Culture + Arts > Visual Arts

May 13, 2021

Illustrative Hommage an die LGBTQI+ Community: Sophie Lazari

Eva Rottensteiner

Sophie Lazari zeichnet Bondage-Szenen, masturbierende Menschen, Only-Fans-Models mit blauer Hautfarbe und je nach Perspektive Turnakrobatik oder Sex auf Fahrrädern. Die 24-jährige Künstlerin und Designerin aus Kaltern studiert Illustration und Grafik in Berlin. Ab 12. Mai 2021 tourt ihre und Annika Terweys aktuelle Wanderausstellung “Zueinander(finden) – Trovarsi” in Form einer orangen Sitzbank durch Südtirol. Ziel ist es, den Diskurs um psychische Gesundheit gerade in Zeiten des Sicherheitsabstands und des Zuhause-Bleibens anzuregen. Ab 19. Mai sind die beiden Künstlerinnen mit ihrer Sitzbank auch bei LanaLive dabei. 

Was tut sich aktuell künstlerisch bei dir?

Derzeit arbeite ich an verschiedenen Projekten. Gemeinsam mit Annika Terwey kuratiere ich die Online Ausstellung “Extrasober” zum Thema Alkohol-Prävention, in Zusammenarbeit mit dem Forum Prävention Bozen. Ebenso arbeite ich mit Annika an dem Projekt “Zueinander(finden) – Trovarsi”, eine Wanderausstellung zum Thema psychische Gesundheit. Das Projekt entsteht in Zusammenarbeit mit dem Verband Ariadne. Da ich die Residency für das diesjährige Festival “Hospiz” in Neumarkt gewonnen habe, bin ich gerade dabei, einige Illustrationen für die Ausstellung des Festivals zu planen, darauf freue ich mich besonders. Gerade bleibt nicht viel Zeit und Energie zum Tätowieren, deswegen nehme ich nur Designs in Auftrag, auf die ich auch richtig Lust habe.

In deinen Illustrationen zeigst du queere Identitäten, Dominas, Menschen beim Sex und haarige Beine. Können Illustrationen politisch sein?

Meiner Meinung nach ist politische Gestaltung in der heutigen Zeit extrem wichtig. Ich versuche, marginalisierten Gesellschaftsgruppen eine Stimme zu geben und Probleme deutlich sichtbar zu machen. Und wie der Künstler Hannes Egger sagt: Die Gesellschaft tendiert diese Probleme zu ignorieren und Kunst sei das billigste Mittel, um Aufmerksamkeit zu erregen. Meine “sexuellen” Illustrationen sind häufig eine Hommage an die LGBTQI*-Community, die Werte vermittelt, zu denen ich stehen kann. Der Kampf um die eigene Identität und die Akzeptanz des “Anderen” innerhalb einer heteronormativen Gesellschaft sind Themen, mit denen ich mich selbst identifizieren kann, deswegen illustriere ich sie auch. Ich finde Gestaltung sollte politisch sein, nicht nur ästhetisch. Die Kunst darf gewisse Dinge tun, die manchmal ein gesellschaftliches Tabu sind. Ich stelle mir nicht die Frage, ob ich etwas tun darf, ich tue es einfach. Manchmal gehe ich damit Risiken ein. Viele werten mich auch als “radikal” oder “too much” – mein Ziel ist es, die Leute zum Nachdenken anzuregen, ob sie jetzt meiner Meinung sind oder nicht.

Sophie Lazari (c) Lena Moser

Was können Illustrationen, was andere künstlerische Ausdrucksweisen nicht können?

Ein Bild kann in wenigen Sekunden ein Phänomen erklären, ohne dass es Worte dazu braucht. Deswegen spielen Illustrationen in Kinderbüchern eine so wichtige Rolle. Sie sprechen eine Sprache, die fast jede*r versteht. Kunst kann im Gegensatz dazu einfach nur existieren und schön sein. Bei Gestaltung gibt es immer eine gewisse Fragestellung oder ein Konzept, in der Gestaltung passiert nichts ohne Grund. Das liebe ich an meinem Beruf.

Manchmal verwendest du auch Humor als Stilmittel. Ich denke da an deine Illustration “Benefits of Cycling”. Warum eigentlich? Liegt dem ein Gedanke zugrunde?

Die zweiteilige Serie “Benefits of Cycling” entstand im Rahme des Plakatwettbewerbs “Kannst du Radfahren?” zwischen Deutschland und Italien. Dazu sollten Plakate entwickelt werden, mit dem Ziel, die Gesellschaft zu sensibilisieren, die umweltfreundlichere Transportmethode zu wählen. Sex ist gesund und macht Spaß, genauso wie Rad fahren, wieso nicht beides kombinieren? Mit Humor zu arbeiten, vor allem bei solch wichtigen Themen, macht eine Arbeit umso aussagekräftiger. Vor allem schauen die Leute hin und das ist doch das Wichtigste. 

yoga_final.indd

Woher kommt die Inspiration für deine Illustrationen und Tattoo-Motive?

Beim Tätowieren kommt es ganz darauf an, was ich gestalten möchte, was Trend ist, was bei den Kund*innen gut ankommt. Natürlich bin ich von meinem Umfeld beeinflusst. Berlin hat mich durch das Nachtleben und die queere Community geprägt. Illustrationen entstehen hauptsächlich durch das Beobachten gesellschaftlicher Phänomene wie Alltagsrassismus, Genderfragen oder die Corona-Krise. Dann finde ich Motive, zu denen ich illustrieren oder gestalten möchte, suche nach Artikeln und recherchiere zum Thema, die Szenarien kommen dann ganz von selbst. 

Worauf achtest du, wenn du Körper zeichnest?

Ich versuche immer so viel wie möglich Diversität zu zeigen. Neulich habe ich angefangen, die Hautfarben in Tönen wie blau oder grün zu halten, damit keine Herkunft mehr oder weniger repräsentiert wird. Ebenso versuche ich Gleichheit zwischen Geschlechtern zu illustrieren, also gleich viele Frauen wie Männer wie andere Geschlechtsidentitäten. Das Problem an der Illustration ist, dass sie oft mit Übertreibung funktioniert, durch das Hervorheben bestimmter Merkmale. Da muss ich oft darauf achten, dass ich keine Stereotypen zeichne.

Deine Lieblingsillustrator*innen?

Pia Hamme, Anton Ohlow, Johnny Terror – fallen mir jetzt auf die Schnelle ein. Henning Wagenbreth, mein Professor, ist natürlich auch ein großes Vorbild.

Fotos: Sophie Lazari; Lena Moser; Sophie Lazari

Print

Like + Share

Comments

Current day month ye@r *

Discussion+

There are no comments for this article.