rahmenbedingungen, die für ein gutes Konzert sorgen können, wie eine sehr gute PA-Anlage, ein gut, präzise klingender Raum, aufmerksames Publikum.

Am Samstag steht ihr zusammen mit Howe Gelb, dem US-amerikanischen Singer-Songwriter und Gründer der Alternative-Country-Band Giant Sand, auf der Bühne.  Wie geht das zusammen – Liedermacherei mit Stimme, Gitarre und Klavier und eure Elektronik inklusive Schlagzeug, Vibraphon, Bass und Hawaiigitarre? Wie und warum habt ihr euch vereint?

Howe und uns verbindet eine Liebe zu eben diesen Rändern der Musik, in seinem Kosmos brutzelt und knackst und brummt es oft, dass es eine helle Freude ist. Was wir als spannende Herausforderung sehen, ist, dass Howe Gelb seine Songs immer auf komplett neue und unvorhersehbare Weise interpretiert, also auf der Bühne seine Songs jedes Mal neu erfindet und sich somit sehr von den Gegebenheiten des jeweiligen Moments leiten lässt. Wir hingegen planen prinzipiell alles bis ins kleinste Detail, wobei wir uns in den letzten Jahren immer mehr dafür interessiert haben, improvisatorische Elemente oder auch unvorhersehbare oder unkontrollierbare Prozesse in unsere strengen Formen integrieren zu können.

In Kürze werdet ihr auch ein gemeinsames Album veröffentlichen. Worauf dürfen wir uns gefasst machen? Wie können wir uns die Zusammenarbeit von Radian mit Howe Gelb vorstellen? 

Wir interpretieren Howe Gelb. Wir haben vor Jahren gemeinsam aufgenommen und zwar so, dass er über von uns vorbereitete Stücke improvisierte, beziehungsweise er einige seiner Songs einspielte. Man muss sich den weiteren Arbeitsprozess vorstellen wie Lego: Wir haben die Aufnahmen zum Teil in kleinste Teile zerlegt und wieder auf neue Art und Weise zusammengesetzt. Ergebnis ist eine teilweise stark veränderte Form, die Basissubstanz bleibt aber immer noch erhalten.

Was hört ihr, um euch für neue Projekte zu inspirieren? Wo holen sich, wenn ich das ein wenig provokativ formulieren darf, alte Hasen der Musik, wie ihr es seid, Inspiration und Ideen? Wie stark beeinflusst das Wiener Umfeld eure Musik?

Ich persönlich höre Musik aus allen möglichen Bereichen. Viel zeitgenössische Musik von Morton Feldman bis Bernhard Lang, von Gerard Grisey bis Salvatore Sciarrino. viel Freejazz bis Experiment, eine meiner Lieblingsbands im Moment sind The Necks aus Australien aber auch Pop Rock. Und ich habe in letzter Zeit ältere Prince-Platten wieder entdeckt, oder Arthur Russell… Ein großer Einfluss kommt aus der alten Musik, ich interessiere mich für die Verschachtlungen der Fugenstrukturen eines Johann Sebastian Bach…

Die Zusammenarbeit mit Howe Gelb ist nicht eure erste. Wie sucht ihr euch eure Partner aus? Was wird kommen?

Es ist zwar jeder außerhalb von Radian in einige Kollaborationen eingebunden, Radian selbst hatte sehr selten zusätzliche Musiker als Partner. Das liegt in der Struktur und den uns selbst auferlegten Regeln unserer Musik begründet. Wie gesagt, wir interpretieren Howe Gelbs Musik auf der nächstes Jahr erscheinenden Platte, wir integrieren seine Musik in oder filtern sie durch unseren Kosmos. Das gemeinsame Spielen und das am Samstag folgende Konzert ist dann eigentlich wieder etwas anderes. Da lehnen wir uns für unsere Verhältnisse sehr weit aus unserem musikalischen Bereich heraus.
Wir haben, obwohl wir Howe schon seit zehn Jahren kennen und schon vor einigen Jahren gemeinsam im Studio gearbeitet haben, nie gleichzeitig und gemeinsam gespielt. Für dieses Konzert müssen wir einen Weg finden, wie sich unsere doch sehr unterschiedlichen Welten berühren können, oder wie sie auf interessante Weise kollidieren können und das funktioniert ganz anders als auf Platte. Es bleibt spannend bis zum Schluss.
Was die Zukunft anbelangt: Nach Fertigstellung der Platte mit Howe Gelb werden wir uns auf die Arbeit am 6. regulären Radian Album konzentrieren. 

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