Fashion + Design > Fashion

December 29, 2021

Fashion Status Quo und Slow Fashion New Year’s Outfits

Susanne Barta

2021 geht dem Ende zu, 2022 liegt in den Startlöchern. Viele gehen vermutlich mit gemischten Gefühlen in dieses neue Jahr. Ich auch. Nach bereits mehrfachen Absagen von Veranstaltungen im Sustainable-Fashion-Bereich, wurde knapp vor Weihnachten nun auch die internationale nachhaltige Modemesse und Plattform Neonyt abgesagt. Die Neonyt, die bisher in Berlin angesiedelt war, sollte im Januar 2021 das erste Mal im Rahmen der neuen Frankfurt Fashion Week stattfinden – ging leider nicht. Auch der Juli-Termin war nur virtuell möglich und nun die dritte pandemiebedingte (Teil-)Absage – auch die Frankfurt Fashion Week ist seit ihrer Gründung noch nicht richtig gestartet. Das ist für die Messeveranstalter, für viele kleine nachhaltige Brands, für Plattformen wie die GREENSTYLE, aber auch für uns nachhaltige Fashion-Journalisten, Ambassadors, Activist*innen, Influencer*innen etc. ein großes Problem. Virtuell kann analoge Begegnungen nicht ersetzen. Aber so ist es nun mal derzeit und es gilt das Beste daraus zu machen.Neonyt, Messe Frankfurt 2_neonyt_jan20__DSC8895_presseDie (nachhaltige) Modeindustrie wurde von der Pandemie hart getroffen, darüber habe ich hier schon des Öfteren berichtet. Vor allem in den Produktionsländern des Globalen Südens waren die Folgen zum Teil dramatisch. Ob die Modeindustrie gelernt hat aus den Pandemieerfahrungen? Da gehen die Meinungen auseinander. Der anfänglich etwas zurückgegangene Konsum ist mit voller Wucht zurückgekommen. „Revenge Shopping“ ist für mich eines der hässlichsten Wörter in diesem Zusammenhang. Die größten Gewinner 2021 waren Sportbekleidungsmarken, Luxusunternehmen und chinesische Unternehmen, habe ich gelesen. Erst kürzlich ist der von McKinsey und Business of Fashion (BoF) erstellte Bericht „The State of Fashion 2022“ erschienen. Seit sechs Jahren wird diese Standortbestimmung der Modeindustrie mit Blick in die Zukunft einmal jährlich erarbeitet und dieser Ausblick klingt recht optimistisch: „Die globale Modeindustrie war mit außergewöhnlich schwierigen Bedingungen konfrontiert. Doch nach fast zwei Jahren beginnt die Branche, wieder auf die Beine zu kommen … Trotz weit verbreiteter Beeinträchtigungen der Betriebsabläufe hat die Pandemie die Megatrends, die die Branche umgestalten, kaum gebremst. Diese haben sich im vergangenen Jahr sogar noch beschleunigt, da die Branchenführer mutige Schritte im digitalen Bereich unternommen, Maßnahmen in Bezug auf ökologische und soziale Prioritäten ergriffen und sich stärker auf Vielfalt, Gerechtigkeit und Integration konzentriert haben.“Neonyt, Messe Frankfurt 3_neonyt_jan20__DSC9497_presseIm täglichen Newsletter von BoF war kürzlich zu lesen: „Wenn 2020 das Jahr war, in dem die Pandemie die Modebranche zum Stillstand brachte, so brachte das Jahr 2021 eine neue Dringlichkeit für die Bemühungen der Branche, sich zu bessern. Klimarisiken und Verstöße gegen Arbeitsrechte in den Lieferketten waren ein großes Thema.“ Aber wie der erste BoF-Nachhaltigkeitsindex konstatiert, klaffe immer noch eine große Lücke zwischen den Zusagen und der tatsächlichen Umsetzung. Als positive Anzeichen, dass die Industrie in die richtige Richtung unterwegs ist, werden gewertet: „Große Brands und Start-ups haben sich auf den Weg gemacht, um innovative Materialien auf den Markt zu bringen, spezialisierte PR-Firmen gehen gegen Greenwashing vor, und auch die Frage nach den Auswirkungen von Verpackungen findet immer mehr Beachtung“. Dennoch blieben große Herausforderungen bestehen, nicht zuletzt der Hang der durchaus umweltbewussten Gen-Z-Konsumenten zu Fast Fashion und die Notwendigkeit für die Brands, mehr Geld in die Hand zu nehmen, um die Branche nachhaltiger zu machen. Im kommenden Jahr werde die Branche wahrscheinlich größere Veränderungen vornehmen müssen, um sich dem wachsenden Druck und der behördlichen Kontrolle ihrer ökologischen und sozialen Auswirkungen anzupassen.

