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July 26, 2023
therealdiamanda
Susanne Barta
So heißt ihr Instagram-Profil. Dahinter steht die Eco-Fashion-Influencerin Diamanda Piol-Giovanett. Manche kennen die 29-jährige Brixnerin vielleicht noch als Fotomodell. Sie hat erfolgreich in Mailand, Rom und London gearbeitet und sich vor allem im Lifestyle- und Fast-Fashion-Bereich bewegt. Das tut sie heute nicht mehr. Vor einigen Jahren hat sich Diamanda entschieden, Kollaborationen nur mehr mit Marken einzugehen, die besser produzieren, also so nachhaltig und fair als möglich arbeiten. Secondhand begeistere sie seit ihrer Kindheit, erzählt sie, heute setze sie fast ausschließlich darauf. Und wenn etwas Neues, dann nur von nachhaltigen Marken. Ihre Eltern, der Journalist und Musiker Reinhold Giovanett und ihre Mutter, die Malerin und Kunsttherapeutin Giovanna Piol haben sie da offensichtlich geprägt. Mit glänzenden Augen spricht sie heute noch über die gemeinsamen Flohmarktbesuche. Über 46.000 Follower auf Instagram begleiten Diamanda auf ihrer Vintage-/Secondhand-Reise. Über Instagram hat sie mich auch kontaktiert, ich war neugierig auf diese junge Frau. Wir haben uns im Pur in Brixen zum Interview getroffen.Diamanda, du hast mit 18 Jahren begonnen als Fotomodell zu arbeiten. Wie hat sich der Wechsel von der glamourösen (Fast) Fashion-Welt zur nachhaltigen Mode-Welt vollzogen?
Schon während meiner Arbeit als Fotomodell hatte ich das Bedürfnis, meine eigene Nische zu entwickeln und mich mehr auf meine Passion für Vintage, Secondhand, überhaupt nachhaltigere Mode zu konzentrieren. Alles ist ausgegangen von meinem Kleiderschrank. Ich liebe Mode. Aber es kam der Moment, wo ich begann, mir ernsthafte Fragen zu stellen. Mein Schrank war übervoll, dennoch kamen ständig neue Sachen dazu. Sachen, die ich eigentlich nicht brauchte, die mir zum Teil nicht mal besonders gefielen, die ich kaum anzog und die oft auch von schlechter Qualität waren. Das wollte ich verändern. Viele Stücke habe ich dann an Freundinnen verschenkt, verkauft oder gespendet und setze nun schon seit einigen Jahren nur mehr auf Vintage, Secondhand und nachhaltige Mode. Auch bei Kollaborationen achte ich darauf, mit entsprechenden Unternehmen zu arbeiten. Also: Keine Fast Fashion mehr für mich.
Wie hat sich das geschäftlich ausgewirkt?
Das ist natürlich schwieriger. Ich habe vorher viel besser verdient. Die Fast-Fashion-Welt mit all ihren Verführungen ist einfacher. Auch für Influencer. Heute erkläre ich meinen Followern, warum es wichtig ist, sich anders zu kleiden, warum Fast Fashion ein Problem ist und man sich für Brands entscheiden sollte, die besser produzieren. Wie gesagt, ich arbeite heute nur mehr mit Brands die „ecosostenibile“ produzieren und baue diese Kollaborationen Schritt für Schritt auf. Wie hat deine Community darauf reagiert? Statt Glam-Welt nun nachhaltige Modewelt?
Vor einigen Jahren wurde mein Instagram-Profil gehackt, ich hatte damals zwischen 60.000 und 70.000 Follower. Ich musste also wieder bei 0 beginnen, noch dazu mit ganz anderen Inhalten. Das war natürlich nicht einfach. Aber mich interessiert auch hier mehr Qualität als Quantität. Ich möchte die Leute erreichen, die sich für diese Themen, aber natürlich auch für Mode interessieren. Im Gegensatz zu vorher mache ich das mit mehr Tiefe. Ich möchte heute nicht mehr nur auf mein Aussehen und die Sachen, die ich trage, reduziert werden, sondern vor allem für die Inhalte wahrgenommen werden. Und die Person, die ich wirklich bin, zeigen. Ich möchte inspirieren und positive Zeichen setzen. Aber viele meiner Follower haben schon einige Zeit gebraucht, diesen Wechsel mitzuvollziehen.
Arbeitest du auch mit Südtiroler Brands?
