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April 28, 2021

RePack – Make Reuse the New Normal

Susanne Barta

Am 22. April war World Earth Day. Der Tag der Erde wird alljährlich mit einem bestimmten Schwerpunkt und Motto in über 175 Ländern begangen und soll die Wertschätzung für die natürliche Umwelt stärken, aber uns auch dazu anregen, unser Konsumverhalten zu überdenken. Heuer ist das Thema „Restore our earth“. Schon lange wollte ich was über neue Konzepte zum Thema Verpackungen und Verpackungsmüll machen, denn, das ist auch keine Neuigkeit, die Welt erstickt allmählich im Müll.

Wir leben in einer Wegwerf-Gesellschaft, hängen fest im linearen Wirtschaften und verschwenden nicht nur wertvolle Ressourcen, sondern belasten Klima, Umwelt und uns Menschen. Derzeit verursacht die Textilindustrie jährlich 1,2 Milliarden Tonnen CO₂ – das ist mehr als internationale Flüge und Kreuzfahrten zusammen. Die Modeindustrie als Teil der Textilbranche ist allein für fünf Prozent der globalen Emissionen zuständig. Sie entstehen beim Anbau natürlicher textiler Rohstoffe, bei der Gewinnung von Plastikfasern, der Weiterverarbeitung und langen Transportwegen. Einen nicht unbeträchtlichen Anteil trägt auch unsere Verpackungs(un)kultur bei.

Corona rückt das Thema Verpackung noch mehr in den Mittelpunkt. Der Online-Handel wächst rasant, der gestiegene Paket-Versand verursacht Probleme, Transportwege und Verpackungsmüll nehmen zu. Schon klar, die Veränderungen müssen vor allem von Industrie und Handel kommen, etwa durch die Optimierung der Lieferlogistik, die Verwendung alternativer Kunststoffe, Mehrwegverpackungen oder die eigene Sortimentsgestaltung. Das heißt aber nicht, dass wir als Konsument*innen nicht auch mithelfen können, dass sich etwas bewegt. Ich habe mich umgeschaut und ein interessantes Projekt gefunden, das mit Mehrfach-Verpackungen gerade durchstartet. Denn auch hier geht es darum, Kreisläufe zu schaffen und wegzukommen von linearen Wertschöpfungsprozessen. RePack wurde in Finnland gegründet und bietet einen Verpackungsservice, der die Rückgabe und Wiederverwendung von Lieferverpackungen für Online-Händler*innen und deren Benutzer*innen ermöglicht. Christof Trowitz verantwortet das Business Development von RePack für die DACH-Staaten und erzählt uns, wie RePack funktioniert.RePack_Christof Trowitz 2

Christof, Verpackung ist ein Riesenthema im Modeversandhandel. Was macht ihr anders?

Unser Claim „The End of Trash“ bringt auf den Punkt, was wir uns vorgenommen haben: Der Online-Handel soll vom Verpackungsmüll befreit werden und zwar mit einer Mehrwegverpackung. Die ersten Überlegungen dazu gab es bereits 2012, die ersten Prototypen 2013, das lief aber alles noch nebenbei. Die beiden Gründer haben als Designer ein Projekt für die finnische Post entwickelt und mit eigenen Augen gesehen, welch unfassbare Mengen an Verpackungen im Online-Handel anfallen. Die Idee war, das Flaschen-Pfand-System auf Verpackungen anzuwenden. Seit 2017 sind wir nun richtig unterwegs mit einer Mehrwegverpackung in drei verschiedenen Größen, dazu kommt eine globale Rückführungslogistik, das ist ja immer der „Casus Knacktus“, und ein integriertes Anreizsystem, das heißt, die Kunden werden belohnt für die Rückgabe. So entsteht ein funktionierender Kreislauf: Der Webshop ersetzt die Verpackung durch ein RePack, der Kunde retourniert die RePacks zu uns, wir reinigen und bereiten sie für die nächste Lieferung an die Webshops vor.

Wie kommt euer System bis jetzt bei den Kunden an?

