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February 8, 2021

Elisabeth Kanettis und die Vielgestaltigkeit der Ausdrucksmöglichkeiten …

Eva Rottensteiner

Es folgt: eine Lebenschoreografie.

Man beginne die ersten Schritte in New York, tripple auf der Landkarte nach Südost, bis man in Lana ankommt, mache ein paar Pirouetten gen Griechenland, verweile für einen Spagat in den bunten Häusern von Innsbruck, mache einen großen Satz nach Wien und lande sanft auf der Bühne. Elisabeth Kanettis nennt viele Orte ihr Zuhause: Geboren in New York, aufgewachsen in Lana, Gymnasium, Sprachwissenschaften und Klavier in Innsbruck, dann Studium der Theater-Film- und Medienwissenschaften sowie Schauspiel in Wien und Tanztrainings. Jetzt ist sie in der Film- und Theaterwelt daheim. Zuletzt zu sehen war sie im Thriller „Frieda – Coming home“ von Michael W. Driesch, in Stefan Ruzowitzkys „Narziss und Goldmund“, David Mosers „Schwarz Weiß Bunt“ und in Evi Romens „Hochwald“. Nebenbei ist sie noch als Sprecherin, Choreografin und Tänzerin tätig und macht Performances mit ihrem Kollektiv EnsemblART.

Ihr kennt sie noch nicht?

There you go…

Du spielst die österreichische Kaiserin Elisabeth aka Sissi in Christoph Rohners Kurzfilm „Der kleine Tod“, in dem es um das Attentat durch den italienischen Anarchisten Luigi Lucheni geht. Was war deine größte Herausforderung?

Über Herausforderung habe ich ehrlich gesagt nicht nachgedacht. Zuerst war da die Freude, eine so vielschichtige Person zu spielen und dann war ich irgendwie schon mittendrin. Vor allem diese Zeit und Begegnung in ihrem Leben kennen und zeigen zu lernen, war unglaublich spannend! Erst nach Drehschluss wurde mir bewusst, wie sehr ich sie in meinen Alltag integriert hatte – und darin lag dann wohl auch die Herausforderung. Ich habe noch nie so lange gebraucht, um mich von einer Figur wieder lösen zu können bzw. wollen.

kanettis Der kleine Tod ©Christoph Rohner

Für Stefan Ruzowitzkys Film „Narziss und Goldmund“ (2020) warst du als Wahrsagerin Lise vor der Linse. Wie war die Arbeit am Set des Oscar-Preisträgers?

Diese Arbeit war einerseits wunderbar offen und frei, es gab sogar Zeit für kurze Proben. Cool war auch, dass Stefan meinen Vorschlag, Lise mit griechischem Akzent zu spielen, freudig angenommen hat. Andererseits hat uns dann während meines (Außen-)Drehs das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Da war dann plötzlich überhaupt keine Zeit mehr, sehr schade.

Welche Bedeutung hat Sprache für dich?

Im weitesten Sinne eine sehr große. Ich bin mehrsprachig in einer Musikerfamilie aufgewachsen und der Reiz, neue Sprachen und deren Ausdrucksmöglichkeiten zu entdecken, wird immer größer. Sei es in Wort, Musik oder Körper. Diese Kommunikations- und Darstellungsformen frei zu vermischen macht große Freude, genauso wie meine Arbeit als Sprecherin. Sprache kann so viele Gestalten annehmen und selbst, wenn sie an ihre Grenzen kommt, öffnet sich doch irgendwo ein Türchen, durch welches sie den/die Kommunizierende(n) mitzuteilen vermag.

Die Performance „Bodyvoices“ von EnsemblART fängt sehr dramatisch an. Auf Griechisch. Oder? Worum ging es?

Genau, das Gesprochene in der Performance Bodyvoices ist Griechisch, meine Vatersprache. Wir wollten absichtlich nicht untertiteln, da sich die Geschichte auf anderen Ebenen erzählen sollte, als der inhaltlichen. Es geht um verbalen Sprachverlust, aufgrund des Nichtbenützens von Körperlichkeit. Erst durch das In-Kontakt-Treten mit der eigenen Körpersprache durch die Musik kommen am Ende die Worte wieder. Freier, sicherer und vertrauter. Die Performance erzählt den Prozess eines neuen Zugangs zur eigenen Stimme. Ich hoffe, das kommt auch rüber, wenn man kein Griechisch versteht.

Gibt es eine Rolle, die dich reizen würde?

Da gibt es viele. Am meisten reizen mich aber nach wie vor reale Figuren, historische Stoffe, Menschen, die tatsächlich gelebt haben. So sehr ich auch die Arbeit an fiktiven Figuren liebe – die Welten, die sich in der Recherche eröffnen, nehmen einfach ganz andere Dimensionen an.

Wenn du Südtirol liest, woran denkst du?

Heimat. Vor allem, wenn ich es höre. Die Dreharbeiten zu Evi Romens Film „Hochwald“, der 2021 in die Kinos kommt, erlaubten mir, zum ersten Mal auch auf Südtirolerisch zu arbeiten, das war wunderbar. In New York geboren, erlebte ich mit 6 Jahren einen ziemlichen Kultur-Clash, als wir zu meinen Großeltern nach Südtirol gezogen sind. Aber es ist die Zeit meiner Kindheit, die ich am lebendigsten in Erinnerung habe, glaube ich.

kanettis Bodyvoices ©Marcus Weber

Ich habe letztens in deiner Instagram-Story gesehen, da braut sich was zusammen, was Eigenes … 

BODYVOICES hat uns ein wenig durch diese schwierige Zeit getragen und einen kreativen Kanal geöffnet, der zum Weiterwerken animiert. Das tut sehr gut, unter anderem, weil unabhängiges Arbeiten eine erleichternde Begleiterscheinung in dieser Branche ist. „Was Eigenes“ deshalb, weil ich diesmal viel selbst geschrieben habe. SPIEL(t)RÄUME ist ein spielerischer Versuch, bestehende Denkmuster und festgefahrene Strukturen aufzubrechen, wobei Sprache wieder eine große Rolle einnimmt. Es wird eine Art Poetry-Slam-Musikvideo mit Cello und Stimme – die Musik ist frei nach einem bekannten Soundtrack und der Text frei nach einem bekannten Komponisten. Den ersten Teaser gibt’s schon bald.

… und der Film „Resilient“ soll bald (2021) in die Kinos kommen … Was ist deine Rolle darin?

Hoffentlich. – Ich spiele darin die Lehrerin des damals 11-jährigen Mario Capecchi, der nach einer zerrütteten Kindheit in Italien und Amerika 2007 den Nobelpreis für Medizin erhält. In den Klassenszenen mit den Kids wurde viel improvisiert, das Kostümdesign war dafür bis ins allerkleinste Detail durchkonzipiert, was für SchauspielerInnen herrliche Herausforderungen sind. Ich bin gespannt was und wieviel davon im fertigen Film zu sehen und spüren sein wird.

 

Photo Credits: spiel(T)räume © Peter Pflügler; Der kleine Tod © Christoph Rohner; (3) Bodyvoices © Marcus Weber

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