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May 11, 2022

Seads Global – Schuhe für eine bessere Zukunft

Susanne Barta

Espadrilles? Sneakers? Die Schuhe von Seads haben von beiden etwas und dazu noch ein von Anfang bis Ende durchdachtes Kreislaufkonzept. Hergestellt werden sie vor allem aus Abfall: recyceltem Plastik aus dem Meer und Haushaltsplastikabfällen. Gesehen und probiert habe ich die sommerlichen Schuhe das erste Mal auf der Biolife im November 2021 in Bozen. Sie werden nicht nur verantwortungsvoll produziert, sondern sind auch sehr bequem und schauen top aus. Seads-Global-Gründerin Agnes Wagter und ihr Lebensgefährte Holger Ambroselli waren bei GREENSTYLE @ Biolife mit dabei. Beide haben einen engen Bezug zu Bozen, Holger, weil er die inzwischen nicht mehr aktive Marketingagentur Conzepta co-gegründet hat und fast 20 Jahre in Bozen lebte, Agnes – auch sie kommt aus der Marketing- und Kommunikationsbranche –, weil sie zwischen Holland und Bozen ebenso lange pendelte und projektbezogen immer wieder mit Conzepta zusammenarbeitete. „Ich kenne jeden Stein in Bozen“, sagt sie lachend. Heute leben die beiden in Hamburg. Über ihr ambitioniertes neues Projekt spricht Agnes mit Leidenschaft und einer Dringlichkeit, die neugierig macht, mehr über Seads zu erfahren.SEADS_2 (c) seadsAgnes, Lifestyle-Produkte aus recyceltem Meeres-Plastik gibt es bereits nicht wenige. Was hat dich dazu bewogen, hier etwas Eigenes zu starten?

Die Idee ist mir bei einem Spaziergang am Meer gekommen. Warum nicht Beach-Shoes machen, die aus Abfall, also aus Ocean Plastic produziert werden? Dabei aber auch dieses Beach-Gefühl, die Freude an Sommer, Meer und Strand vermitteln? Schon länger hatte ich die Idee, Schuhe für Frauen mit großen Füßen zu machen, ich selbst trage Schuhgröße 43. Aber die Entwicklung meiner Frauenlinie ging nicht so recht weiter. Dieses Projekt kam wie ein Blitz über mich, schon am nächsten Tag habe ich begonnen, Designer zu suchen. Das Thema Plastik in den Meeren war mir bisher wenig bewusst, ich begann zu recherchieren und war entsetzt über die Größe des Problems. Ich verspürte eine nie dagewesene Dringlichkeit hier etwas zu tun, dieses Projekt umzusetzen. Es musste passieren!SEADS 3+4 (c) seadsWie lange hat die Umsetzung dann gedauert?

Ende 2018 hatte ich die Idee, im Mai 2019 fand ich einen Investor und Ende 2019 ging es dann los. Wir haben ein Kreislaufsystem entwickelt, vom Ausgangsmaterial bis zur Wiedereingliederung in den Kreislauf; daran arbeiten wir kontinuierlich weiter.

Der ambitionierte Produkt-Kreislauf ist sehr anschaulich auf eurer Website beschrieben. Funktioniert es schon? Schicken eure Kunden die Schuhe auch zurück?

Bisher bekomme ich nur Rückmeldungen, wie toll die Schuhe sind und wie lange sie halten. Das heißt, unser Anspruch, eine lange Tragedauer zu bieten, funktioniert. Ich habe noch keine abgetretenen Schuhe zurückbekommen. Daher kann ich bisher nur auf die Erfahrungen mit unseren eigenen Tests zurückgreifen. Wir versuchen gerade das Zurückschicken noch besser in unsere Website zu integrieren, diesen Prozess zu automatisieren. Wir entwickeln das mit einem anderen Startup, denn diese Möglichkeit gibt es so noch nicht. SEADS 5+6 (c) seadsIch bin sehr angetan von der Klarheit eurer Website, der Darstellung der Prozesse und schnörkellosen Beschreibung eurer Aktivitäten …

Ich bin natürlich ein Kind des Marketing-Zeitalters, im Sinne von „you know how to blow it up, you know how to make a story”. Ich war nie ein Weltverbesserer, aber auf einmal wurde ich zu einer. Hier war mir klar, ich wollte keine Geschichte daraus machen, sondern musste 100 % ehrlich sein. Das war für mich noch nie so deutlich. SEADS_7 (c) seadsWie werden die Schuhe angenommen?

