Music

February 29, 2024

Ein bisschen Shabernak kann nicht schaden

Max Silbernagl

Eine Gruppe von 17 Freund*innen, vorwiegend aus Eppan, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Midtempo Techno und Downtempo Techno nach Südtirol zu bringen, für Offenheit und für neue Ideen in der Musik und in der Gesellschaft einzutreten und diese Werte auch auf ihren Festivals zu zelebrieren. Mittlerweile ist die bunte Truppe namens Shabernak in Südtirol für ihre aufwendige Bühnengestaltung, ihre Upcycling-Deko und nicht zuletzt für ihre Teppiche und Birkenstocks bekannt. Von sich reden machten sie mit dem Slowkindlmarkt (fand am 16.12.2023 zum zweiten Mal statt) und dem Aperitivo Lungo im NOI Tech Park (am  21. Juni 2023), genug haben sie aber noch lange nicht, denn das sei erst der Anfang, lässt die lustige Truppe verlauten. Wie sie zusammen gefunden hat und was ihre nächsten Pläne sind, erzählen uns im Namen von Shabernak Harry Cronst aka Bassalpin und Hannes Wiedmer aka Hanas im Interview.

Wie lange gibt es Shabernak schon und wer hatte die Idee zur Gründung?

Shabernak existiert offiziell als Verein seit Juni 2023, obwohl der Kern der Gruppe schon seit vielen Jahren kleinere, private Events organisiert. Diese waren häufig kleine Geburtstagsraves der späteren Vereinsmitglieder, die an einzigartigen Orten wie Weinbergen, Dachterrassen oder Almhütten stattfanden. Die unterschiedlichen Leidenschaften der Mitglieder führten zusammen zu unvergesslichen Events, einschließlich der mit Liebe gemachten Upcycling-Deko, feinem Essen, geilen Weinen und natürlich unseren charakteristischen Down- und Midtempo-DJ-Sets, die aus (oft überdimensionierten) PA-Anlagen erklangen. Zusammengefunden haben sich unsere Leute, die größtenteils aus Eppan stammen, auf der „Mutter aller Festivals“, dem Fusion Festival – und zeitweise auch dem Garbicz Festival in Polen – welche uns unheimlich inspirierten. Ich (Harry) denke, das war der ausschlaggebende Punkt, wieso wir immer einen unglaublichen Aufwand für unsere leidenschaftlichen Partys betrieben haben, neben der musikalischen Leidenschaft unserer fünf DJs natürlich: Ya Ria, Raphi Giraphi, Hanas, Hansi Pelati und ich als Bassalpin. Die Gründungsidee kam vom heutigen Präsidenten Hannes mit dem Argument, dass ein formeller Verein notwendig sei, um die Ziele richtig umzusetzen. So entstand Shabernak zunächst inoffiziell im November 2022 mit 13 Mitgliedern und zählt heute 17 Mitglieder.shabernak_04shabernak Slowkindlmarkt 2023 JumpWie seid ihr zu diesen Namen gekommen?

Unser Hansi, der auch Tomaten anbaut und daher als DJ Hansi Pelati bekannt ist, kam beim Äpfelklauben auf den Namen. Um dem Namen noch etwas mehr Individualität zu verleihen, haben wir einfach die Cs entfernt – künstlerische Freiheit eben. [lacht]

Was sind die Haupttätigkeiten des Vereins?

Allgemein gesagt, ist das zentrale Element unseres Vereins die Förderung kultureller Events im ländlichen Raum und die Verbreitung unserer musikalischen Vorlieben. Unsere Musik vereinfachen wir zwar meist mit „Downtempo“, passender ist die Bezeichnung für den Sound „world influenced Down- & Midtempo“ oder Slow Motion Techno. Unsere Existenz gründet auf die Werte der Offenheit, Toleranz, Inklusion und des Respekts. Wir schätzen es besonders, Menschen unterschiedlichster Herkunft und Altersgruppen zusammenzubringen, um gemeinsam in einer Art „eigener Welt“ den Moment zu genießen. Wir sind überzeugt, dass dies dazu beiträgt, Vorurteile abzubauen und unsere gespaltene Gesellschaft ein Stück weit zu vereinen. Um einen solchen „Safe Space“ zu gewährleisten, bemühen wir uns alle selbst und fungieren bei den Events gleichzeitig als Awareness-Team. Die große Stärke des Vereins liegt in den individuellen Kompetenzen, die jedes Mitglied einbringt. Die Gruppe, die durch gemeinsame Werte zusammengehalten wird, könnte kaum vielfältiger sein: Von Angestellten über Bauern, Handwerker und Lehrer bis hin zu Unternehmern bringt jeder etwas Einzigartiges ein, um gemeinsam unsere Ziele zu erreichen. Im Vordergrund steht jedoch etwas ganz Einfaches: gemeinsam eine schöne Zeit zu verbringen und dabei etwas Sinnvolles für die Allgemeinheit zu schaffen.shabernak_09shabernak Hansi Pelati_1shabernak_05shabernak_07Was war der bisher größte Erfolg von Shabernak?

