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December 22, 2020
Goodbye Sven
Franz
Sven Sachsalber ist vor kurzem in Wien gestorben. Die Nachrufe gingen bereits durch die Presse. Wir wollten abwarten, wie Sven gestorben ist, bevor wir uns von unserem Freund verabschieden – jeder auf seine persönliche Weise. Es war ein natürlicher Tod, plötzlich und unvermittelt, und hat uns alle fassungslos gemacht.
Lieber Sven,
dass du nicht mehr lebst, ist immer noch nicht ganz bei mir angekommen. Wir haben nicht lange vor deinem Tod telefoniert, du klangst gut und voller Pläne. Ich schreibe diese Zeilen des Abschieds und schaue auf eine Zeichnung, die du mir vor vielen Jahren geschenkt hast und die auf meinem Schreibtisch steht. Pumuckl spielt mit einer kleinen Pumuckl-Marionette. Ich denke an unsere langen und tiefen Gespräche über Kunst, über Familienstrukturen, die USA – du wohntest in den letzten Jahren im East Village, gleich ums Eck von meiner Schwester –, über Beziehungen, übers Erwachsenwerden, Selbstdisziplin, über Südtirol und vieles, vieles mehr. Und ich denke an die Gin Tonics, die wir dabei oft getrunken haben. Zuletzt im September bei uns zu Hause. Ich denke an das Bild von dir, das wir im Herbst gekauft haben „Giallo Napoli“. Die Wärme dieses Bildes begleitet mich, begleitet uns. Dein Talent, deine Sensibilität, deine Unnachgiebigkeit und immer wieder auch deine Schwermut haben dir und anderen das Leben nicht immer leicht gemacht. Lieber Sven, ich vermisse dich, als Freund und als Künstler. Take care, wo auch immer du bist.
Susanne
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Muriel sagt, wenn wir zusammen kommen, sind wir wie zwei Lausbuben. Nun behalte ich mir mein Lausbubensein wie seit jeher bei, kann es aber nicht mehr mit dir teilen.
Ich werde unsere intimen Gespräche, unser schelmisches Lachen und gemeinsame Aktionen vermissen.
Dich hat keine Gans gestohlen, du bist immer da.
Jeden 4. September werde ich eine Weißwurst samt Franziskaner in deinem Gedenken genießen … Und am Abend die von dir so hochgepriesene Zwiebelsuppe von Muriel. Alles wird gut.
Peter|||KOMPRIPIOTR|||Holzknecht
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sven nannte mich stets „vetter walter“. was ja stimmt, meine oma war aus laatsch, svens opa der halbbruder meines vaters. trotzdem und leider habe ich ihn erst vor 5 jahren kennenlernen dürfen. wir haben gerne „ge-whatsapp-lt“, er hat mir immer wieder von neuen entdeckungen und projekten berichtet, von büchern, die er gefunden (auch über architektur), von recherchen, die er im internet durchgeführt hatte, und sachen, auf die er durch seine realen und virtuellen beobachtungen gestoßen war.
seine neugier und sein aufnahmevermögen waren sensationell. in der kunstwelt hatte er es schon sehr weit gebracht, seine schräge und trotzdem punktgenaue analyse der welt hat mich stets begeistert, er konnte menschen in dieser, seiner begeisterung für „neues“ in seinen bann ziehen.
viele künstler versauern innerhalb ihrer eigenen disziplin (wie übrigens auch viele architekten). sven hat aber die welt im allgemeinen und das ganze rundherum interessiert, er experimentierte viel. irgendwann, letzten sommer hatten wir uns (er aus dem grödental kommend) am kalterer see zum essen getroffen. im kofferraum und nach dem essen (auf dass mir nicht schlecht werde) ein aus zirbenholz geschnitzer ikeasack mit zwei originalen kunststoffschlaufen, gefüllt mit schädeln aus einer archäologischen ausgrabung, die er im internet entdeckt hatte. dieses bild zu entfremden fand er spannend und eine subtile ironie gehörte ohnedies zu svens konstanten.
