Die Verbindung zur Gegenwart einer kleinen, unscheinbaren, alten Ölmalerei aus den Archiven des Palais Mamming Museums
Die Zienberger Hex © Palais Mamming Museum Meran
Die Zienberger Hex © Palais Mamming Museum Meran
Hmpf, da hat sich die Reso heute aber ein langweiliges Objekt ausgesucht. Ein altes Bild, das nicht mal besonders hübsch ist oder irgendwas Interessantes zeigt – bloß eine Frau, die bestimmt nur mit irgendwem, der irgendwas gemacht hat, verheiratet war …
Stimmt. Dies ist kein besonders schönes Gemälde und es zeigt auch kein spannendes Ereignis. Trotzdem will ich es heute in den Mittelpunkt stellen, denn hierbei handelt es sich nicht um irgendein Bildnis. Dies ist das Abbild einer Hexe. Einer von Jung und Alt gefürchteten Hexe. Ihre Zunge soll so weit aus dem Mund herausgereicht haben, dass ihr der Kirchenbesuch verboten wurde. Für zahlreiche Unwetter und sogar für das Verschwinden eines Schuljungen soll sie verantwortlich gewesen sein.
Die Gefürchtete hatte viele Namen: Man nannte sie die Riffianer Hexe, die Zenoburger „Zienberger“ Hexe, die Kohleggerin oder die Waldin. So ist auch die kleine Ölmalerei beschriftet, die ihr Abbild zeigt. Diese stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert und befindet sich in der Sammlung des Palais Mamming Museums.
Die Rückseite birgt aber noch einen weiteren, in Klammern ergänzten Namen: Kleon. Bei der Abgebildeten handelt es sich um Anna Kleon, die wahrscheinlich aus Kuens stammte. 1803 heiratete sie den Bauern Georg Spieß in der Gemeinde Riffian. Georg Spieß wurde 1769 am Waldehof geboren, wo er auch mit Anna lebte – daher der Name „Waldin“. Später zogen Anna und Georg, die gemeinsam fünf Kinder hatten, nach St. Martiner-Riedersberg auf den Kohleggerhof, daher der Name „Kohleggerin“.
Und so erhält die alte, unscheinbare Malerei in den Archiven des Palais Mamming Museums plötzlich eine Verbindung zur Gegenwart und zu den Ängsten und Gefühlen, die unsere Gesellschaft heute ebenso bewegen wie damals. Die Objekte, die wir aus der Vergangenheit bewahren, müssen daher nicht immer schön oder kostbar sein. Sie sollen lediglich das Fenster zur Vergangenheit offenhalten, damit wir in sie hineinblicken und aus ihnen für die Gegenwart lernen können.