Derzeit haben wir um die 150 Kunden, darunter sind Zalando, Calida, Tchibo, Ganni, SKFK, Salomon, H&M und die Otto Group. Die meisten Kunden arbeiten bereits dauerhaft mit RePack, einige sind beim Testen. Wir beobachten, dass die Online-Shops sehr motiviert sind, Verpackungsmüll zu vermeiden. Sie wollen grüner werden und haben verstanden, dass sie Tonnen von Müll sparen können. Wir bieten eine Lösung, die grüner ist, die funktioniert und mit der sie sofort arbeiten können. Im Bestell-Checkout-Prozess gibt’s für ihre Kunden die Möglichkeit, RePack zu wählen und bei der Rückgabe bekommen sie zum Beispiel einen 10-%-Gutschein für den nächsten Einkauf. Eine Win-win-win-Situation: Wir verkaufen die RePacks, der Webshop gibt die Kosten dafür weiter und der Endkunde bekommt einen Gutschein, der in der Regel mehr wert ist als die eingesetzte Gebühr. Beim Avocado Store ist das beim ersten Test bereits gut angelaufen, 38 % der Kunden haben RePack gegen Aufpreis angeklickt. Kunden, die nachhaltige Mode kaufen, scheinen bisher eher bereit zu sein, etwas mehr für Verpackung auszugeben.RePack Photos Europe (5)

Funktioniert RePack auch wirtschaftlich?

Es hat einige Jahre gedauert, um das Konzept zu entwickeln. Natürlich war da zunächst ein idealistischer Anspruch, der ist auch immer noch da, aber nur mit Idealismus können wir natürlich nicht überleben. Unser Bestreben ist es, ein System zu entwickeln, das gesamtwirtschaftlich und nachhaltig funktioniert, aber auch einzelwirtschaftlich für alle Stakeholder, also für uns, alle Logistiker, für die Webshops und die Endkunden. Um die 350.000 Versendungen sind schon mit RePack erfolgt. Wir sind mit vielen kleinen nachhaltigen Unternehmen gestartet, die sich RePack aus Überzeugung auf die Fahnen geschrieben haben, jetzt gerade versuchen wir in den Mainstream vorzudringen. Auch mit Amazon haben wir schon telefoniert. Natürlich hat es einen ganz anderen Impact, wenn auch die Großen mit dabei sind. Wenn man die Rechnung gegenüber Pappkartons macht, kann man ungefähr von folgenden Zahlen sprechen: Die Herstellung eines exemplarischen Pappkartons ist ungefähr zu vergleichen mit der Herstellung und Entsorgung von einem RePack, das ergibt einen CO₂ Fußabdruck von 220 Gramm, bei 20 Pappkartons entstehen 3 kg Abfall und 4,4, kg CO₂. Bei einem 20 x verwendeten RePack fallen 0,1 kg Abfall und 0,9 kg CO₂ an. Die Ersparnis liegt bei 80 % CO₂, also schon bei der zweiten Verwendung ist der „Break-even“ erreicht. Wenn man sich dann vorstellt, welche Mengen bei den großen Händlern anfallen, dann kann man sich vorstellen, welche Potentiale es da gibt. 

Der Online-Handel hat rasant zugenommen. Wie siehst du diese Zukunft?

Der Online-Handel wird definitiv weiter wachsen mit zweistelligen Wachstumsraten. In Deutschland und auch sonst in Europa haben wir ja relativ gute Recycling-Strukturen und Recycling ist ja schon mal besser als die Verpackung einfach wegzuwerfen. Aber in Ländern wie China, Indien und den Ländern der Emerging Markets gibt es diese Strukturen nicht und da müssen wir Lösungen finden, die Ressourcen schonen. Dort wachsen die Märkte ja noch schneller. Wenn Indien jetzt zum Beispiel in den E-Commerce richtig einsteigt, haben wir ein Problem ganz anderer Größenordnung.RePack Photos Europe (6)

Derzeit gibt es einige Unternehmen, die in den Mehrwegverpackungsbereich vorstoßen. Wir aber sind die Pioniere. Es ist ein wichtiger Trend und wir glauben daran, dass dieser Trend Bestand haben wird. Aber die Infrastruktur ist nicht ganz einfach aufzubauen, daher wird es wohl noch etwas dauern, bis das Konzept richtig auf dem Markt ankommt. Unsere Vision „Make Reuse the new Normal“ wird auch in anderen Lebensbereichen greifen. Das muss aber politisch gelenkt werden.

Wenn euch das Thema Verpackung interessiert, schaut doch in diese ZDF-Dokumentation hinein, sie beschäftigt sich mit Ideen für einen besseren Online-Handel. RePack ist hier auch dabei. Und wenn ihr bei eurer nächsten Online-Bestellung seht, dass es umweltfreundlichere Verpackungs-Alternativen gibt, macht bitte mit!

Fotos: RePack

 

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