Es läuft gut, aber von alleine verkauft sich unser Schuh nicht. Unsere Produkte sind relativ teuer, viele Leute sind daran gewöhnt Espadrilles um 15 Euro zu kaufen. Man läuft zwei Wochen in ihnen herum und wirft sie dann weg. So stellen wir uns das nicht vor. Wir versuchen unsere Kunden daher so gut als möglich über unser Produkt und unser Anliegen zu informieren. Für uns sind die Qualität der Schuhe, eine lange Haltbarkeit und natürlich auch das Design sehr wichtig.SEADS 8+9 (c) seadsDie Sneaker-Espadrilles sind auch sehr farbenfroh …

Die Sohle hat die Pantone-Farbe „living coral“, das ist gewissermaßen unsere Trademark, denn wir wollen ja auch erreichen, dass die Korallen überleben. Und ich wollte unbedingt farbige Schuhe machen, einmal weil die Ozeane sehr farbenprächtig sind, aber auch weil viele nachhaltige Designs oft sehr beige daherkommen. 

Wo produziert ihr?

Das Garn für die Oberseite des Schuhs wird in Spanien aus Plastikmüll aus dem Mittelmeer und dem Atlantik hergestellt. Unsere Schuhe sind ja Hybride, oben Sneaker, unten Espadrilles. Wir haben bisher niemanden in Europa gefunden, der unsere Produktionsprozesse kombinieren konnte. Das Obermaterial wird gestrickt, das Fußbett ist aus Jute, die Sohle aus Naturkautschuk. Deshalb haben wir unser Garn nach China gebracht und lassen dort produzieren. China als Produktionsort ist heute sehr negativ besetzt, aber nicht alle produzieren so, wie uns das oft vermittelt wird. Wir haben unsere Fabrik genau angeschaut und sehr gute Produktionsbedingungen vorgefunden. Durch die Pandemie ist vieles viel schwieriger geworden, die Lieferketten sind zum Teil unterbrochen. Die Frage ist jetzt, wie läuft es weiter? Können wir die Produktion nach Europa bringen? Finden wir jemanden, der das wirklich machen kann? Daran arbeiten wir gerade. SEADS_10 (c) seadsWo findet man eure Sneaker-Espadrilles schon?

Bisher verkaufen wir vor allem in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Neben dem Online-Shop sind wir auch in einigen ausgewählten Shops in Holland und in einem Laden in Bochum vertreten. Wir testen noch, wo wir genau hinpassen. Da wir ein globales, saisonales Produkt anbieten, möchten wir am liebsten der Sonne hinterherreisen.

Ein Teil des Gewinns wird an Projekte gespendet, die an Lösungen für das Problem der Plastikverschmutzung arbeiten…

Auch das ist Teil unseres Kreislauf-Denkens. Die letzten Jahrzehnte standen im Zeichen eines sich effizient, rasant und auch rücksichtslos entwickelnden kapitalistischen Wirtschaftssystems. Diese Kette muss durchbrochen werden und ein Teil wieder in den Kreislauf zurückgehen. In dem Sinne, dass nicht der Shareholder-Anteil, sondern der „Weltprofit“ vergrößert wird. Natürlich möchten wir Geld verdienen, aber nicht diejenigen sein, die ausschließlich den Profit einstreichen. Man kann das etwas verschieben in Richtung derjenigen, die bisher kaum etwas davon bekommen haben. Wenn wir das alle tun, machen wir die Welt wirklich besser. Unsere NGO-Spende ist also das, was selbstverständlich zu einem normalen Business Model dazugehören sollte. SEADS 11+12 (c) seadsGleich nach unserem Zoom-Gespräch hat Agnes ein Paar für mich losgeschickt. Auch der Versand-Prozess läuft sehr professionell ab und vor allem zügig. Die Schuhe kommen nachhaltig verpackt in Haus. Seads arbeitet hier mit RePack zusammen – über RePack gibt’s auch eine Story auf diesem Blog. Meine Espadrilles sind in eine hübsche „Fish-Net-Bag“ eingewickelt, die man auch als Einkaufstasche verwenden kann. Während ich diesen Text zu Ende schreibe, trage ich die Schuhe schon.SEADS 13+14 (c) seadsNoch zur Ergänzung: Die Seads Sneaker-Espadrilles gibt es in drei Style-Varianten und 12 Farben. Sie sind zertifiziert, von OEKO-TEX®, Global Recycled und der Seaqual-Initiative. Ich empfehle auch die Website zu besuchen, da gibt es über Produktinformationen hinaus (auch eine Pflegeanleitung gibt’s), viel Info über das Problem der Plastikverschmutzung.SEADS 15+16 (c) seadsDer Sommer steht vor der Tür. Die Seads Sneaker-Espadrilles warten darauf getragen zu werden! Eine Auswahl findet ihr jetzt auch im Kauri Store.SEADS 17+18 (c) seads

Fotos: (1–16, 18) © Seads; 17 © Susanne Barta

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