Die Brands hier müssen erst noch verstehen, wie die Arbeit von Influencern, Content Creatern wirklich funktioniert. Hier möchte niemand etwas zahlen. Viele glauben noch, dass das keine Arbeit, sondern so eine oberflächliche Sache ist. Deshalb funktioniert das für mich bisher vor allem mit internationalen Brands, die den Wert von solchen Kollaborationen erkennen und zu schätzen wissen.Hast du auch lokale Follower?
Nur wenige. Ich habe viele italienische, aber vor allem internationale Follower. In Südtirol kommt das Thema erst langsam an. Die meisten Leute, auch die jungen, sind leider noch voll in der Fast Fashion unterwegs. Allmählich kommt aber auch hier Vintage/Secondhand immer mehr in Mode. Wobei es mir nicht so sehr um Mode geht, sondern um einen Lebensstil. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, Fast Fashion zu kaufen. Man entscheidet sich für das eine oder das andere. Es ist wichtig zu verstehen, was sich hinter den Mode-Unternehmen abspielt, um dann auch bessere Entscheidungen treffen zu können. Jede Brand arbeitet ja etwas anders. Manchmal wundere ich mich darüber, dass sich nicht mehr Leute fragen, wieso Kleidungstücke überhaupt so billig sein können?
Du sprichst von Lebensstil. Wie schaut der bei dir aus?
Ich lebe sehr gesund, bin kreativ und würde mein Gemüt als sonnig beschreiben. Ich bin an vielem interessiert und beschäftige mich eingehend mit Themen der Nachhaltigkeit und versuche umzusetzen, was möglich ist.
Wie beschreibst du deinen Kleidungsstil?
Ich mag es farbig und frisch. Mir gefallen vor allem die 1950er, 60er und 70er Jahre. Den Stil von Brigitte Bardot finde ich besonders gut, aber natürlich möchte ich immer ich selbst sein und niemanden kopieren. Ich liebe es auf Flohmärkte zu gehen und nach besonderen Stücken Ausschau zu halten. Ja, und ich möchte mich abheben mit meinem Stil. Wie schaut dein Kleiderschrank heute aus?
Sehr bunt und alles nach Farben geordnet. Ich habe nicht viele Sachen, aber dafür gute. Jedenfalls keine Fast Fashion mehr. Dabei sage ich nicht, dass man alles rauswerfen soll. Das ist ein Prozess. Aber alles, was man sich „neu“ anschafft, sollte überlegt gekauft werden. Für mich war der Abschied von Fast Fashion wie ein Neuanfang, ich habe mich von vielem befreit. Unglaublich auch, wieviel Geld da draufgegangen ist. Heute folge ich keinen Trends mehr. Ich liebe alte Kleidung, die Stücke haben eine Geschichte, sind vielschichtig, also nicht so flach wie das meiste, das man heute kaufen kann. In Südtirol wird Vintage/Secondhand nur sehr langsam akzeptiert. Die Leute sehen die Schönheit (noch) nicht, die hinter diesen Kleidern steckt, die Qualität der Stücke, den Wert.Sich mit Diamanda zu unterhalten macht Freude. Sie ist lebendig und neugierig und geht ihren eigenen Weg. Schaut mal rein auf ihr Instagram, sie postet regelmäßig tolle Vintage-/Secondhand-Outfits. Vielleicht ist ja was dabei, das euch inspiriert.
Diamanda hat auch einige Einkaufstipps für euch zusammengestellt:
Shops: Vestiaire Collective, The Vintage Bar, Vinted, Micolet.
Vintage & Secondhand & Nachhaltige Shops auf IG: @gattivintage, @roses_and_vintage, @lamaisong_vintage, @passepartout_vintage, @taitu_vintage, @th_archives, @bibilovesvintage, @humanavintageitalia, @rifolab, @betty__corner, @fugubag, @belt_bagAußerdem empfiehlt Diamanda sich folgende Fragen zu stellen: „Lohnt es sich, dieses Outfit zu behalten oder zu kaufen? Ziehe ich es mehr als dreimal an? Und: Qualität statt Quantität wählen und auf Flohmärkten nach Secondhand- und Vintage-Schätzen suchen. Immer die Etiketten lesen, wenn man ein neues Outfit kauft. Less is more.“
Fotos: (2, 3) © Susanne Barta; (7) © Diamanda Piol; alle anderen © Anna Heidi Mainenti.
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