er changierte zwischen zwei sprachlichen ebenen, jener seines „beinharten“ obervinschger dialektes und der fähigkeit durch die kunst und seine vielschichtigen werke zu sprechen.
sven war alles andere als abgehoben, in seinem laatsch war er „der sven“ von immer schon, in bozen hat er nie diesen „möchte-gerne-intellektuellen“ gespielt (wie so mancher aus der künstlerschaft), auch da war es „der sven“ und dass er dies nicht notwendig hatte, bewiesen seine wenigen öffentlichen auftritte in der kunstszene bei austellungen im museion und in der ar/ge kunst galerie museum.
in new york, wo er seit einigen jahren lebte und wo anita, anna und eva ihn besucht hatten, konnte man sehen, wie frei er dort atmen konnte, wie wichtig, aber auch beinhart diese stadt für künstler immer noch ist.
aber auch seine stetigen besuche zuhause, bei mama priska, oma frida und den freunden, seine radtouren auf das stilfser joch haben ihm immer wieder gut getan. er hat südtirol nie verleugnen wollen, obwohl er das immer noch allzu oft provinzielle im denken – meist bei den „g’scheiten leuten“ schon immer wieder betont hat. trotzdem hatte er mehrere, auch private förderer und dass diese werke hier im südtirol sind, hat ihn sehr gefreut.
am 21. april 2020 hatte er bei strand/book/store (sein buchladen am broadway/e 12th street) zwei frühe ausgaben von „delirious new york“ von oma/rem koolhaas erstanden, eine kopie wollte er mir mitbringen. am gleichen tag hat er mir diese gerade angefertigte skizze des hochhauses von frank o. gehry in 12 spruce street – manhatten über whatsapp geschickt, mit der anmerkung, dass sein mentor raymond pettibon – wie übrigens auch rudolf stingel ein solcher war – im 57. stockwerk wohne.
im sommer haben wir uns dann noch ein paar mal getroffen, er war ja eine weile hier. im august hat er mir dann sein laatsch gezeigt, man merkte regelrecht, dass der „baum“ sven dort verwurzelt war, seine äste aber schon lange weit über die grenzen hinausgewachsen waren. dass orte menschen prägen, herkunft eine bedeutung im leben von kreativen haben kann und muss. sein buch „abbc“ von 2017 zeugt davon und wie man diese herkunft auch künstlerisch subtil um-schreiben kann.
aber irgendwann war dann doch genug für ihn hier, er hat viel gearbeitet und ein paar schöne werke aus der serie „pantone“ geschaffen, die rückreise nach new york verzögerte sich wegen corona und seiner green card. in wien hat er eine zeitweilige bleibe gefunden, aber er wollte so schnell wie möglich zurück nach new york und zu andra. leider ward ihm dies nicht vergönnt!
sven war ein wunderbarer mensch, erst die aufarbeitung seines werkes wird zeigen, wie wichtig er überhaupt für die kunstwelt (ja, auch für unsere lokale hier) war und wie viel man – abgesehen von seiner arbeit – auch menschlich von ihm lernen konnte. wir werden ihn sehr vermissen.
