Contemporary Culture in the Alps
Contemporary Culture in the Alps
Since 2010, the online magazine on contemporary culture in South Tyrol and beyond in the Alpine environment.

Sign up for our weekly newsletter to get amazing mountain stories about mountain people, mountain views, mountain things and mountain ideas direct in your inbox!

Facebook/Instagram/Youtube
© 2025 FRANZLAB
Visual Arts

Last Call: Earthly Communities

Aufruf zum Ausstellungsbesuch bei Kunst Meran

03.10.2025
Verena Spechtenhauser

Alexandra Gelis, WATER: Encounters for 600 Movements, 2019–2024, © Ivo Corrà

Am kommenden Sonntag, 12. Oktober 2025, endet die seit Juni bei Kunst Meran gezeigte Gruppenausstellung Earthly Communities, kuratiert von Lucrezia Cippitelli und Simone Frangi. Die Ausstellung lädt Besucher:innen dazu ein, über die tiefgreifenden Folgen der europäischen Kolonialisierung indigener Territorien in Abya Yala zu reflektieren. Das Wort Abya Yala bezeichnet in der Sprache der indigenen Völker Lateinamerikas den lateinamerikanischen Kontinent und symbolisiert aus dekolonialer Perspektive die lebendige Erde und kulturelle Selbstbestimmung. Insgesamt elf internationale Künstler:innen haben sich in multimedialen Arbeiten mit den Spuren kolonialer Eingriffe in Umwelt und Gesellschaft auseinandergesetzt und sie durch das Prisma des Südtiroler Kontextes, nämlich jenem eines mehrsprachigen Grenzgebietes mit einer komplexen Geschichte und durchzogen von politischen wie wirtschaftlichen Machtinteressen, betrachtet.

Auf drei Stockwerken zeigt Earthly Community die Kunst von Minia Biabiany, Marilyn Boror Bor, Carolina Caycedo, Luigi Coppola, Étienne de France, Alexandra Gelis, Mazenett Quiroga, Eliana Otta, Amanda Piña, Sallisa Rosa und Samuel Sarmiento. Die Arbeiten thematisieren die invasive Wirkung des europäischen Imperialismus in den Bereichen Landwirtschaft, Archäologie und Extraktivismus und weisen dabei auf von Kolonialität geprägte Machtstrukturen hin.

Luigi Coppola, Flows Over Unities, 2025, Earthly Communities, © Ivo Corrà
Alexandra Gelis, AGUA: From River Pulse to Canopy’s Breath, 2025, Earthly Communities, © Ivo Corrà
Samuel Sarmiento, Le Baiser (Brancusi), 2024; Vincent surrounded by sunflowers, 2024; The origin of the sun, 2024; Crown to survive the winter and watching the stars, 2024; Earthly Communities; © Ivo Corrà

Der Titel der Ausstellung inspiriert sich an der Publikation Earthly Community des kamerunischen Philosophen, Historikers und Theoretikers des Postkolonialismus Achille Mbembe. In seinem Buch untersucht Mbembe die Verbindung zwischen kolonialen und ökologischen Brüchen, wie sie nach der europäischen Eroberung indigener Gebiete entstanden sind. Die durch koloniale Eingriffe ausgelösten Verwerfungen beschreibt Mbembe als zwei Seiten „eines tiefgreifenden Zerrüttungsprozesses, dessen Folgen niemand vorhersehen kann“.

Ein wichtiger Teil der Ausstellung ist das Residenzprogramm Resistenze Viventi, das die mexikanisch-chilenische Künstlerin Amanda Piña, die kolumbianisch-venezolanische Künstlerin Alexandra Gelis und den italienischen Künstler Luigi Coppola nach Meran gebracht hat, um neue Werke und Performances zu realisieren. Dabei setzten sich die drei Künstler:innen mit den historischen Tiroler Bauernkriegen von 1525 auseinander, erweiterten ihren Blick auf nicht-menschliche Lebensformen und erforschten deren Rolle in ökologischen Netzwerken. Im Mittelpunkt ihrer künstlerischen Arbeiten stehen somit die Verbindung zwischen Mensch, alpiner Geschichte und Landwirtschaft sowie globaler Geopolitik. Die Ergebnisse der Residenzen werden seit Juni und noch bis Oktober 2025 an verschiedenen Orten in Meran, so etwa im Kunsthaus, auf öffentlichen Plätzen, in Wäldern und an weiteren außergewöhnlichen Schauplätzen, präsentiert.

Earthly Communities ist der zweite Teil des dreijährigen Programms The Invention of Europe. A tricontinental narrative, den Lucrezia Cippitelli und Simone Frangi für Kunst Meran Merano Arte kuratieren. Die Trilogie hinterfragt die europäische Selbst-Erzählung als ideologische und physische Konstruktion. Sie nimmt die historischen Prozesse ins Visier, die Europas Selbstverständnis – auf Kosten anderer Kontinente – entscheidend geprägt haben und macht sichtbar, wie diese bis heute nachwirken.

Amanda Piña,Sacred Waters,To Bloom, 2024; Luigi Coppola, Flows Over Unities, 2025; Earthly Communities; © Ivo Corrà
Carolina Caycedo, Minereal Intensive Futures, 2024, Earthly Communities, © Ivo Corrà
Marilyn Boror Bor, Peinar las raíces XII, 2022, Earthly Communities, © Ivo Corrà

Earthly Communities schließt bei freiem Eintritt am Sonntag, 12. Oktober mit einer Finissage und einem vielseitigen Programm: Um 14:00 gibt es einen geführten Rundgang durch die Ausstellung mit den Kurator:innen Lucrezia Cippitelli und Simone Frangi. Um 16:00 wird der Film Walking and Singing Endangered Worlds der peruanischen Künstlerin Eliana Otta gezeigt, deren Arbeit Ökologie, Feminismus und eine kritische Auseinandersetzung mit dem Neoliberalismus verbindet. Der experimentelle Film entstand in Zusammenarbeit mit indigenen Klangkünstler:innen, Dichter:innen und Maler:innen und kombiniert innovative 360°-Videotechniken mit traditionellen Animationen. Der Abend endet mit dem mit dem DJ-Set Mishu Tinkuy von Condoii, einem italo-ecuadorianischen DJ und Sounddesigner, der gerade in Mailand lebt und mit Anden- und Afro-Sounds experimentiert.

Wer nicht so lange warten möchte, hat die Möglichkeit, die Ausstellung täglich, außer Montags, von 11:00–18:00 zu besuchen. Am morgigen Samstag, 4. Oktober 2025, ist Kunst Meran Merano Arte anlässlich der 21. Ausgabe des von AMACI italienweit organisierten Tags der zeitgenössischen Kunst kostenlos zugänglich.

SHARE
//

Tags

Kunst Meran, Merano Arte, simone frangi, earthly communities, Lucrezia Cippitelli, zeitgenössische Kunst
ARCHIVE