Als unseren größten Erfolg betrachten wir die zahlreichen Komplimente und die Dankbarkeit, die wir für unsere Veranstaltungen im ersten Jahr erhalten haben. Die Veranstalter und Gäste sind jedes Mal aufs Neue beeindruckt, wie schnell, kunstvoll und kreativ wir die Bühnen errichten. Unsere Fähigkeit, in kurzer Zeit visuell ansprechende und technisch ausgefeilte Bühnensettings zu schaffen, hat uns in der Szene bekannt gemacht. Vor allem aber kennt man uns als die Gruppe mit den Teppichen und den Birkenstocks. Einige der größten Erfolge war sicherlich der Slowkindlmarkt, eine Art alternativer Weihnachtsmarkt in Eppan, bei dem sämtliche Einnahmen Projekten im In- und Ausland gespendet werden, und die Stagehostings in der BASIS im Vinschgau oder beim Jump Out Festival in Eppan. Das Feedback war überwältigend. Vielleicht als unser überraschendster Erfolg erwies sich unsere erste offizielle Veranstaltung als Verein im NOI Tech Park in Bozen, zu der weit über 1.000 Personen kamen – ein Andrang , den wir uns in unseren kühnsten Träumen nicht erwartet hätten. Der größte Erfolg liegt jedoch nicht allein in der Anerkennung unserer künstlerischen oder technischen Leistungen. Vielmehr ist es das tiefe Zusammenwachsen unserer Gruppe von 17 Freunden, die durch gemeinsame Erlebnisse und die Leidenschaft für Musik und Kultur ein starkes, unterstützendes Netzwerk gebildet haben. Die gegenseitige Wertschätzung und der Zusammenhalt innerhalb unserer Truppe sind das wahre Fundament unseres Erfolgs. Diese innere Stärke ermöglicht es uns, Herausforderungen gemeinsam zu meistern und unsere Visionen mit Leidenschaft und Engagement zu verwirklichen. 

Gibt es Träume, die ihr mit Shabernak noch verwirklichen wollt?

Ja, es gibt definitiv Träume, die wir mit Shabernak verwirklichen möchten. Wir sind ja grad erst aus den Startlöchern gekrochen. Eines unserer Ziele ist es sicherlich, ein eigenes Festival in Südtirol zu organisieren, um so unsere Liebe zur Musik und Kultur weiterverbreiten und eine noch größere Reichweite zu erzielen. Darüber hinaus haben wir aktuell noch keine feste Base, von der aus wir regelmäßig Events organisieren könnten. Auch die Idee, im Ausland auf Festivals Bühnen zu hosten, reizt uns sehr und wäre ein spannender Schritt für uns. Gleichzeitig legen wir großen Wert darauf, uns genügend Zeit zu lassen, jeden Schritt zu genießen und sorgfältig zu prüfen, ob die jeweilige Richtung nicht nur unseren Zielen entspricht, sondern auch unsere Werte widerspiegelt. Wir sind uns bewusst, dass wir noch viel zu lernen haben, und möchten langfristig einen Mehrwert schaffen. Dabei ist es uns wichtig, den Spaß an der Sache zu behalten und die Motivation auf lange Sicht nicht zu verlieren. Deshalb kann es durchaus mal vorkommen, dass man einige Wochen mal nichts von uns hört, aber wenn wir was angehen, dann wollen wir es richtig machen.Shabernak-Mummi-2023-207shabernak_02shabernak_010shabernak_08Gibt es eurer Meinung nach Sachen, die es bräuchte, um Kulturarbeit einen höheren Stellenwert zu geben?

Es benötigt Reichweite und Bewusstsein. Die Unterstützung durch Gemeinden und Privatwirtschaft ist essenziell, und wir sind dankbar für die Hilfe, die wir bereits erfahren. Ein Hindernis stellen jedoch oft nicht nachvollziehbare Auflagen seitens der Gemeinden dar, wie etwa die Anordnung, die Musik während unserer Events am Abend für eine Stunde abzuschalten (so erst kürzlich geschehen). Solche Auflagen erschweren nicht nur die Durchführung von Kulturveranstaltungen, sondern sind auch hinderlich für die Entwicklung einer lebendigen Kulturszene. Ein großes Problem sehen wir in den Vorurteilen gegenüber Kulturarbeit, besonders wenn sie mit Musik verknüpft ist. Oft wird sie fälschlicherweise mit negativen Aspekten wie Drogenkonsum, Alkoholmissbrauch und Gewalt gebracht. Wir setzen uns durch Awareness-Arbeit dafür ein, diese Stereotypen zu entkräften. Tatsächlich laden wir jeden herzlich ein, unsere Veranstaltungen selbst zu erleben und sich ein eigenes Bild zu machen, um die lebendige und positive Atmosphäre selbst zu erleben. Dies ist die beste Methode, um Vorurteile abzubauen und die Vielfalt sowie Positivität unserer Arbeit zu erkennen. Die wachsende Community aktiver Personen im Kulturbereich in Südtirol, die gemeinsam mehr erreichen wollen, zeigt, wie wichtig es ist, diesen Bereich politisch stärker zu unterstützen. Wir glauben, dass eine größere Anerkennung und Förderung der Subkultur nicht nur Vorurteile abbauen, sondern auch der gesamten Kulturarbeit zu mehr Bedeutung verhilft.

 Alle Fotos: (c) Shabernak

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