walter angonese
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Lieber Sven,
im ersten Lockdown, also im Frühling, hat mich Franco Noero angerufen – du kennst ihn sicher, der bekannte Galerist aus Turin, der mit Simon Starling, Tom Burr, Henrik Olesen sowie mit Martino Gamper zusammenarbeitet. Er war an deiner Arbeit interessiert. Du bist ihm bei Ramiken in New York aufgefallen. Franco meinte, Michael Egan von Ramiken sei der neue Gavin Brown in der Szene: Wenn er jemanden entdeckt, dann hat jener oder jene garantiert Erfolg, meinte er. Wow! dachte ich. Franco und ich kennen uns schon lange, wir vertrauen einander, er bat mich etwas über dich, über deine Arbeit zu erzählen. Ich erzählte ihm vom „Wiederholungszwang“ in deinen Werken, von den Gesten, Handlungen, Elementen, die du mit obsessiver Insistenz wiederholst und mit denen du ständig die Grenzen deines Körpers erprobst. Ich sagte, dass du ein Vinschger bist, also ungefähr aus der Zone von Martino Gamper kommst, den er ja sehr gut kennt. Ich erzählte von der Ausstellung mit deinem Vater Markus im Museion. Franco wollte dich in NYC besuchen. Kommst du mit, fragte er mich? Na, klar! meinte ich. Sven, erinnerst du dich, als du, meine Freundin Margit und ich in diesem superschrägen Lokal neben der Bowery praktisch die einzigen Kunden waren und die Nacht durchgetanzt haben? In NYC habe ich mich eigentlich immer bei dir gemeldet. Als ich letzten Februar dort war, warst du aber nicht da: Du wolltest ins Burgenland, schriebst du mir. Und da hat mich leider genau, als ich in NYC war, die Nachricht des Ablebens deines Vaters erreicht.
Markus Licata habe ich durch das gemeinsame Projekt mit dir im Museion besser kennengelernt. Er ist während und besonders nach dem Projekt ein sehr treuer Besucher des Museums geworden! Und eigentlich war er der Mensch, mit dem ich am häufigsten über dich gesprochen habe: über dein Befinden, über deine Kunst, über dein Liebesleben … Er war so stolz auf dich!
Nach dem Anruf von Franco Noero hatte ich eine Riesenfreude. Ich schrieb an Frida Carazzato, die damals deine Ausstellung im Museion kuratiert hatte, und sie schickte sofort unsere kleine Publikation der Galerie Noero. Ich überlegte, ob ich dich benachrichtigen solle, tat es aber „aus scaramanzia“ lieber nicht. Franco wollte sich so bald als möglich wieder melden.
Der Sommer ist verstrichen. Wir haben uns, als du das letzte Mal im Museion warst, verpasst und nur ein paar Mal telefonisch gehört – da hatte ich aber verstanden, dass Franco sich noch nicht bei dir gemeldet hatte.
Zweiter Lockdown: Ich bin in Seis und mache via Zoom eine Führung für artissima. Franco Noero sieht mich und ruft mich an. Er ist immer noch von dir und deiner Arbeit überzeugt – super! Diese Pandemie verlangsamt alles. Franco hätte dich schon längst besuchen wollen. Ich weiß gar nicht, dass du im Moment nicht in New York bist. Wir sprechen noch eine Weile über dich und verabschieden uns mit der Abmachung, dass ich bald einen Kontakt zwischen euch beiden herstellen soll. Es fehlt nur noch eine Information von Ramiken, die Franco haben möchte.
Ich bin nicht mehr dazugekommen, dir zu schreiben. Es tut so weh. Ich bin sehr froh, dass Susanne mir jetzt die Möglichkeit dazu gegeben hat.
Letizia
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Ich trauere aus tiefstem Herzen um meinen sehr, sehr geschätzten Künstlerkollegen und Freund Sven Sachsalber. Als ich ihn das letzte Mal traf, trug er einen kleinen Fuchs bei sich. Ich widme meinen Fuchs Sven.
Gabriela Oberkofler
Bilder + Audio: (1 + 7) „Fuchs“ von Gabriela Oberkofler; (2) „Giallo Napoli“ von Sven Sachsalber, Foto Susanne Barta; (3) „Hostienleuchter“ von Sven Sachsalber, Foto Ivo Barth; (4) Foto Ivo Barth; (5) Komposition von Peter|||KOMPRIPIOTR|||Holzknecht für Sven Sachsalber für ein Interview auf franzmagazine: Interpretation von „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ mit echten Fuchsschreien; (6)„12 Spruce Street“, Skizze vom 21.04.2020 von Sven Sachsalber.
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