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February 14, 2022

Vienna Calling? – Anna Rubner connectet

Eva Rottensteiner

Sie malen, sie sprechen, sie schreiben, sie fotografieren, sie experimentieren, sie musizieren, sie künstlern. Fernab vom Brenner. Um in Wien zu Stadtkindern zu werden. Was sie dort treiben, wie sie leben, warum sie den Bergen, dem Aperol und den Äpfeln den Rücken gekehrt haben. „Vienna Calling?“ ist eine Porträtreihe über Südtiroler Kunst- und Kulturschaffende in Wien. Und weil die Kunst Assoziationen spinnt und verwebt, stellen wir unseren Gästen ausnahmsweise mal keine Fragen, sondern Wörter. Sie dürfen assoziieren und wir in ihre Köpfe eintauchen.   

Anna Rubner, 28, aus Kiens (Pustertal) lebt seit 2016 in Wien und arbeitete zunächst in der Modebranche, u. a. für Petar Petrov. Mit ihrer Freundin Chairs betreibt sie jetzt einen Showroom für Vintage-Designer-Möbel. 2017 hat sie gemeinsam mit Charlotte Busch und Saskia Gebert das Kollektiv WET gegründet, das Parties für queere Frauen* veranstaltet. 

DYKES

Anna Rubner: Was „Dyke“ für mich bedeutet? Früher war „Dyke“ ein homophober Begriff für eine Frau, die sich gern maskulin oder androgyn anzieht und so aussieht. Heute verwenden viele lesbische Frauen den Begriff für sich oder andere. Ich weiß nicht, ob ich mich als „Dyke“ bezeichnen würde, manchmal vielleicht, aber ist  auch nicht so wichtig, wie ich finde. Ich würde mich ungern von anderen in eine Schublade stecken lassen. Leider gibt es immer noch zu viele Leute, die rein auf Basis des Aussehens, der Kleidung, Hautfarbe oder Religion eines Menschen über andere urteilen. Ihnen Sexualität oder Geschlecht zuschreiben, weil es rein optisch für sie zum Gesamtbild passt oder eben in in eine Schublade.

drei Frauen posieren in riesiger Säulenhalle

SEX POSITIVITY

Anna Rubner: Meine Sexualität annehmen und ausleben kann ich erst, seitdem ich mir selber eingestanden habe, dass ich lesbisch bin. Bis 17 war ich in Beziehungen mit Typen und hab mir nicht viel dabei gedacht, außer, dass mir Sex nicht so Spaß macht wie anderen in meinem Alter. In Südtirol war das ja schließlich auch nicht wirklich eine Option, oder zumindest habe ich das so empfunden. Mit 17 habe ich dann eine Frau kennen gelernt, in die ich mich verliebt habe. Am Anfang war das sehr fremd und beängstigend, da es auch für mich komplett überraschend kam. Aber was ich sofort wusste, ist, dass es sich richtig anfühlte. Meine Sexualität zu finden und anzunehmen hat für mich eine große Rolle gespielt, weil ich erst dann wirklich ich sein konnte und mich, seitdem ich dazu stehe, auch sehr dadurch identifiziere. Deshalb habe ich mit zwei Freundinnen 2017 das Kollektiv WET Vienna gegründet. Wir veranstalten Techno-Parties von Frauen* für Frauen* in Wien und Berlin und versuchen mit dem Projekt einen Safe Space für uns und andere queere Menschen zu schaffen, in dem sich jede*r wohlfühlen kann. Dabei spielt auch Sex eine wichtige Rolle. Man geht feiern, will vielleicht wen kennenlernen oder kommt einfach nur zum Tanzen. 

AKTIVISMUS

Anna Rubner: Ich glaube, viele Dinge, die man macht, sind gewollt oder ungewollt auf irgendeine Art politisch oder aktivistisch. WET ist auch irgendwo politisch, weil wir versuchen, mit unseren Parties etwas zu verändern. Auch wenn es nur ein kleiner Schritt ist. Selbstdarstellung kann auch aktivistisch sein. Instagram zum Beispiel, love it, but hate it… Trotzdem ist es leider schwer ohne. Ich finde es schlimm, wie Frauen auf Instagram sexualisiert werden. Sobald ein Mini-Stück Nippel zu sehen ist, wird der Post gelöscht, auch wenn er nicht annähernd einen sexuellen Kontext hat. Dass Frauen sexualisiert werden, passiert andauernd und das ist ein, von der Gesellschaft gemachtes Problem. Ich für meinen Teil will mein Shirt ausziehen können, wenn ich schwimmen geh und mich nicht dafür schämen müssen. Wir glauben oft, dass wir im Jahre 2022 so fortschrittlich sind. Trotzdem gibt es noch so viele Kämpfe, wie Black Lives Matter, Ehe für alle oder das Recht auf Abtreibung, für die wir auf die Straße gehen müssen.

EXZESS

Anna Rubner: Manche Menschen würden mein Leben vielleicht als exzessiv bezeichnen (hauptsächlich Leute, die mich nur von Instagram kennen). Ich kann das nicht wirklich beurteilen. Für mich ist es normal, deshalb stelle ich mir die Frage nicht, inwiefern ich exzessiv bin, oder ich habe sie mir zumindest bis jetzt nicht gestellt. Ich geh arbeiten, treffe Freunde und ja, am Wochenende gehe ich feiern and I love it!  Ich würde schon sagen, dass ich eher auf das Extreme stehe.

weiße Lampe und gläserne Beistelltische vor einer beleuchteten Backsteinwand

MODE

Anna Rubner: Ich mag Mode und ich finde sie lässt einem großen Spielraum sich vielseitig auszudrücken. Nach meiner Modeausbildung in Deutschland habe ich von 2016-2021 auch in dem Bereich gearbeitet, hab dann aber recht schnell gemerkt, dass ich nicht wirklich was eigenes in diese Richtung starten will. Möbel und Möbeldesign sowie Architektur und Inneneinrichtung haben mich immer schon interessiert, daher haben sich meine Freundin Chairs und ich Anfang diesen Jahres selbstständig gemacht und gemeinsam Afterhour Furniture gegründet, ein Showroom in Wien, in dem wir Vintage-Designer-Möbel verkaufen. Vorbeikommen ist jederzeit nach Terminvereinbarung möglich.

Foto: (1) Sophie Köchert, (2) Claudio Campo Garcia (2019), (3) Anna Rubner

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