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January 5, 2022

Slow-Fashion-Vorschläge für das neue Jahr

Susanne Barta

Letzte Woche gab’s hier neben Fashion-Standortbestimmungen und -Ausblicken, auch einige Outfits für einen pandemiebedingt etwas ruhigeren Neujahrsabend. In diesen Tagen habe ich mir überlegt, was ich fashionmäßig empfehlen möchte für das neue Jahr und mir auch selbst vornehme. Ich gestehe, ganz auf Konsum verzichten kann und will ich nicht. Erstens, weil ich Abwechslung einfach mag, zweitens, es viele wunderbare Kleidungsstücke gibt und drittens, ich kleine (nachhaltige) Brands/Projekte gerne unterstütze. Aber ich orientiere mich an einigen Grundsätzen:

Secondhand rules!
Es gibt so tolle Secondhand-Stücke. Man muss nur etwas Geduld haben und sich umschauen. In Secondhand-Stores in der eigenen Stadt (in Bozen Kleopatra, Secondhandmarkt Dreiheiligenkirche, Crea.S und nowherevintage), auf Online-Plattformen (zum Beispiel Vestiaire Collective, Imparfaite Paris) und am liebsten auf Reisen, in großen Städten und anderen Ländern. Kleopatra Karin Klammsteiner (c) Susanne Barta 02

Shop your own closet!
Diesen Grundsatz nehme ich mir seit vielen Jahren zu Herzen. Ich ordne zwei- bis dreimal im Jahr meinen Kleiderschrank (+ Kleiderstangen, Schubladen, Regale, Schuhregale …) um, räume saisonale Kleidungsstücke weg, auch Stücke, die ich mal nicht so gerne trage. In der passenden Saison räume ich sie wieder hervor, oft auch erst nach einigen Jahren. Immer wieder entdecke ich so etwas „Neues“ und trage es wieder gerne – und wenn nicht, gebe ich die Sachen weiter. 

Play!
Die meisten von uns haben ja mehr als genug Zeug zuhause. Meist aber ziehen wir nur einen Teil davon wirklich regelmäßig an. Mein Vorschlag: tief reingraben in die Schränke und neue Kombinationen ausprobieren. Zum Beispiel: eine Hose oder einen Rock raussuchen und damit mindestens fünf verschiedene Styles zusammenstellen. Ihr werdet überrascht sein, wie viele (neue) Outfits ihr für euch (er-) findet.GREENSTYLE x Fairnica Kapsel (c) Susanne Barta

Mode mieten/leihen!
Habt ihr das schon mal ausprobiert? Ich kenne einige junge Leute, die das machen und richtig gut finden. Ich selbst bin noch nicht so drin in der Mode-Miet-Welt. Da ich meine Sachen meist sehr lange trage, möchte ich sie auch haben. Aber Mirjam und ich haben für das Miet-Portal Fairnica eine GREENSTYLE-Kapsel zusammengestellt. Die Kapsel Pauline besteht aus fünf Teilen, channeling French Chic, und ist vielfältig kombinierbar. Ich trage die Stücke mit viel Vergnügen auch selbst.

Wenn was Neues, möglichst gut kaufen!
Keine Fast Fashion. Besser Slow Fashion. Und möglichst keine Mischgewebe (ein höherer Polyamid-Anteil kann bis dato nicht recycelt werden). Bei kleinen nachhaltigen Brands einkaufen. Zur Orientierung könnt ihr auf solche Aspekte achten: lokale Produktion, kleine Manufakturen, zeitlosere Styles, transparente Lieferkette, (zertifiziert) faire Produktion, das heißt gerechte Löhne werden bezahlt, (zertifiziert) nachhaltige Materialien, handwerkliche Qualität …

Kopf einschalten!
Die berühmt-berüchtigten (Belohnungs-) Impulskäufe haben mich früher immer wieder mal reingelegt. Selten war das Teil, das ich dann gekauft habe, eine längerfristige Liebesgeschichte. Das versuche ich wirklich zu vermeiden. Ich habe zum Beispiel begonnen eine Liste zu schreiben von Kleidungsstücken, die ich in den nächsten Jahren gerne in meine Garderobe integrieren möchte: ein Paillettenoberteil, eine Military-Jacke, kniehohe flache Stiefel, einen weichen, großen Anorak. Meistens begegnen mir diese Stücke auch irgendwann. Ich finde sie zum Beispiel Secondhand oder bekomme was von einer Freundin oder entdecke sie bei einer (kleinen) Brand und weiß dann, dass ich viele Jahre daran Freude haben werde. Wenn ich etwas sehe, das mir spontan gefällt, überlege ich mir, ob das Teil einen Unterschied macht in meinen Ausdrucksmöglichkeiten, ob ich es vielfältig kombinieren kann mit dem, was ich bereits habe, und ob ich es wirklich „brauche“ oder eigentlich nicht.