Auf der GREENSTYLE Website findet ihr gut zusammengefasst einige Key-Insights der Studie. „The State of Fashion 2022“ könnt ihr hier herunterladen.Markus Spieske unsplash 4_markus-spiske-BTKF6G-O8fU-unsplashDas, was jedoch kaum thematisiert wird in sämtlichen Branchenberichten, ist die Notwendigkeit der Veränderung der Businessmodelle. Denn da geht es um die Profite der Stakeholder und bisher ist (fast) niemand bereit zurückzustecken. Vor kurzem habe ich mit dem Klimaforscher Georg Kaser telefoniert, ich wollte wissen, wie wir unseren Lebensstil verändern müssten, um die Möglichkeit, das 1,5-Grad-Ziel doch noch zu erreichen, zumindest nicht unversucht zu lassen. Georg Kaser redet nicht um den Brei herum, es gehe darum den Konsum zu stoppen, nichts mehr einzukaufen und das aufzubrauchen, was wir haben – um dann zu schauen, wie wir in einen völlig neuen Kreislauf kommen können, in Bezug auf Produktion und Verbrauch.

Für den Jahresausklang habe ich einige Slow Fashion Outfits für euch zusammengestellt. Slow Fashion gefällt mir als Begriff fast besser als Sustainable Fashion muss ich sagen. Ich habe tief in meinem Kleiderschrank gegraben und einiges herausgesucht, was ich schon sehr lange habe und immer wieder trage. Da von größeren Partys ja pandemiebedingt abgeraten wird bzw. die gar nicht erlaubt sind, drei Styling-Vorschläge für das kleine festliche Format unter dem Motto „casual rules“. Ich kann die Lust nach körperbetonten, auffälligen Outfits theoretisch nachvollziehen – nach einer langen Jogginghosen-Periode, wieder ein Statement zu setzen –, persönlich finde ich die gerade in jedem Magazin abgebildeten Mikro-Kleider und Tops mit Cut-outs an jeder erdenklichen Stelle, eher doof. Well, jede wie sie möchte.1 (c) Susanne Barta Foto_1 Slow Fashion New Year’s Outfits

Dinner at home alone
Immer gut dabei zu haben: einen Anker, Self-Care-Unterwäsche und (ent-) spannende Lektüre, hier von Agatha Christie.
Pullover: Maglioficio GRP, gefunden bei Sublime, mein Weihnachtsgeschenk an mich.
Quiltet Skirt: vor vielen Jahren in New York bei Uniqlo gekauft
Pumps: Secondhand Roger Vivier @ vestiaire collective
Strümpfe mit Glitzersteinen: alt, Calzedonia
Armband: alt, Moschino x H&M
Nicht sichtbar ist die Seiden-Unterwäsche von Oscalito

2 (c) Susanne Barta Foto_1 Slow Fashion New Year’s Outfits

Dinner for two
Pailletten und Smoking für den Glam, Jeanshemd und Rolli für den Komfort. 
Leggings: Secondhand, vor über 15 Jahren von meiner Schwester bekommen
Rolli aus Seide: Oscalito 
Jeanshemd: Leandra Cohen x Closed
Smokingjacke: Dreiheiligen-Secondhandmarkt Bozen
Schuhe: über 10 Jahre alt, Chloe
Ohrringe: Cos

3 (c) Susanne Barta Foto_1 Slow Fashion New Year’s Outfits

Dinner with a few friends
Mein einziges richtiges, sprich langes, Abendkleid mal wieder im Einsatz! Was wäre ein Sylvester-Abend ohne Sterne? 
Seiden-Abendkleid: alt, Max Mara
Balaclava: Leandra Cohen x Closed
Tasche: Chanel (vor Ewigkeiten von meiner Schwester bekommen)
Sneakers: Nike Air Max 90 NRG Bacon (2021), designed my brother-in-law, the fabulous Dave Ortiz
Ohrringe: Cos

4 (c) Susanne Barta Foto_1 Slow Fashion New Year’s Outfits

Dinner with a date
Am besten gleich ein Statement setzen, dass „klassische Weiblichkeit“ nicht zu erwarten ist. 
Strickkleid: Weihnachtsgeschenk vor vielen Jahren
Jacke: Dreiheiligen-Secondhandmarkt Bozen
Strümpfe aus Bambus: thought
Sling-Pumps: alt, Zara
Gürtel: Chanel
Kette/Armband: Atelier Kompatscher; das Tolle daran: man kann Kette und Armband zu verschiedenen Kettenvarianten verbinden
Ring: PomPom, Pauli und Leni Smend

 

Ich wünsche euch ein gutes Neues Jahr!!!

 

Fotos: (1) © Susanne Barta; (2, 3) © Neonyt, Messe Frankfurt; (4) © Markus Spieske/unsplash; (5–12) © Susanne Barta

Print

Like + Share

Comments

Current day month ye@r *

Discussion+

There are 2 comments for this article.

Related Articles