Frauen hinter der Kamera

Für Laura

11.03.2025
Frauen hinter der Kamera

Zoila Fromm am Vigiljoch, © Sammlung Villa Freischütz

Meine Freundin Laura hat ein neues Smartphone – eines dieser kleinen Plagegeister, die immer wieder unaufgefordert in unsere Hände gelangen. Was mir daran aber Freude bereitet, ist ihre Begeisterung für die integrierte Kamera, die selbstverständlich noch schönere Fotos macht als das Vorgängermodell. Immer wieder stiehlt sie sich an unserem Spielplatznachmittag davon, um Momente einzufangen – unsere lachenden Söhne, die ersten grünen Triebe der Trauerweide oder den Mond, der an diesem strahlend blauen Märznachmittag besonders gut zu sehen ist. Sie fotografiert nicht für Instagram oder irgendein anderes Social-Media-Monster, sondern aus reiner Freude am Fotografieren. Ihre Leidenschaft lässt mich an meine erste Kamera denken, an die Freude, die ich beim sorgfältigen Auswählen der Motive empfand und an die Spannung, mit der ich die entwickelten Fotos beim Optiker abholte. Ich frage mich, welche Euphorie wohl die ersten Fotokameras ausgelöst haben mögen – und mit welcher Entdeckungslust neue Erfindungen damals angenommen wurden. Nicht nur von Männern, denen man bekanntlich eine besondere Technikaffinität nachsagt, sondern auch von vielen Frauen.

Verbreitet hat sich diese Kunst nach zwei bedeutsamen Erfindungen: Louis Jacques Mandé Daguerres Daguerreotypie im Jahr 1839 in Paris und William Henry Fox Talbots Kalotypie im Jahr 1841 in London. Die innovative Technik löste allseits Begeisterung aus, und in vielen europäischen Ländern entstand ein völlig neues Gewerbe. Anfangs waren es vor allem Wanderfotografen und -fotografinnen, die ihre Dienste zuerst in den Städten anboten und schließlich auch die entlegensten alpinen Täler erreichten.

Ein solcher reisender Daguerreotypist logierte in den 1840er-Jahren in einem Innsbrucker Gasthof, in dem die junge Pitztalerin Barbara Lentsch als Dienstmädchen arbeitete. Begeistert von der neuen Kunst entschloss sie sich, gemeinsam mit ihrer Schwester Anna Katharina nach Wien zu ziehen, um dort das Handwerk der Fotografie zu erlernen. Nach ihrer Ausbildung reisten die beiden Schwestern durch Mitteleuropa, bis nach Russland und in die Türkei, und verdienten ihren Lebensunterhalt mit der Fotografie.

Innerhalb weniger Jahre führten technische Weiterentwicklungen, insbesondere kürzere Belichtungszeiten, zur Entstehung erster fotografischer Ateliers. Eine besonders erfolgreiche Atelierfotografin war Adele Perlmutter, die bereits 1868 als erste Frau vom k. k. Obersthofmeisteramt den Titel „k.k. Hof-Photographin“ erhielt. Ein Jahr zuvor war sie für ihre Porträts auf der Weltausstellung in Paris mit einer Silbermedaille ausgezeichnet worden. Ab 1874 betrieb sie das Fotoatelier „Adèle“ in Wien, das eine Filiale in Ischl unterhielt – eine geschickte Geschäftsidee, um auch in der Sommerfrische ihre Stammkunden fotografieren zu können, darunter Erzherzog Rudolf von Habsburg.

Porträt von Maria Annunziata von Bourbon-Sizilien aus dem Atelier „Adèle“ (gemeinfrei)

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden Kameras leichter bedienbar und transportierbar, wodurch das Fotografieren zu einem Vergnügen für jedermann wurde. Besonders in Kurorten entwickelte sich die Amateurfotografie zu einer beliebten Freizeitbeschäftigung der gehobenen Gesellschaft. Die „Cur- und Bade-Zeitung Hygiea“ empfahl 1892 enthusiastisch: „Alles strömt in die Sommerfrischen und Bäder und wer da noch nicht im Besitze eines photographischen Apparates ist, versäume nicht, sich einen solchen anzuschaffen. Was kann es wohl für schönere Reiseerinnerungen geben, als selbstaufgenommene Photographien von geschauten Naturschönheiten, von liebgewordenen Reisegenossen etc.“

Auch in Meran blühte die Amateurfotografie bald auf. Zahlreiche Fotografen ließen sich hier nieder und hielten Erinnerungen für die Kurgäste fest. Ein solcher Kurgast war Franz Fromm, ein preußischer Weinhändler aus Barcelona, der seit 1905 aus gesundheitlichen Gründen die Winter mit seiner Familie in Meran verbrachte. 1921 erwarb er die Villa Freischütz in Obermais – heute ein bezauberndes Museum, das die außergewöhnliche Kunstsammlung sowie zahlreiche Alltagsgegenstände und Erinnerungsstücke aus dem Familiennachlass bewahrt.

Franz Fromms Tochter Zoila teilte seine Leidenschaft für Kunst und widmete sich neben Malerei sowie Holz- und Metallarbeiten intensiv der Fotografie. Dunkelkammerlampen aus ihrem Besitz lassen vermuten, dass sie ihre Aufnahmen selbst entwickelte. Mehrere Fotos aus der Sammlung der Villa Freischütz zeigen sie mit der Kamera in der Hand – sowohl auf Reisen ins Ausland als auch auf Wanderungen in den umliegenden Bergen.

Sie alle verspürten wohl ebenso wie meine Freundin die Begeisterung, flüchtige Momente in ihrer Schönheit einzufangen und für immer zu bewahren. Und von diesem Glück ließen sie sich weder durch gängige gesellschaftliche Konventionen noch durch traditionelle Geschlechterrollen aufhalten. In diesem Sinne – frohes Knipsen und lasst euch auch sonst von nichts abbringen, das euch Freude bereitet!

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