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May 25, 2022

Lichtpausen und Kunst mit Textilbezug

Susanne Barta

Am Museumssonntag (15. Mai) habe ich mir bei Kunst Meran die Ausstellung „Lichtpausen, lückenhaft“ angeschaut, die Arbeiten von Elisabeth Hölzl und der 1983 verstorbenen Gina Klaber Thusek zeigt. Erste kenne und schätze ich, zweite kannte ich nicht. Ich habe Elisabeth einige Zeit vorher bei einer Veranstaltung getroffen und sie hat mir erzählt, dass Gina Klaber Thusek in den 1930er Jahren in London auch als Modedesignerin gearbeitet hat und Mode eine große Rolle in ihrem Leben spielte. Nicht, dass ich nur in Ausstellungen mit textilen Bezügen ginge, aber es hat mich interessiert und war gleichzeitig eine Gelegenheit nach längerem wieder Arbeiten von Elisabeth zu sehen. Da dies ein Modeblog ist, geht‘s hier vor allem um diesen Ausstellungsaspekt. 

Elisabeth Hölzl und Gina Klaber Thusek trafen sich Anfang der 1970er Jahre in Meran. Elisabeth war 11 Jahre alt und nahm Zeichenunterricht bei der damals bereits 73 Jahre alten Gina Thusek. Eine (Familien-) Freundschaft entwickelte sich – bis zum Tod von Thusek 1983. Jetzt, 50 Jahre später, begegnen sich die beiden Künstlerinnen wieder im Rahmen einer Ausstellung. Kuratorin Ursula Schnitzer zeigt exemplarisch die jeweiligen Positionen und arbeitet Schnittstellen heraus.hölzl_thusek 2+3 (c) susanne bartaThuseks Biographie ist vielschichtig. Die aus Böhmen stammende und später in Wien aufgewachsene Künstlerin wurde 1939 vom faschistischen Regime nach Meran konfiniert. Man hatte ihr in Mailand, wo sie ihren Mann besuchte, den Pass abgenommen, zu unklar war den Faschisten ihr Lebenshintergrund. Die vielgereiste Gina Klaber Thusek lebte damals eigentlich in London. Wegen ihrer jüdischen Abstammung entschied sie sich 1936 dorthin zu übersiedeln.hölzl_thusek_4 (c) susanne bartaIn London hat sie begonnen sich eine Karriere als Modedesignerin aufzubauen. Mode war ein Thema, „das das Leben von Gina Thusek wie eine Klammer umfasst“, steht im Ausstellungstext zu lesen. Ihr Vater war Leinenweber und so hatte sie schon früh einen Bezug zu Textilien bekommen. Sie gründete ihr eigenes Label „gina“. Klaber Thusek zeichnete und entwarf Mode und Schmuck. Außerdem entwarf sie Strickmode für das Modelabel „Copleys“ aus Manchester. Sehr spannend zu sehen im Rückblick, was sie sich in der Zeit von 1936 bis 1939 in London aufgebaut hat. Was wäre aus ihr geworden, reiste sie nicht 1939 nach Mailand, um ihren Mann zu besuchen? Von einem Tag auf den anderen nahm ihr Leben einen anderen Lauf.hölzl_thusek 5+6 (c) susanne bartaIch bin begeistert von ihren Entwürfen. Einige würde ich sofort tragen wollen. Zum Beispiel die graue Bluse mit weißen Ärmeln und weiß, schwarz, rotem Dessin.hölzl_thusek 7+8 (c) susanne bartaSpäter, nachdem Gina Thusek in den 1950er Jahren die Kunstakademie in Brera besucht hat, beginnt sie auch Mode in Skulptur zu übertragen. Die Beschäftigung mit Mode bleibt, nur der Zugang verändert sich. Ein Raum ist ihrer Beschäftigung mit Mode gewidmet, darüber hinaus sind Objekte, kleine Skulpturen, Fotos, Tagebücher und Erinnerungsgegenstände der Künstlerin zu sehen. Alle Arbeiten von Gina Klaber Thusek werden im Archiv im Palais Mamming aufbewahrt.

Auch Elisabeth Hölzls Werkschau ist vor allem retrospektiv angelegt. Im Mittelpunkt natürlich die Fotografie, ihr bevorzugtes Ausdrucksmittel. Eine meiner Lieblingsarbeiten ist „Desiderio“ (1994): das Wort wird aus Körnern auf einen Marmortisch im Freien „geschrieben“ und den Vögeln überlassen bis nichts mehr da ist, die verschiedenen Stadien fotografisch festgehalten.hölzl_thusek_9 (c) susanne bartaAuch eine Arbeit mit textilem Bezug ist zu sehen. Stoffe sind für Elisabeth Hölzl ein Material, das sie immer wieder als Trägermaterial einsetzt, zum Beispiel in Form von Textapplikation wie in ihrer letzten Arbeit, wo sie ein Tuch bedruckt hat mit einem Zitat aus dem „Faust“. Daraus entstand eine Foto-Serie mit Freunden. hölzl_thusek 10+11 (c) susanne bartaVor allem im Lockdown sei ihr taktiles Arbeiten wichtig gewesen, erzählt sie. Sie habe zum Beispiel Leute gefragt, ihre Wege in der Wohnung nachzuzeichnen, diese Skizzen übertrug sie dann mit einer Nähmaschine auf Stoffe. Diese Arbeit soll im Herbst gezeigt werden.
Kuratorin Ursula Schnitzer hat Räume der Begegnung geschaffen zwischen den beiden Künstlerinnen, bei gleichzeitiger Betonung der Eigenständigkeit der jeweiligen künstlerischen Handschriften. Es ist keine laute, dafür aber tiefgründige Ausstellung. Wenn ihr Gelegenheit habt, schaut sie euch an.hölzl_thusek 12+13 (c) susanne barta

Die Ausstellung „Elisabeth Hölzl, Gina Klaber Thusek, Lichtpausen, lückenhaft“ ist bis 5. Juni 2022 bei Kunst Meran zu sehen. 

Fotos: © Susanne Barta

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