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June 23, 2021

Sublime – „Was wir hier tun, hat mehr mit Stil als mit Mode zu tun“

Susanne Barta

Lukas Höller und Karin Egger sind mit ihrem Geschäft „Sublime“ in der Rauschertorgasse in Bozen eine Stil-Institution. Nicht nur weil sie ihren Qualitäts-Ansprüchen an Kleidung konsequent treu bleiben, sondern auch weil sie begeistert sind von dem, was sie tun, und diese Begeisterung auch ihren Kund*innen vermitteln. Bis vor kurzem führten die beiden noch zwei Geschäfte, den legendären Streetwear- und Skate-Shop „Sub“, mit dem 1998 ihre Geschäftstätigkeit begann, haben sie Ende Mai 2021 geschlossen. Sie seien mit dem Älterwerden herausgewachsen aus diesem Stil und der Szene. „Sublime“ gibt es seit 2013 und so konzentrieren sie nun all ihre Energie auf Workwear, Denim und Boots. Der Schwerpunkt liegt auf Menswear, die Auswahl für Frauen ist kleiner, aber fein. Zu finden sind im „Sublime“ Brands wie Armor Lux, Brixton, Brooks, Fleurs de Bagne, Levis Vintage Clothing, Peppino Peppino, Red Wing Heritage, Lee 101, Nudie Jeans, Son De Flor, Knowledge Cotton Apparel, Max Rohr und viele mehr. Die Auswahl ist kuratiert, viele der Brands produzieren auf die ein oder andere Weise nachhaltig, wobei Nachhaltigkeit nie ein Marketinginstrument für die beiden war. Da sie im „Sublime“ heute vor allem kleine Firmen führen, die bewusst produzieren, ist das fast automatisch gekommen.Sublime Bozen Bolzano (c) Susanne Barta Foto_2Nachhaltigkeit ist heute in der Modeindustrie in aller Munde. Ihr hängt euch weniger an das Wort, als an die Prozesse dahinter, die euch wichtig sind. Worauf schaut ihr bei der Auswahl eurer Brands?

Karin: Wir arbeiten gerne mit kleinen Brands, die es schon lange gibt, die kleine Stückzahlen herstellen und die versuchen, die Produktions- und Lieferwege so kurz als möglich zu halten. Viele produzieren im eigenen Land.

Lukas: Handwerkliche Qualität und die Qualität der Materialien stehen für uns im Vordergrund. Die Produkte der Firmen, die wir haben, kosten deshalb auch mehr. Sie sind wertvoller als billige und schnell produzierte Kleidung, halten länger und verschwenden auch nicht so viele Ressourcen.

Karin: Wir suchen das aus, was uns gefällt und zu dem wir auch stehen können. Wir haben bemerkt, dass nun auch größere Firmen versuchen, besser zu produzieren. Aber einfach nur mit Bio-Baumwolle zu arbeiten macht noch nicht viel Unterschied. Alle wollen derzeit auf den Nachhaltigkeitszug aufspringen, auch weil sich die Produkte so besser verkaufen.Sublime Bozen Bolzano (c) Susanne Barta Foto_3+4Lukas: Man muss tiefer in das Thema hineingehen, nur etwas raufschreiben kann jeder und das, was behauptet wird, genau nachzuprüfen, ist meist sehr schwierig. Bei kleinen Firmen ist das leichter, da die Lieferkette kürzer ist. Uns ist schon lange klar, dass sich die Modeindustrie mehr Richtung Nachhaltigkeit entwickelt. Das ist auch gut so.

Hat sich auf Konsument*innen-Ebene etwas verändert? Was beobachtet ihr? Gibt es einen Trend von Fast zu Slow Fashion?

Karin: Die meisten unserer Kunden wissen, was sie bei uns bekommen. Aber immer öfter fragen einige auch extra nach, ob wir nachhaltige Firmen führen. Die Leute wollen sich etwas Gutes kaufen. Lieber weniger, dafür besser, da verändert sich schon etwas. 

Lukas: Wir sind natürlich im Vergleich zu ZARA oder H&M hochpreisig. Aber wir merken, dass es für die Kunden immer wichtiger wird, Qualität zu kaufen. Da etwas gut Produziertes länger hält, gleicht sich der Preis dann oft wieder aus. Das Bewusstsein verändert sich, durch Corona ist es nochmals schneller gegangen. Auch ist es vielen Leuten wichtig, kleine Läden und lokale Produktionen zu unterstützen. Da ist viel passiert im letzten Jahr.Sublime Bozen Bolzano (c) Susanne Barta Foto_5+6Was macht eure Begeisterung für Bekleidung aus?

Lukas: Karin war immer schon sehr modeinteressiert. 

Karin: Unsere Sachen sind ja nicht wirklich Mode, weil sie nicht modern, sondern eher klassisch sind, Sachen, die man auch in 50 Jahren noch tragen kann.

Lukas: Was wir hier tun, hat mehr mit Stil als mit Mode zu tun.

Karin: Auch Musik ist wichtig für uns. Wir waren immer schon sehr musikbegeistert und da gehört auch ein gewisser Stil dazu. Begonnen haben wir ja mit Skate-Mode, die wurde aber immer mehr zur Massenware. Für uns wurden jedoch Qualität und eine gute Produktion immer wichtiger.

