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November 5, 2022

Tiefsitzend grenzwertig

Kunigunde Weissenegger

Etwas mehr als zehn Jahre ist es her, dass Denis Laner hierzulande etwas gezeigt hat … „De Spinnen de Tiroler“ damals 2011 der Titel seiner Ausstellung bei Erwin Seppi in der ES Gallery in Meran. Now, he’s back, mit „I Want to Show You Something“ (21.10.–12.11.2022) und einer Langzeitfotostudie und Reflexion über Zeit und Raum und deren Dazwischenmomenten. Eingeladen hat Giorgio Loner von Mairania 857 im Rahmen von „Altre visioni“ ins Centro per la Cultura in Meran, kuratiert ist die Ausstellung von Song Tae Chong. (Interessant, aber nicht zwingend relevant, der Aspekt, dass der Großteil der Werke im Meraner Raum entstanden ist.)Denis Laner I Want to Show You Something InstallationShots_008„Ich habe eine besondere Vorliebe für diese Momente dazwischen, für die Zeit, für die wir noch keine Worte erfunden haben,“ schreibt die Kuratorin im Begleittext für die Ausstellung. Es ist eine sehr persönliche, ohne das für Denis Laner typisch Dokumentarische außer Bann zu lassen. Das Flüchtige prägt die Aufnahmen auch in diesem Projekt, das sich über mehrere Jahre zieht und nun mit dieser Ausstellung erstmals vor Publikum präsentiert wird und für ihn damit abgeschlossen ist. Von 40 Fotografien hängen 17, kurioserweise alle im Hochformat; Spurt, Father II, Month One, Nolan, Mongbell eine Auswahl der Werktitel.

Wie ein Psychologe befasst sich Denis Laner mit Orten und Momenten, hinterfragt Erleben, Verhalten und Bewusstsein von räumlichen und zeitlichen Flächen: Ihn interessiere die Fragestellung an das, was ist, die Beziehung zur Wirklichkeit. Es gehe ihm um ein gewisses Gefühl von Realität. Ein Foto sei für ihn wie ein neues In-Beziehung-Treten mit dem, was er sieht. Denis Laner I Want to Show You Something InstallationShots_004Für die Idee zum Projekt sind vor mehreren Jahren zwei Dinge zusammengeflossen: zum einen Laners Faszination für Quantenphysik wie auch das Buch „Die Wirklichkeit, die nicht so ist, wie sie scheint. Eine Reise in die Welt der Quantengravitation“ vom Physiker Carlo Rovelli, und zum anderen sein Interesse für Klartraumforschung und eigene Erfahrungen mit luziden Träumen. „Diese Art von Perspektiven wirken wie philosophische Provokationen aus der Welt der Wissenschaft. Gleichzeitig können sie jedoch aus künstlerischer Sicht als konzeptionelle und emotionale Werkzeuge dienen, um eine Landschaft faszinierender Ungewissheit in den Mittelpunkt zu stellen“, kommentiert der Fotograf seine Ausstellungsidee.

„I Want To Show You Something“ ist Suchen, Finden, Schwanken, Herantasten, Auslegen, Offenbaren, Erkunden, Erfassen, Ablaufen, Erguss, Entwischen.

Es scheint so, als eile Laner dem Zeitgeist voraus, und dieser habe Schwierigkeiten, ihm zu folgen … Ist es Provokation, Philosophie oder Wirklichkeitssinn …? – Selber schauen!Denis Laner_Berlin_2022_766Denis Laner, 1982 in Meran geboren, lebt in Berlin als Fotograf. Sein Studium hat er an der University of Wales, Newport mit einem BA Hons in Dokumentarfotografie abgeschlossen. In über 16 internationalen Ausstellungen waren seine Arbeiten bereits zu sehen, zuletzt in einer Gruppenausstellung im Brücke-Museum in Berlin in Zusammenarbeit mit Marina Dubia. Sein Interesse gilt der Dokumentation und Erkundung von Landschaften, Strukturen und Menschen jener Orte, an denen er lebt oder die er besucht. 2023 soll der von ihm und Song Tae Chong gegründete Verlag Edizioni Mong Mong an den Start gehen.

Song Tae Chong, PhD, geboren in Los Angeles, ist Professorin und Kuratorin und lebt in Berlin. Nach ihrer zehnjährigen Position als Bildungsbeauftragte und Produzentin bei Magnum Photos war sie Direktorin und Leiterin der Milk Gallery in New York. Zurzeit ist sie im Vorstand der Martin Parr Foundation und Part-Time-Dozentin an der New York University, wo sie postkoloniale visuelle Kultur und Geschichte und Theorie der Fotografie unterrichtet.

 Fotos: Denis Laner

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