(c) Arket 05Das, was ich mit alldem sagen möchte: Es geht nicht um ein perfektes Konsumverhalten, den totalen Verzicht oder ständig schlechtes Gewissen. Es geht darum, (ein bisschen) besser zu verstehen, welche Konsequenzen unsere Handlungen haben und wer den Preis für unseren überbordenden Konsum zahlt. Das hat mich vor einigen Jahren auch auf meine persönliche nachhaltige Modereise gebracht. Ich wollte mehr wissen, besser verstehen, die Zusammenhänge begreifen. Das viele Lesen und Recherchieren über das System Mode, dann aber auch das bewusste Experimentieren mit dem, was ich schon hatte in meinem Kleiderschrank, haben mein (Konsum-) Verhalten verändert. Und ich merke heute: Da gibt es kein Zurück mehr.

Für einen guten Mode-Start ins neue Jahr habe ich auch einige Hör- und Lektüre-Tipps für euch zusammengestellt:
Habt ihr das Interview gelesen, das ich mit Nick Johannessen über seinen Podcast Garmology gemacht habe? Sehr interessant, was Nick zu sagen hat. Und hier noch ein weiterer Podcast: Manufactured. A podcast about sustainability and the making of fashion.FOGS (c) Susanne Barta

FOGS Green Style Magazin: In der aktuellen Ausgabe mit Schauspielerin Anna Maria Mühe auf dem Cover, geht’s um Balance, Gelassenheit und Selbstliebe, um traditionelle Handwerkskunst, nachhaltige Schönheitspflege, tolle Unterwäsche, Kulinarik und vieles mehr. Auch ein Green City Guide Dolomiten/Südtirol ist dabei. Chefredakteurin Anja Woertge schreibt in ihrem Vorwort: „Zum Ende des Jahres ist vielleicht noch nicht alles wieder normal, aber es ist die richtige Zeit, einmal innezuhalten, sich umzusehen, was wir vielleicht gewonnen haben, den Blick nach innen zu richten, unsere Stärke wiederzufinden und ,Ja‘ zu sagen zu dem, was immer uns im neuen Jahr erwarten mag.“

Und hier noch einige interessante Buchtipps:

DE
Kirsten Brodde & Alf Tobias Zahn: Einfach anziehend. Der Guide für alle, die Wegwerfmode satthaben; oekom Verlag
Magdalena Schaffrin und Ellen Köhrer: Fashion Made Fair. Modern Innovativ. Nachhaltig; Prestel

IT
Marina Spadafora, Luisa Ciuni: La rivoluzione comincia dal tuo armadio; Solferino
Dario Casalini: Vestire buono, pulito e giusto. Per tornare a una moda sostenibile; Slow Food Editore

EN
Orsola de Castro: Loved Clothes Last. How the Joy of Rewearing and Repairing your Clothes can be a Revolutionary Act; Penguin
Kate Sekules: Mend! A Refashioning Manual and Manfesto; Penguin
Elisabeth L. Cline: The Conscious Closet: The Revolutionary Guide to Looking Good While Doing Good, Plume Books
Elisabeth L. Cline: Overdressed: The Shockingly High Cost of Cheap Fashion
Clare Press: Wardrobe Crisis: How We Went From Sunday Best to Fast Fashion; Nero
Dana Thomas: Fashionopolis: The Price of Fast Fashion and the Future of Clothes by Dana Thomas; Penguin
Kate Fletcher: Sustainable Fashion and Textiles. Design Journeys; Routledge(c) Susanne Barta 08

Have a great 2022!

Fotos: (1) © Jingda Chen/unsplash; (2) © Susanne Barta – mit Karin Klammsteiner in ihrem Secondhand Store Kleopatra; (3, 4) © Susanne Barta – die GREENSTYLE x Fairnica Kapsel könnt ihr mieten; (5) © Arket – sowas in die Richtung hätte ich sehr gerne!; (6–8) © Susanne Barta.

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Comments

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There are 2 comments for this article.
  • Roland Novak · 

    Wenn ich darf, hier noch meine Ansätze: mehr made to order, d.h. Stücke, die man anhand einer Vorlage und/oder eines Samples auswählen kann und für die eigenen Maße in einer Auswahl von Stoffen machen läßt. Scott Fraser und Lanefortyfive sind dafür interessante Beispiele. Und dann eine vertrauensvolle Beziehung zum Geschäft deines Vertrauens und dort eventuell Stücke vorbestellen. Reduktion von Überproduktion. Danke wie immer für deine Inputs ????