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July 28, 2021

Meet Roberta Redaelli and her platform „Made in Como”

Susanne Barta

„Made in Como“ ist zunächst einmal ein Herstellungsnachweis wie „Made in Italy“ oder „Made in Germany“. „Made in Como“ ist aber auch eine Plattform auf Instagram, auf der sich eine engagierte Community für mehr Transparenz der dahinterstehenden Lieferketten einsetzt. Die Idee dazu hatte Roberta Redaelli, sie lebt in der kleinen Stadt Mariano Comense, 12 km südlich von Como, hat in Mailand studiert und ihre Thesis über Nachhaltigkeit und Kommunikation im textilen Luxussektor geschrieben. Die intensive Beschäftigung mit dem Thema brachte mit sich, dass sie begann, den Blick auch genauer auf die Textilproduktion in Como und Umgebung zu werfen. Como gilt als die Stadt der Seide und als das Zentrum der italienischen Textilindustrie, noch vor Prato und anderen Orten. Viele kleine und mittlere Betriebe produzieren hier, die gewachsene handwerkliche Tradition ist wichtiger Teil der Geschichte Comos.

Roberta und ich treffen uns auf Zoom, bei all dem, was sie mir erzählt, ist vor allem eines zu spüren: ihre große Begeisterung für Como. Roberta liebt ihr Como, darum sei es ihr auch so wichtig, erzählt sie, dass sich hier etwas verändert. Auf Instagram postet sie gerne den See, die Comer Landschaft mit ihren vielen Farben und Stimmungen. Sie möchte dazu beitragen, dass Transparenz und Nachhaltigkeit in der Lieferkette für „Made in Como“ eine größere Bedeutung bekommen, erzählt sie, und klar ersichtlich werde, wo gewoben, genäht, bedruckt und gefärbt wird, das Rohmaterial kommt ja aus China. Wie die meisten sicher bereits wissen, heißt ein „Made in …“ noch ziemlich wenig. Es reicht schon, ein klitzekleines Detail am Ende hinzuzufügen, und schon wird aus einer komplexen internationalen Lieferkette zum Beispiel ein „Made in Italy“.Roberta Redaelli - Made in Como„Ich liebe Mode, seit ich klein bin“, erzählt Roberta, „früher habe ich nur darauf geschaut, ob die Stücke, die ich kaufe, zumindest „Made in Italy“ sind, aber ich wusste wenig über Produktionsbedingungen und Materialien. Heute ist das anders, ich kaufe viel weniger, leihe mir Kleidungsstücke auch von Freundinnen und habe begonnen, mich zu engagieren.“

In ihrer Thesis „Sostenibilità e Comunicazione come valori nel mercato di alta gamma“ an der Università Cattolica del Sacro Cuore beleuchtet Roberta zwei Lieferketten. Ihr Anspruch dabei? Zu zeigen, vor allem zu vermitteln, wie wichtig Transparenz in der Herstellung ist. Eigentlich hätte Roberta anschließend für Studien in die USA gehen sollen, aber Corona bedingt wurde daraus nichts, dafür entstand die Instagram-Plattform „Made in Como“. Parallel dazu begann sie auch ein Buch zum Thema zu schreiben, das, wie es aussieht, in den nächsten Monaten fertig wird. „Ein Buch zu schreiben war immer schon mein Traum!“Made in Como - Roberta Redaelli Foto_2Und wie es der Zufall will, ist Italiens Grand Dame der nachhaltigen Mode Marina Spadafora – ihr habt sie hier schon kennengelernt – auf Robertas Thesis aufmerksam geworden. „Viele Unternehmer im Textilsektor wollen nicht mit offenen Karten spielen“, erzählt Roberta. Gemeinsam mit Marina hat sie nun begonnen, Instagram-Live-Gespräche zu produzieren, um der Community Themen wie Transparenz, nachhaltige Produktion und innovative Materialien näher zu bringen. „Das Feedback ist gut“, erzählt sie, „viele wollen nun beitragen und die Plattform größer machen“. Marina Spadafora ist Koordinatorin von Fashion Revolution Italien und konnte auch das Interesse der Fashion-Revolution-Gründerinnen Orsola de Castro und Cary Somers wecken. Auch hier sollen gemeinsame Projekte folgen. 

Eher pessimistisch, vielleicht sollte man sagen realistisch, ist Roberta bezüglich einer grundlegenden Veränderung der Modeindustrie. „Nach Corona sprachen alle über Nachhaltigkeit und Transparenz, aber ich sehe, die Leute kaufen alles, was sie wollen, ohne groß darauf zu schauen, woher etwas kommt und wie es produziert wurde.“ Marina Spadafora sei da etwas optimistischer, erzählt sie, sie glaube, dass Nachhaltigkeit durch die Pandemie-Erfahrungen ernster genommen werde. Für Roberta aber ist es nur ein Trend, nach dem ersten Lockdown sei wirklich mehr Bewusstsein zu beobachten gewesen, aber jetzt sei sowohl auf Konsumenten- als auch auf Industrieseite wenig Veränderungsbereitschaft zu spüren.Made in Como - Roberta Redaelli Foto_5Robertas Instagram-Projekt „Made in Como“ soll auf jeden Fall weitergehen, größer werden und auch andere Realitäten über Como hinaus präsentieren. Was ihr wirklich wichtig dabei ist? Dass wir voneinander lernen und uns gegenseitig unterstützen: „Wir müssen uns verändern, sonst haben wir keine gute Zukunft. Klar, wollen wir jetzt frei sein und nicht nachdenken, aber wir müssen nachdenken.“ 

Fotos: (1–5) © Roberta Redaelli

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