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October 21, 2021

Was wir aus der Geschichte eines Weißbrots lernen

Brigitte Egger

Vergangene Woche ist im luftschacht Verlag Toubab im Senegal erschienen – die zweite Graphic Novel des Illustrators und Graphikers Patrick Bonato. Darin erzählt der Innsbrucker nicht nur die Geschichte der Hauptfigur Toubab, sondern auch seine eigene: Vor fünf Jahren ist Bonato zusammen mit seiner Partnerin für einen dreimonatigen Artist-in-Residence-Aufenthalt in die senegalesische Kleinstadt Saint-Louis aufgebrochen. Die kulturellen Unterschiede zum Leben in Österreich könnten größer nicht sein, die sprachlichen Barrieren vermitteln ein Gefühl der Hilflosigkeit und Fremdheit, und die Tatsache, dort als „Weiße“ aufzufallen, bringt die westlichen Künstler:innen häufig in Situationen, die nicht immer leicht auszuhalten sind.

Patrick Bonato pb_by_nicolas_hafele_500px_500

Patrick Bonato entwirft in seiner Graphic Novel ein selbstironisches Portrait eines weißen Künstlers, der sich erst einmal in dieser ihm fremden Umgebung zurechtfinden muss und sich dabei mitunter sehr tollpatschig anstellt. Der Künstler trägt den Namen „Toubab“, was wortwörtlich „Weißbrot“ bedeutet und eine gängige Bezeichnung für Weiße im Senegal darstellt. „Mit dieser Geschichte wollte ich mit den heroischen Erzählungen von Weißen in Afrika brechen und veranschaulichen, wie verloren und aufgeschmissen der Europäer ohne Hilfe in diesem Land ist“, so Bonato, der mit seinem Buch einen Gegenentwurf zu den früher, teils stark rassistischen Comics weißer Künstler – wie beispielsweise die Ausgabe Tim im Kongo aus der Reihe Tim und Struppi des belgischen Zeichners Hergé – präsentiert. „Mit Toubab setze ich dem Tim eine realistische Figur entgegen und drehe das Überlegenheitsverhältnis um“. Dennoch stellte das Projekt für Bonato gerade aufgrund des sensiblen Themas Rassismus eine große Herausforderung bei der Umsetzung dar: „Meine Ausgangssituation ist jene: Ich bin ein weißer, privilegierter Mann aus Europa, der jetzt im 21. Jahrhundert über ein afrikanisches Land berichtet. Ich musste da erstmal einen Weg finden, der noch gangbar ist. Es ist gar nicht so leicht, hierbei als weißer seine Position zu finden.“ Bonato hat sich schließlich für den Weg des Humors entschieden, der viel Spielraum und Interpretation zulässt, allerdings auch die Gefahr in sich trägt, falsch verstanden zu werden.

Patrick Bonato Toubab tbb_24-25

Ein Anliegen des Buchautors war es jedenfalls, mit seiner Geschichte zu veranschaulichen, dass man als Weiße:r auch einiges von den Senegales:innen lernen kann und trotz privilegierter Situation in diesem Land mit einer überheblichen Haltung nicht weit kommt. Nicht nur das ist dem Illustrator in seiner Graphic Novel gelungen, sondern zugleich vermittelt er mit diesem künstlerischen Werk westlichen Leser:innen auch Wissen über den Senegal, dessen Kultur und Sprache. „Es war mir wichtig, auf unseren eurozentrischen Blick aufmerksam zu machen und ein Land in den Mittelpunkt zu stellen, über dieses hier kaum jemand etwas weiß“.

Die Graphic Novel ist nun offiziell draußen und in Innsbrucker Buchhandlungen sowie im Webshop von Patrick Bonato erhältlich. Wir können das Buch jedenfalls empfehlen und sind froh darüber, nun auch ein Bild über den Senegal im Kopf zu haben. Ein Land, von dem wir nun aufgrund Toubabs nicht so schnell vergessen werden, wo es denn genau liegt. „Baax na“ (Es ist gut) und „Rafet na“ (Das ist schön) – um noch mit ein paar Wörtern auf Wolof, der senegalesischen Hauptsprache, abzuschließen.

Bilder: (1+3) Patrick Bonato; (2) Patrick Bonato by Nicolas Hafele 

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