Lukas: Die Geschichte der Produkte interessiert uns, einige Firmen, die wir führen, gibt es schon seit über 100 Jahren, sie bleiben ihrem Stil bis heute treu, verkaufen sich nicht und wollen klein bleiben. Im Skate-Sektor begannen sich viele mit dem Boom zu verkaufen. Diese Firmen wollen gute Qualität beibehalten. Das, was uns an diesen Firmen begeistert, vermitteln wir auch den Kunden. Natürlich müssen wir auch verkaufen, aber für uns steht die Begeisterung für ein tolles Produkt im Vordergrund.

Karin: Andere nehmen Firmen, weil sie sich gut verkaufen, wir nehmen Firmen, weil sie uns gefallen. Wir sind vielleicht nicht die idealen Geschäftsleute, aber für uns funktioniert es.Sublime Bozen Bolzano (c) Susanne Barta Foto_7Euer Stil ist urban, Bozen ist eine Kleinstadt, wie fügt ihr euch hier ein?

Karin: Ich freue mich immer, wenn wir jemanden inspirieren können. Einige Leute hier schätzen unseren Stil sehr, wir haben viele Stammkunden, viele können aber gar nichts damit anfangen. Manchen Frauen gefällt etwas, zum Beispiel eine XL-Latzhose, trauen sich aber nicht, so was hier anzuziehen. Ich versuche sie dann zu bestärken, im Sinne von, „du kannst machen, was du willst“.

Die Leute bei uns trauen sich modisch zu wenig?

Karin: Man sollte machen, was einen selbst glücklich macht, nicht jemanden anderen. In einer Kleinstadt tun sich dann doch noch viele schwer. Aber wir sind sicher nichts für die Masse.

Lukas: Hätten wir keinen Tourismus, wäre es für uns noch schwieriger. Wir sind ein Provinznest, mit dem Tourismus haben wir eine andere Reichweite. 

Karin: Vermutlich wäre unsere Ladentür nicht mehr offen ohne Touristen. Viele freuen sich, ein Geschäft wie unseres in Bozen zu finden. In der Zwischenzeit haben wir auch da viele Stammkunden. In Italien ist die Marke nach wie vor wichtiger als Qualität, die nicht mit großen Logos aufwartet, man will zeigen, was man sich leisten kann.

Lukas: Nur weil eine bekannte Marke etwas produziert, heißt das noch nicht, dass es gute Qualität ist. Viele verstehen nicht, dass sie vor allem für einen Markennamen zahlen. 

Karin: Um unsere Produkte zu schätzen, musst du individuell sein, deinen eigenen Geschmack haben, nicht dem Massengeschmack nachlaufen.

Lukas: Bei einer Jeans zum Beispiel geht es nicht nur um den Schnitt, sondern auch darum, was dahintersteckt. Wenn auf einer Jeans oben steht, dass sie aus Bio-Baumwolle ist, heißt das noch nicht viel. Aber eine Raw Jeans zu kaufen, die auf alten Webstühlen genäht wurde, ohne Synthetik drinnen, die deswegen auch nicht schnell reißt, die man nicht oft waschen muss, und die, da sie nicht gefärbt wurde, viel weniger Wasser verbraucht hat, ist viel nachhaltiger.

Karin: Leute schätzen es auch, wenn man etwas weiß über das Produkt – wie es produziert wird, wer dahintersteht. Oft sehen die Kunden nur den Preis, wir erklären dann, wieso – die meisten verstehen das dann auch.Sublime Bozen Bolzano (c) Susanne Barta Foto_8+9Wie geht es weiter für euch? Dachtet ihr auch schon mal daran, eine eigene Linie zu machen?

Lukas: Wir kennen viele Produzenten, wir sind eine Community. Vielleicht entwickelt sich da mal was. Aber nur ein T-Shirt zu bedrucken oder ein Namensschild draufhängen, das wollen wir nicht.

Karin: Bei uns entwickeln sich die Dinge; das, was passt, kommt. Derzeit aber sind wir froh, dass wir bis jetzt die Corona-Krise überstanden haben, und versuchen gut weiterzumachen.Sublime Bozen Bolzano (c) Susanne Barta Foto_10+11Einer der größten Sublime-Fans ist Roland Novak. Ihr kennt ihn vielleicht von den Email-Konversationen über Mode, die wir auf diesem Blog ab und zu führen. Karin und Lukas nennen ihn einen „Botschafter des guten Stils“. Schaut rein auf sein Instagram!

Roland, was macht das „Sublime“ so besonders für dich?

Ich bin gewissermaßen mit dem „Sub“ aufgewachsen, mit dem Älterwerden der Besitzer wurde auch ich älter. Ich finde dort, was mir gefällt, vor allem auch das, was passt, denn ich habe keine Standardfigur. Außerdem finde ich dort Geschichten, die mich begeistern. Und es geht mir darum, etwas zu finden, das nicht alltäglich ist. Die ultra oversized Jeans von Peppino Peppino, https://peppinopeppino.com/ zum Beispiel, gibt es nur hier. Meine Lieblingsmarken sind Santos, Peppino Peppino, Fleur, Ceccarelli … die meisten sind kleine Brands. Ich kenne viele Leute persönlich von den Brands, die ich trage, und schätze diese persönliche Verbindung sehr. Während des Lockdowns war ich wirklich besorgt, ob es das „Sublime“ https://www.sublime.bz/ weiterhin geben wird. Denn, wo sonst kaufe ich meine Sachen?Sublime Bozen Bolzano (c) Susanne Barta Foto_12

Fotos © Susanne Barta  

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