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March 16, 2024

Stefan Tschurtschenthaler – Fotografisches Zerlegen

Elisa Barison

Am Mittwoch, 13.3., eröffnete der Meraner Künstler Stefan Tschurtschenthaler in der neuen 00A Gallery in Trient (das Projekt war 2014 von Christian Martinelli und Andrea Salvà in Meran ins Leben gerufen worden und ist nun nach Trient umgezogen, hier mehr Infos dazu) seine Ausstellung „città anonima“.

Bis zum 31. März 2024 ist darin die 2011 von Tschurtschenthaler begonnene und stets fortgesetzte Fotoserie zu sehen, in welcher er Szenen aus diversen urbanen Kontexten ablichtet und sie, teilweise, bis in ihre kleinsten Pixel zerlegt. Warum und wie, verrät er im Interview.citta anonima - Stefan Tschurtschenthaler ca24Du zeigst in Trient in der 00A Gallery aktuell deine Serie „città anonima“, welche du 2011 begonnen hast und seitdem fortführst. Was war der Auslöser, die Inspiration, damals 2011, um diese Serie zu beginnen? 

Ich setze parallel zu meiner Arbeit mit unterschiedlichsten Materialien immer auch die Fotografie als künstlerisches Medium ein. Dabei kam mir die Idee für diese Serie, als ich vor ca. 15 Jahren anfing, bewusst Bilder von anonymen Stadtansichten zu sammeln. Also zwar Situationen aus dem städtischen Bereich, die aber nicht eindeutig einem bestimmten, definierten Ort zuzuweisen sind. Ich fand es interessant, dass sich Städte und auch andere urbane Räume auf einer gewissen visuellen Ebene sehr ähnlich und sogar austauschbar sind. Und so kam es auch gleich zum Titel „città anonima“.

Glaubst du, dass Fotografie als künstlerisches Medium unter der Omnipräsenz an Möglichkeiten zu Fotografien, z. B. mit dem eigenen Handy, leidet? 

Nein, das glaube ich nicht, im Gegenteil. Ich denke, dass die Vielfalt an neuen Möglichkeiten, die sich seit nicht allzu langer Zeit durch die digitale Fotografie und die Handyfotografie zusätzlich zur analogen Fotografie eröffnet haben, durchaus positive Aspekte für die künstlerische Nutzung des Mediums mit sich gebracht hat. Ich würde es auch mit einer Demokratisierung der Fotografie bezeichnen. Mittlerweile hat quasi jeder die Möglichkeit, sich auch fotografisch auszudrücken. Die Bildsprache hat sich aufgrund der unbegrenzten Möglichkeiten des Einsatzes von unterschiedlichen Kameratypen komplett verändert bzw. weiterentwickelt. Natürlich ist nicht alles gut, was produziert wird, aber das war es auch nicht, als ausschließlich analog fotografiert wurde.citta anonima - Stefan Tschurtschenthaler ca25 citta anonima - Stefan Tschurtschenthaler ca19Ist diese Serie auch als Kritik an der digitalen Fotografie zu verstehen, die, wie du sehr gut zeigst, stets nur eine in kleinste Teile (Pixel) zerlegte Darstellung der Realität bieten kann?

Darüber habe ich noch nicht nachgedacht, ist es aber nicht. Schon allein deshalb, weil ich dieses Projekt ohne die digitale Fotografie sicherlich nicht begonnen hätte. Hier bietet sich mir die Möglichkeit, in ein Bild so tief einzutauchen, wie es mir in der analogen Fotografie in dieser Form nicht gelungen wäre. Ich kann einzelne, klar definiert Farbteile des Gesamtbildes an die Oberfläche holen und ihnen nach meinem Empfinden mehr oder weniger Gewicht verleihen. Sie aus der Anonymität holen.Stefan TschurtschenthalerDu hast mehrere fotografische Serien, in denen du Details von Stadtteilen (Mauern, Boden usw.) in den Vordergrund rückst. Woher kommt dieses Interesse für das Zerlegen, die Details?

Ja, das zieht sich durch meine gesamte künstlerische Arbeit. Die Sprache ist im Grunde immer dieselbe, ob dies nun in der Fotografie, in der Arbeit mit Materialien, in Videos oder bei Installationen ist. Es geht unbewusst immer um eine Reduktion, ein Eintauchen in etwas und nicht um die Darstellung eines Gesamtkosmos’. Jeder kleinste Teil ist ja immer auch ein eigener Mikrokosmos. Wenn ich in anderen Fotoserien bereits von Anfang an kleine Details fotografiere, so ist die Vorgehensweise in der ausgestellten Serie „città anonima“ umgekehrt. Ich suche nach dem Kleinsten im bereits fertigen Foto. Es ist für mich immer eine Art „Schürfen“, so oder so.citta anonima - Stefan Tschurtschenthaler - Originalbilder1Fotos © Stefan Tschurtschenthaler

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