Music

June 29, 2021

Sound Brother from another Mother: Ghost Horse & Kill The Vultures

Florian Rabatscher

Hier ein weiteres „Schmankerl“ für alle Freunde und Freundinnen der deftigen Avantgarde-Sounds. Am Freitag, 02.Juli 2021 bringt das Südtirol Jazzfestival mit einem von ihm initiierten Projekt den Kapuzinerpark in Bozen gehörig zum Beben. Von einer aufregenden Kombination wird gesprochen, denn es treffen das experimentelle Hip-Hop-Duo Kill The Vultures aus Minneapolis (USA) und das Sextett Ghost Horse aus der italienischen Underground-Szene aufeinander. 

Ein Battle der Genres? Eine brisante Mischung zweier gegensätzlicher Stile? Oder einfach ein ungewisses Experiment? Die Antwort darauf ist: Nichts von alledem. Ghost Horse & KillTheVultures-1 photo

Vergesst verschiedene Crossover-Projekte wie von Anthrax und Public Enemy oder Aerosmith und Run Dmc. Solche Projekte sind zwar schön, aber man merkt, dass irgendwas bei der Chemie nicht stimmt. Und den schlimmsten Kupplungsversuch der Musikgeschichte von Metal mit Hip-Hop, den Nu-Metal, lassen wir bitte einmal außen vor, denn da fällt mir nur wieder ein, dass Limp Bizkit und Michael Ende meine Jugend zerstört haben. Zurück zu meiner eigentlichen Aussage: Jazz und Hip-Hop gehören bereits zusammen. Nicht wie Geschwister, sondern im Geiste. Haltet mich ruhig für verrückt, aber da ist mehr dran, als ihr vielleicht meint. Speziell beim Hip-Hop aus New York City merkt man, wie oft Jazz in den Beats gesampelt wird. Eine Trompete da, ein Sax hier oder ein chilliges Piano irgendwo im Loop. Genau solche Beats hören sich dermaßen tight an, dass man einfach zugeben muss, dass diese Genres wie füreinander geschaffen sind. Die New Yorker Hip-Hop-Combo A Tribe Called Quest ordnet man sogar dem sogenannten Jazz-Rap zu und ich meine: Wie gut ist deren Sound? Auch geschichtlich betrachtet gibt es eine entscheidende Gemeinsamkeit: Beide Genres entstammen dem „Ghetto“, den schwarzen Gegenden Amerikas. Direkt von der Straße, mit all seinen Zuhältern, Gangstern und den restlichen sozialen Problemen. Biggie Smalls und Miles Davis, Charlie Parker und Snoop Dogg, Mikrofon, Piano, Trompete und Turntable. In alldem steckt derselbe Spirit, so abgedroschen es auch klingt. Oder denkt an die Freestyle-Szene im Rap, klingelt da nicht irgendwas? Genau! Improvisation ist ein wesentlicher Bestandteil beider Richtungen.

Wir sehen also, solche musikalischen Kooperationen können fast nicht scheitern. Ghost Horse werden sich wohl bestens mit ihren dunklen und seltsam groovenden Klängen an die Flows von Kill The Vultures Mc Crescent Moon schmiegen. Dann noch die Live-Beats von Anatomy… Oh mein Gott! Ich glaube dieses Konzert wird legendär. Da es sich um eine Premiere handelt, kann man bloß erahnen, welch surreale Klänge uns um die Ohren fliegen werden. Aber meiner Meinung nach, wird es ein Sound-Feuerwerk der Extraklasse. Versucht einfach selbst, ein paar Raps über die Songs aus dem Album „Trojan“ von Ghost Horse zu spitten, und ihr werdet sehen, es kommt fast wie von alleine. Kill the Vultures haben bereits auf jedem ihrer Alben bewiesen, wie weit Rap gehen kann. Von punkig schräg bis zu improvisierten Jazz-Klängen und sogar samt Orchester. Es ist einfach so gut, dass es fast schon verboten werden müsste. Wieso hören eigentlich nicht viel mehr Leute diese Sounds der Zukunft? Und genau da haben wir den eigentlichen Nenner dieser beiden Genres. Jazz sowie Hip-Hop blicken seit jeher Richtung Zukunft. Es scheint kein Ende für die Weiterentwicklung dieser Richtungen zu existieren. Während andere Genres musiktechnisch längst auf der Stelle fahren, befinden sich Jazz und Hip-Hop stets auf der Überholspur. Schon seit 2005 treiben Kill The Vultures ihr Unwesen und haben noch nie etwas releast, das irgendwie gleich klingt. Sehr beeindruckend. Vielleicht entsteht nach diesem Konzert sogar eine weitere Zusammenarbeit mit Ghost Horse, wer weiß …

Was wir wissen, ist nur, dass auch das Südtirol Jazzfestival immer Richtung Zukunft blickt und uns auch schon seit einer Ewigkeit jährlich mit immer diverseren Acts überrascht. Nehmt dieses Angebot also bitte dankend an und verliert euch in dieser abgedrehten Musikwelt. An dieser Stelle: Hut ab an das Jazzfestival. Ihr schafft es wirklich, mich jedes Jahr aufs Neue zu verblüffen.  

Foto: Südtirol Jazzfestival Alto Adige              

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