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June 14, 2021

Jewellery on Display #2

Susanne Barta

Afra Hackl hat in Bozen an der Fakultät für Design und Künste studiert. Die Münchnerin lebt heute in Berlin und ist seit kurzem Mutter eines Sohnes. Während des Studiums hat Afra begonnen, sich intensiv mit Schmuck zu beschäftigen und vor allem ein Verfahren ausprobiert, den 3D-Druck. Herausgekommen ist die Brand „Rah Rah Studio“ und sehr stylische, sehr coole Ketten in unterschiedlichen Größen und Farben.

Wie bist du auf den Schmuck gekommen Afra?

Eigentlich ist der Schmuck schon immer bei mir gewesen, wobei ich bis heute damit hadere, mich als reine Schmuckdesignerin zu bezeichnen. Ich habe noch so viele andere Ideen im Kopf, die ich umsetzen möchte. Bereits als Kind habe ich Schmuck gebastelt und auch als Teenager meinen eigenen Schmuck getragen. Diese Begeisterung hat mich im Studium wieder eingeholt, ich trage einfach gerne Schmuck, große Ringe und große Ketten.Rahrahstudio_Photography_AgnieszkaDiesing 02+03Wie werden die Ketten produziert?

Die Teile werden mit einem 3D-Drucker gefertigt, der in einem Schichtverfahren arbeitet. Dieses Verfahren ist mir das erste Mal an der Uni Bozen begegnet und hat mich sehr fasziniert. Mein Vater hat mir dann einen Desktop-3D-Drucker geschenkt. Zunächst waren es nur Prototypen, seit 2018 produziere ich nun richtig mit diesem Drucker. Das ist, als hätte man eine kleine Farm zuhause, man programmiert etwas, schickt es in den Druck und nach einigen Stunden wurde etwas gebaut. Die einzelnen Teile werden dann ineinandergesteckt.RahRahStudio_JasmineDeporta_2021_HR-65 04-05Bisher produzierst du nur Ketten … Wieso?

Das ist eine etwas längere Geschichte. Ich konnte vor vielen Jahren bei einer Porzellanmanufaktur in Portugal eine Residency machen und habe für sie in Handarbeit eine übergroße Kette aus Porzellan modelliert. Das war eine sehr große Herausforderung. Das in Serie zu produzieren war aber nicht möglich, da viel zu teuer. Und so suchte ich nach einer Möglichkeit, die Kettenteile separat zu gießen und dann zusammenzustecken. Zunächst habe ich nur Prototypen für eine mögliche spätere Porzellanversion in 3D gedruckt, die Prototypen haben mir aber so gut gefallen, dass ich damit weiter gemacht habe. Die Ketten sind modular und aus Bioplastik gefertigt, bis auf weiteres ist da immer noch Luft nach oben im Design. Jetzt zum Beispiel mache ich Brillenketten, die manche auch zum dranhängen ihrer Masken verwenden und ein Münchner Taschenlabel möchte die Ketten als Träger einsetzen.© Rah Rah Studio CHAIN48 64S_ICICLEBLUE CHAIN72 32S_BARBIEPINKDu arbeitest mit Bioplastik, woraus besteht das Material?

Ich verwende PLA, Polylactat, das ist ein Material, das auf Pflanzenstärke basiert, hier ist es Maisstärke, die mit Hilfe von Milchsäurebakterien fermentiert wird. Europäisches PLA ist komplett frei von Zusatzstoffen, wenn man das Material aber aus China bezieht, dann sind da noch andere Chemikalien dabei, das riecht man auch sofort. Ich arbeite mit einem zertifizierten Berliner Produzenten zusammen. Aber wie bei den meisten Materialien gibt es auch hier noch Verbesserungsmöglichkeiten. PLA ist zwar mineralölfrei und theoretisch kompostierbar, nicht hauskompostierbar, sondern industriekompostierbar. In der Praxis schaut das dann so aus, dass es in Europa nur eine Anlage in den Niederlanden gibt, die PLA zersetzt. Der Kreislauf funktioniert also noch nicht wirklich, deswegen schreibe ich nicht „biodegradable“ auf meine Ketten drauf. Über die Welt der Kunststoffe gibt es noch viel Unwissen, daher ist es mir wichtig auch aufzuklären.© Rah Rah Studio CHAIN100 24S_NEUTRALPINK CHAIN100 32S_OFFWHITEIn der Mode ist Nachhaltigkeit ja ein großes Thema, wie ist das beim Schmuck? Was beobachtest du?

Mein Eindruck ist, dass sich beim schnellen Schmuck, also dem Modeschmuck, wo auch mein Schmuck aus Kunststoff eigentlich dazugehört, wenig tut. Aber bei Edelmetallen tut sich auf jeden Fall etwas. Gold kann man ja auch gut recyceln. Wenn ich mich auf Instagram umschaue, dann poppen die Acrylketten nur so aus dem Boden, da ist Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz augenscheinlich noch nicht angekommen.© Rah Rah Studio CHAIN48 48S_SOFTGREY 10 CHAIN72 44S_NEONLACHSWie geht’s weiter für dich und deine Brand Rah Rah Studio?

Ich bleibe weiter dran, nach neuen Lösungen zu suchen, und das, was ich mache, konstant zu hinterfragen. Ich empfinde eine große Müdigkeit, wenn es um Themen des Greenwashing geht. Am liebsten würde ich gar nicht mehr über Nachhaltigkeit reden müssen, weil ich in einer Welt leben möchte, wo man sich das nicht auf die Kappe schreibt, sondern wo das selbstverständlich ist. Aber da sind wir noch nicht. Niemand ist perfekt, deshalb ist es so wichtig, transparent zu sein und ehrlich zu kommunizieren, was bereits funktioniert und was noch nicht.
Ich bleibe auf jeden Fall bis auf weiteres beim 3D-Druck, es ist einfach eine tolle und abfallarme Technik und man kann gut auf Nachfrage produzieren. Gerne würde ich noch eine Edition aus Porzellan fertigen und so gewissermaßen zum Ursprung meines Projekts zurückkehren.RahRahStudio_JasmineDeporta_2021_HR-36 12

Fotos: (1, 3) © Agnieszka Diesing for Rah Rah Studio; (2, 4, 5, 12) © Jasmine Deporta for Rah Rah Studio; (6 –11) © Rah Rah Studio

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