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August 3, 2023

Victoria Dejaco – man sieht sich immer zweimal im Leben

Elisa Barison

 Im wahrsten Sinne des Wortes.
Vor genau zehn Jahren düste Kunigunde Weissenegger nach Wien, um Victoria Dejaco in ihrer damals ersten eigenen Initiative, der Hallway Gallery (Victoria veranstaltete Ausstellungen im Flur ihrer damaligen Wohnung) zu besuchen und interviewen. Das Video wollen wir euch nicht vorenthalten:Fast forward: Ich treffe Victoria in Brixen (sie ist bloß auf Heimbesuch hier, lebt eigentlich immer noch oder wieder in Wien) und sie berichtet darüber, was sich seit der Hallway Gallery so getan hat und wie es, zehn Jahre nach dem letzten Treffen mit franz, auf Umwegen zu ihrem aktuellen Baby simplify.art gekommen ist.

Vorbemerkung: Die Autorin dieses Artikels ist mit erhobenen Händen und lauten Schreien vor dem Kunstmarkt geflohen und kann daher nicht anders als in Victorias Arbeit eine Art Offenbarung und Lichtblick für einen Sektor zu sehen, der einen Brocken Demokratisierung und Transparenz dringend nötig hat.

Wien wurde erst kürzlich zum x-ten Mal in Folge zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt. Leben und Überleben sind noch relativ leistbar, selbstorganisierte Art Spaces platzen aus allen Nähten und international renommierte Künstler*innen und Professor*innen an Hochschulen und Akademien tragen ihren Teil dazu bei, dass Student*innen, aber auch Sammler*innen aus aller Welt hier gerne einkehren. 

Vicoria Dejaco hatte das natürlich schon vor uns allen erkannt und organisierte daher bereits 2013 in ihrer Hallway Gallery regelmäßig Ausstellungen für Bekannte und Freund*innen aus der Angewandten und Bildenden – mit Erfolg und hohem Zufluss, wohlgemerkt. Sie selbst fügt in unserem Gespräch lächelnd hinzu, dass dies vielleicht an den angebotenen Tramezzini und Antipasti gelegen sei. Daraufhin möchte ich Victoria an dieser Stelle kurz daran erinnern, dass sie sich tagtäglich gegen das Tiefstapeln von Frauen einsetzt und es selbst auf keinen Fall nötig hat!

Die Hallway Gallery lief so gut, weil Victoria eine ansteckende Begeisterung für Kunst hat und damit die richtigen (im moralischen Sinn) Ziele verfolgt. Das hat sich keineswegs geändert. Eben weil man sich immer zweimal sieht im Leben und dank ihrer offenen Art und der Kapazität Gelegenheiten zu erkennen und zu nutzen, musste sie sich seit dem Zeitpunkt an auch nie mehr für einen Job bewerben. Sie floss von einer Aufgabe und einem Projekt ins nächste, traf Menschen auf unerwartete Art und Weise wieder, lernte heutige Mitarbeiterinnen auf Überseeflügen kennen, hatte natürlich auch ihren fair share an existenziellen Krisen und Rückschlägen (das hier ist kein Disney-Märchen, nur weil eine junge, erfolgreiche Frau porträtiert wird) und landete damit, wie es im Leben eben so ist, auf Umwegen dort, wo sie heute ist: als Mitbegründerin der Galerie Wonnerth Dejaco und Gründerin des Start-Ups simplify.art.

Ein tolles Video zu Victorias Arbeit in und mit der Galerie, welche sie 2020 gemeinsam mit Michael Wonnerth-Magnusson gründet, könnt ihr euch hier ansehen:Victoria und ich haben hauptsächlich über ihr Baby simplify.art gesprochen, weil die engagierte Kunsthistorikerin und nun auch Unternehmerin in den letzten Jahren wirklich ALLES in dieses Start-up und die Kreation der App gesteckt hat. Mit Niederlagen, auf Umwegen, doch schlussendlich hat sie es geschafft und heute blickt sie auf eine stetig wachsende Community von Menschen die, genauso wie sie (und die Autorin), keinen Bock mehr auf intransparente, unfaire, exklusive und patriarchale Geschäfte und Prozesse in der Kunstwelt haben. Vereinfachen, wie der Name bereits verrät, ist die Devise der App. Warum sollte ich meine Kunstsammlung nicht auf demselben Gerät herumtragen wie meine Meme-Sammlung? Wieso sollten nur Menschen mit sechsstelligen Bankkonten Kunst sammeln und warum nicht einen fairen und unabhängigen Marketplace schaffen, wo Künstler*innen selbst mit potentiellen Käufer*innen in Kontakt treten können? Klingt utopisch, ja. Muss es aber nicht sein! Um die Transparenz und klaren Ziele von Victoria und ihrem Co-founder Glenn Vanbavinckhove nicht zu verwischen, hier ein Exzerpt aus ihrem Press Kit:

„simplify.art, inkubiert im Science Park Graz, wurde Ende 2019 von Victoria Dejaco (1986 IT), damals Leiterin der Sammlung einer Grazer Privatstiftung, gegründet und gebootstrapped. Im Jahr 2020, als klar wurde, dass viele Aspekte unseres Lebens noch der Digitalisierung bedürfen, war simplify.art Teil des Female Founders Accelerator Programms und erhielt seine erste Finanzierung von aws (Austria Wirtschafts Service). Creative Impact XS (50.000 €). Noch im selben Jahr kam die Angel-Investorin Julia Draxler-Schinko an Bord und investierte 150.000 € in das Unternehmen, was 2021 eine weitere aws-Finanzierung ermöglichte. Creative Impact XL (150.000 €). 2022 erhielt simplify.art 315.000 € an öffentlicher Förderung durch das FFG Basisprogramm für eine textbasierte antidiskriminatorische KI, die den simplify.art-Marktplatz unterstützen wird, der im September 2023 an den Start gehen soll. Darüber hinaus wurde im Januar 2023 eine Seed-Runde von 375.000 € von trive studio abgeschlossen.
Victoria Dejaco und Glenn Vanbavinckhove haben eine gemeinsame Vision für die Zukunft von Software: a) Sie muss extrem einfach und befriedigend zu bedienen sein und b) mit allen notwendigen Diensten integriert werden, um anpassbar und ein nützlicher digitaler Begleiter für Kunstliebhaber*innen und Fachleute zu sein. Bevorstehende Pläne sind unter anderem die Integration von Kunstversicherungen und die Möglichkeit für Sammler*innen auf der Plattform auch Künstler*innen zu entdecken und zu kaufen, die ihren Sammlungsschwerpunkten entsprechen.“ Victoria Dejaco + Glenn Vanbavinckhove (c) Sophie Kirchner

Inklusion und Vereinfachung sind also die Devise. Außerdem sollte das Kunstsammeln Spaß machen und die App hilft hoffentlich dabei immer mehr Menschen davon zu überzeugen, ihr Geld (und es braucht nicht immer so viel dafür) in Kunst zu investieren. Denn immerhin, wie Victoria so schön sagt, geht es hier um unser Weltkulturerbe.

Also, ab zum Download der App! Ab in die Galerie oder rein ins World Wide Web! Kauft Werke lebender Künstler*innen und bezahlt sie fair! Ergötzet euch an eurer Sammlung! Teilet die Freude!

Fotos: (1) Victoria Dejaco (c) Sophie Kirchner; (2) Victoria Dejaco + Glenn Vanbavinckhove (c) Sophie Kirchner

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