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December 25, 2020

Moreness in December. Tag Fünfundzwanzig: Ein Kompliment

Sofia Weissenegger
In die Höhe zieht es viele. – Wirklich? Gebirgsmassive wollen sie sehen. – Echt jetzt? Raue Luft wollen sie spüren. – Ernsthaft? … –– Berge müssen zurzeit viel aushalten … Wir haben überlegt, wir möchten uns mit dem Thema, wie wir es bereits in MORENESS getan haben, anders und ausgeprägter befassen. Von 1. bis 31. Dezember veröffentlichen wir Gedanken, Überlegungen und Anregungen. Das ist kein Countdown, kein Ratgeber und erst recht kein Adventskalender, sondern ein aufmerksamer Blick auf die Berge, die uns umgeben.

 

Sehnsuchtsort einer langen Reise. „Die Perfektion der besten Art und Weise, in stillen Momenten leise.“ (zit. Sportfreunde Stiller) Das ist der Berg. Ob Hiesige oder Dosige, er schafft es bedingungslose Begeisterung hervorzurufen. Derweil hat er ja gar nix gemacht, der Berg. Die Evolution schon. Aber das ist eine andere Geschichte. Der Berg war ja schon da und wird es auch etwas länger aushalten als wir auf diesem Fleckchen Erde.
Gut, ich bekenne mich als Bergliebhaberin, nicht schwer, wenn man in die flachen Voralpen ausgewandert ist und von Zeit zu Zeit nach dem Sehnsuchtsort der alpinen Bergwelt lechzt. „In die Berg bin i gern, ja da freut sich mein Gmüet, wo die Almreaslan wochsen und der Enzian bliaht …“ tönt es auf 2.000 Metern vom Nachbartisch. Aber gar so idyllisch ist der Berg erst für unsereins geworden. Wir, deren Leben etwas unbeschwerlicher ist als der Generationen vor uns. Auch wenn Ötzi notgedrungen über die Gletscher und Berge wanderte, so ist das Bergsteigen doch eine moderne Entwicklung, die mit Ende des 18. Jahrhunderts ihren Anfang genommen hat. Vorher wurden Berge vordergründig nur aufgrund religiöser Gründe aufgesucht. Oder aus arbeitstechnischen Gründen, zum Beispiel, um das Heu im Winter mittels Schlitten von den Almen ins Tal, die Tiere zum Weiden auf die Alm oder über die Berge zum Futterplatz zu bringen and so on. Nicht gerade ungefährlich und sowieso beschwerlich. Heutzutage wäre das etwas für unsereins, die wir etwas unternehmen wollen in unserer Freizeit, etwas erleben, ein Abenteuer bestreiten – einen Berg bezwingen. Mancherorts auf der Welt werde ich auch heute noch stirnrunzelnd angesehen, wenn ich einen Berg zu Fuß überqueren möchte: „Einfacher wäre es doch mit uns im Auto mitzufahren.“ Ja, dem kann ich nur zustimmen und muss über mich selbst schmunzeln. Grenzenlose Freiheit, sagt man, bietet der Berg. Es sind schier keine Grenzen gesetzt. Was der Berg eigentlich alles aushalten muss. Zertrampelt von Bergbegeisterten und SportlerInnen, zugedröhnt von Freiluft- und Musikevents, gepflastert von Wanderpfaden, verschönert durch immer modernere alpine Wellnessrefugien und auch der Klimawandel machen ihm zu schaffen. Aber damit noch nicht genug, wurde er in der Vergangenheit von Ideologien und totalitären Regimen vereinnahmt und für deren Zwecke instrumentalisiert. Denn einen Berg bezwingen, heißt auch Macht zeigen. Und ein bisschen mächtig wollen wir uns doch anscheinend alle fühlen. Almighty – und das müssen wir uns letztlich eingestehen – ist einzig die Natur.

 

WEITERFÜHRENDES FÜR TAG FÜNFUNDZWANZIG:

* „Grande Guerra e Geo-grafia“ von Marco Ferrari in MORENESS #01 über Festungen in den Bergen und ihre Verschmelzung mit der Natur 

* Südtirols Netzwerk für Nachhaltigkeit

* Fridays for Future Southtyrol 

* „Das alte Handwerk“ von Hans Haid über die Welt mitteleuropäischer Handwerkskultur

* „Alpenbräuche. Riten und Traditionen in den Alpen“ herausgegeben von Gerlinde und Hans Haid 

* „Ein Kompliment“ von Sportfreunde Stiller

 

Bild: Auszug aus MORENESS #02 – On Trees and Woods  

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