Gina Klaber Thusek: Wer warst du?
Gekonnt und schonungslos legt eine Exposition im Meraner Palais Mamming Werk und Privates, Gedanken und Ängste, Wünsche und Hoffnungen der Künstlerin offen.

The Archive of Gina Klaber Thusek © Philine Upmeier
Noch bis zum 2. März 2025 wird im letzten Stock des Meraner Palais Mamming die Ausstellung „The Archive of Gina Klaber Thusek“ gezeigt. Realisiert wurde die kleine, aber sehr gelungene Schau von Student*innen der Fakultät für Design und Künste der Freien Universität Bozen in Zusammenarbeit mit dem Palais Mamming Museum.

Ein Depot voller Schachteln irgendwo in Meran. Dort fing für die Studierenden der Fakultät für Design und Künste der Freien Universität Bozen ihre Reise in die Welt der Gina Klaber Thusek an. Über Wochen hinweg stöberten und schauten sie sich durch den künstlerischen, aber auch privaten Nachlass der 1900 in Mähren geborenen Bildhauerin, Zeichnerin, Fotografin und Modeschöpferin, die in den Wirren des Zweiten Weltkrieges zusammen mit ihrem Ehemann als Staatenlose nach Meran kam und dort bis zu ihrem Tod im Jahr 1983 lebte und wirkte.

Gina, wer warst du? Diese Frage hat mich ab dem Betreten durch die gesamte Ausstellung begleitet. Die Exposition legt das Werk der Künstlerin ebenso schonungslos offen wie ihr Privatleben, ihre Gedanken und Ängste, Wünsche und Hoffnungen. Gekonnt beleuchtet die Ausstellung nicht nur die zahlreichen Aspekte des gestalterischen Schaffens von Klaber Thusek, das von Zeichnungen über Skulpturen bis hin zu Assemblagen, Collagen, Fotografien und Modeentwürfen reicht und uns vom Naturalismus in ihren frühen Jahren bis zu avantgardistischen Werken aus ihren späten Schaffensjahren führt, sondern gibt anhand von Tagebucheinträgen und privaten Fotoalben auch Einblicke in ein überaus faszinierendes und inspirierendes Frauenleben im 20. Jahrhundert.

So erfahren wir etwa, dass für die Künstlerin die Stadt Meran Zeit ihres Lebens ein bürgerliches Gefängnis blieb, dem sie trotz Erhalt ihrer italienischen Staatsbürgerschaft im Jahr 1955 nur für gelegentliche Reisen den Rücken kehrte. Wir lesen von einschneidenden wirtschaftlichen Veränderungen ihrer Ursprungsfamilie nach dem Ersten Weltkrieg, erhalten Einblicke in eine Ehe, die aus Vernunft geschlossen wurde, begleiten sie zu Studien der Bildhauerei in Florenz und Mailand und schauen ihr immer wieder bei ihren Versuchen zu, dem engen Korsett eines bürgerlichen Lebens durch zahlreiche Reisen, aber auch Liebschaften zu entfliehen. Ein Frauenleben, das gleichzeitig so exemplarisch für viele Frauenschicksale dieser Zeit steht und doch singulärer nicht sein könnte.

„The Archive of Gina Klaber Thusek“ ist eine Ausstellung mit mehrdimensionaler Wirkung, über eine mutige Künstlerin und Frau, die zum Glück nur fast in Vergessenheit geraten wäre. In den letzten Jahren wurde ihr in Meran unter anderem eine umfangreiche Ausstellung im Kunsthaus Meran gewidmet, mitgestaltet von Ursula Schnitzer und Elisabeth Hölzl. Platz fand sie auch im Projekt „Menschenbilder“ auf der Meraner Passerpromenade, wo sie von der neuseeländischen Bildhauerin Francis Upritchard dargestellt wurde, sowie in der 2024 im Palais Mamming gezeigten Schau „Women in Art“, kuratiert von Eva Gratl und Rosanna Pruccoli. Die Ausstellung „The Archive of Gina Klaber Thusek“ bildet eine weitere gelungene Sicht auf ihr Leben und Schaffen, der ich an ihrem letzten Wochenende noch viele Besucher*innen wünsche.


Folgende Studierende haben an der Ausstellung mitgewirkt: Lucas Batliner, Emma Boaro, Franka Durst, Ilaria Failo, Sophie Fardel, Federica Kozma, Emma Lieben-Seutter, Reto Riha, Marieke Schäfer, Paula Schlager, Lorenz Schneider, Kutluhan Yücel Hakki, Lennard Wasser, Aurora Zampedri, Paul Zweig.