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October 13, 2021

Für eine bessere Welt

Susanne Barta

Sicher kennt ihr OEW, die Organisation für Eine solidarische Welt. Das jahrzehntelange Engagement des Vereins für soziale, gesellschafts- und bildungspolitische Themen ist im Laufe der Zeit aus der Nische in die Mitte der Südtiroler Gesellschaft gerückt. Ich denke, das kann man so sagen. Die OEW, lese ich in den Statuten, orientiert sich an der Ethik des Buen Vivir, die das Gute Leben aller Menschen auf dieser Einen Welt im Blick hat. Die Organisation ist politisch unabhängig, verfolgt keine Gewinnabsichten und dient ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken. Auch im Bereich nachhaltiger und fairer Bekleidung bietet die OEW einige interessante Projekte an. Ich habe darüber mit Franziska Blaas gesprochen, die 24jährige betreut vorübergehend den Bereich „Bewusster Konsum“.OEW – Organisation für Eine solidarische Welt Foto_2_oew

Da gibt es zum Beispiel die (Schul-) Info-Broschüre „Von der Baumwolle in unseren Kleiderschrank“. Man erfährt zunächst einiges über die Geschichte der Baumwolle, dann wird die lange und überaus problematische Reise einer Jeans erzählt – vom Anbau der Baumwolle, übers Spinnen, Weben, Färben, Veredeln und Nähen, über die Waschung, das Made-in, bis zum Verkauf und zur Altkleidersammlung. Exemplarisch wurde eine solche Reise nachgezeichnet, auch ich konnte es kaum glauben: Da kamen 44.310 Kilometer (Luftlinie) zusammen! Die Reise ging von Indien, Türkei, Taiwan, China, Polen, Bulgarien, Bangladesch, Frankreich, Italien bis nach Deutschland. Eine globale Lieferkette eben. Thematisiert werden in der Broschüre auch die Arbeitsbedingungen der Textilarbeiter*innen, die Umweltkosten und es wird eine Orientierungshilfe gegeben, um sich im Label-Dschungel halbwegs zurechtzufinden. Interessiert? Die Broschüre solltet ihr euch besorgen. 

Für Schulen werden u. a. mehrstündige Workshops angeboten, da gibt es zum Beispiel neben dem Jeans-Koffer, auch den Plastik-, Kosmetik- und Kolonialismus-2.0-Koffer oder einen Upcycling-Workhop.Susanne Barta Foto_3_su

Wart ihr heuer auf der Ecotex in Klausen? Auch diese Initiative geht von der OEW aus. Die Ecotex ist ein Markt für faire und ökologische Mode, der gemeinsam mit der Wirtschaftsgenossenschaft Klausen und anderen Partnern veranstaltet wird, heuer bereits zum zweiten Mal. Dass es Südtirols einzige faire und ökologische Textilmesse ist, stimmt aber nicht ganz. Denn im Rahmen der Biolife findet heuer vom 5. bis 7. November zum zweiten Mal der „GREENSTYLE home of sustainable fashion“-Pop-up-Auftritt statt: GREENSTYLE @ Biolife präsentiert 14 nachhaltige Brands, eine kleine Auswahl an Secondhandmode und stellt alternative Konsumkonzepte vor. Die Messe Bozen ist verstärkt dabei, nachhaltig und fair produzierte Mode zu pushen, und bietet im Rahmen der Messe auch Repair- und Upcycling-Workshops an, schaut da unbedingt ins Biolife-Event-Programm hinein. Auch die OEW ist auf der Biolife dabei, u. a. mit einer Ausstellung, die hinter die Kulissen der Textilindustrie blickt. Die Schau gibt anschaulich auf 10 übergroßen T-Shirts Informationen zur globalen Modeindustrie, etwa wie viel Näher*innen in Bangladesch verdienen, wo Baumwolle angebaut und wie viele Pestizide verwendet werden, welchen Weg ein T-Shirt zurücklegt bis es in unserem Kleiderschrank landet …

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Die OEW veranstaltet regelmäßig Repair Cafés in Brixen und Bozen und bietet mit Kleidertausch-Partys Möglichkeiten an, die eigene Garderobe unkompliziert und kostengünstig aufzupeppen. Vor kurzem wurde auch das REX – Material und Dinge in Milland eröffnet, ein Projekt, das 2021 auf Initiative engagierter Brixner Bürger*innen entstand – in Zusammenarbeit mit der OEW und dem Haus der Solidarität – und von Julia Vontavon geleitet wird. REX sammelt Materialien und Dinge und gibt sie gegen eine Spende zur Wiederverwertung weiter. Da ist allerhand zu finden, von Bastel- und Restmaterialien, über Stoffe, gebrauchtes Mobiliar und andere Gegenstände, pre-loved Taschen und vieles mehr. „Der Ansturm ist groß“, sagt Franziska Blaas. Hinter dem REX steht ein ganzheitliches Recyclingkonzept, will heißen, es wird versucht den Lebenszyklus von Gebrauchsmaterialien und -gegenständen zu verlängern.

