Music

June 1, 2023

„… wir sind in der Zeit“

Kunigunde Weissenegger

Am letzten Tag der Menschheit würd ich mich gern mit Albert Mayr unterhalten. Es gibt gar einige, die es schon vor mir getan haben und ich eigentlich auch … aber das ist schon eine Weile her … weshalb es ruhig ein Update oder Refresh oder so geben könnte. Die erste Begegnung mit ihm hatte ich 2014, so glaub ich mich zu erinnern. Wer weiß, ob es vorher schon einmal der Fall war. Einerlei. Jedenfalls besinne ich mich ziemlich gut. Er war einer von 27 Künstler*innen, die damals im Oktober für eine Nacht im Hotel Pragser Wildsee jeweils ein Zimmer bezogen hatten und es bespielten – die One Night Artist Sessions des Südtiroler Künstlerbundes waren legendär, bekannt zumindest allen, die einmal dabei waren …

Er saß da, nicht einfach so, und deutete die Zeit. Albert Mayr SKB img-veranstaltungen-2014-one-night-4-one-night-4-albert-mayr-1-1600x1200-1800Zeit ist sein Thema. Und so heißt die Ausstellung, die ihm das Museion widmet – der Bozner und Wahlflorenzer wird 80 und ist eine Koryphäe seines Fachs, weltweit vernetzt. Und Zeit ist wohl auch euer Thema, wollt ihr sie noch sehen, denn sie geht noch bis 4. Juni 2023 und nicht länger. 

Haben wir Zeit? Sind wir in der Zeit? – Von Zuhause bis ins Büro und wieder zurück brauch ich eine Dalia’s Late Night Lemonade – mit dem Auto. Vom Schreibtisch bis ins Klo zitier ich drei Zeilen Mayröcker– wenn ich’s eilig hab. Eine Born-to-Die-Album-Länge Lana del Rey reichen gerade so für den Morning Run – bevor ich aufgebe. Zeit war immer schon relativ. Doch was heißt das schon?Design temporale per un museo 1995 zweiteiliges Werk für das Museion Bozen von Albert Mayr„Zeit haben wir nicht, wir sind in der Zeit“ – ein Statement von ihm. So wird alles (Geplante) ziemlich relativ. Entstehen, Vergehen – alles eins, rhythmisch, im Takt – der Zeit.

Eng mit Zeit verknüpft sind bei Albert Mayr die Ausdehnung von Geräuschen, Klang und Musik im Raum. Dazu hat der Komponist und Autor etliche theoretische Schriften verfasst. Einblick in sein Denken und Überlegen gibt das filmische Portrait „Albert Mayr e il paesaggio sonoro“ von Claudio Chianura, das auch in der Ausstellung zu sehen ist.In der Zwischenzeit, solange ich auf den letzten Tag … warte, führ ich mir ein Buch zu Gemüte  – „Albert Mayr. Per un concetto allargato di musica“. So etwas hab ich mir immer schon gewünscht. „Erweitern“ ist ein faszinierender Begriff, nicht nur in der Musik. Ich hänge gerade beim Kapitel „I tempi della montagna“ …

Fotos: (1) Albert Mayr, Time Aspects, 1975–1976, Fotografia in bianco e nero su carta fotosensibile (7 parti)/Schwarzweißfotografien auf Fotopapier (7teilig), 30,5 x 24 cm (cad/je), Collezione Museion, Foto: Augustin Ochsenreiter; (2) SKB; (3) Albert Mayr, Design temporale per un museo, 1995, Lettere trasferibili su lastra in PVC espanso (2 parti)/Lettering auf Hartschaumplatte (2teilig), 144 x 89 x 1 cm (cad/je), Collezione Museion, Foto: Augustin Ochsenreiter.

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