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Franziska, haben sich die Aktivitäten der OEW im Bereich nachhaltiger und fairer Textilien aus der Auseinandersetzung mit dem Thema bewusster Konsum entwickelt?

Grundsätzlich geht es im Bereich „Bewusster Konsum“ darum, darauf zu schauen wie ich mit meinem Konsumverhalten, vor allem als Bürger*in im Globalen Norden, meine Mitmenschen im Globalen Süden und die Umwelt beeinflusse. Da widmen wir uns verschiedenen problematischen Gütern und Produkten wie Kakao, Kaffee, Bananen oder auch Textilien. Wir möchten informieren und zeigen, dass es faire Alternativen zum herkömmlichen Konsum gibt. Vor zehn Jahren waren zum Beispiel Kleidertausch-Partys noch nicht denkbar. Bereits getragene Kleidung war kein Thema, mittlerweile ist es richtig trendy geworden. Es gibt bereits viel zu viel Kleidung und es wird ständig mehr. 14 kg Kleidung werden in Italien durchschnittlich pro Kopf gekauft, der weltweite Durchschnitt liegt bei 5 kg. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass Italien ein Modeland ist. Uns geht es darum, einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen zu fördern.

Welchen Stellenwert hat Mode für dich als junge Frau?

Auch ich bin in einer Gesellschaft aufgewachsen, wo man etwas weggeworfen hat, wenn es kaputt war. Es war sogar so, dass man die, die etwas geflickt haben, eher belächelte. Während meines Studiums in Wien bin ich erstmals richtig mit Secondhand in Kontakt gekommen, auch habe ich begonnen, mich bewusster mit meinem Konsumverhalten auseinanderzusetzen. Heute kaufe ich sehr wenig ein, habe meinen Look – am liebsten eine einfarbige Hose und ein T-Shirt. Auch mit einfachen Sachen kann ich mich schön kleiden, es braucht nicht viel Schnickschnack. Über die Jahre hat sich genügend angesammelt und ich habe mich daran gewöhnt, mit dem auszukommen, was ich habe. Ab und zu gönne ich mir etwas, wobei ich darauf achte, dass es fair produziert wurde.OEW – Organisation für Eine solidarische Welt Foto_6_oew

Du hast mir erzählt, dass du weiterstudieren wirst. Wird dich das Thema nachhaltiger Konsum auch nach deiner Arbeit bei der OEW begleiten?

Ganz sicher. Das ist ja ein Lebensstil, den man für sich entwickelt, und es wäre heuchlerisch, wenn man dafür plädiert und es selbst nicht lebt. Ich glaube daran, dass man mit seinem Konsumverhalten Einfluss nehmen kann.

Beobachtest du, dass sich da etwas verändert, die Leute sensibler werden für diese Themen?

Ich habe schon das Gefühl, dass sich etwas verändert. Wenn ich zum Beispiel in meinem Freundeskreis schaue, da gibt es einige, die ihr Konsumverhalten verändert haben. Mittlerweile hört man ja Schlagwörter wie Nachhaltigkeit und bewusster Konsum fast überall. Manches ist wahrscheinlich auch nur Greenwashing von großen Modeketten, als Konsument*in man muss man da schon genau hinschauen. Aber alles, was in diese Richtung gemacht wird, hat auch eine Wirkung. Faire Mode kann wirklich schön sein, das ist wichtig zu verstehen.OEW – Organisation für Eine solidarische Welt Foto_1_oew_JPG

Ein großes Kompliment an die OEW – Organisation für Eine solidarische Welt für ihre vielfältigen Initiativen und ihr uneigennütziges Engagement. Schaut mal rein auf die Website, da gibt es viel zu entdecken! Einige OEW-Initiativen könnt ihr auch auf der Messe Biolife kennenlernen, die von 5. bis 7. November 2021 in Bozen stattfindet.

Fotos: (1, 2, 4, 5, 6, 7) © OEW – Organisation für Eine solidarische Welt; (3) Die Fachschule Tisens für Hauswirtschaft und Ernährung hat auf der Ecotex ein Reparaturservice angeboten © Susanne Barta 

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