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November 9, 2020

Why not you, Prenn?

Eva Rottensteiner

Wenn Thomas Prenn auf der Bühne steht, hat er viele Gesichter. Von Trauer zerrissen, von Wut geplagt, von Stimmen heimgesucht: Der neue Stern am deutschsprachigen Schauspielhimmel hat in wenigen Jahren geschafft, wovon andere Nachwuchsschauspieler*innen nur träumen können. Schon vor seiner Schauspielausbildung hatte er seine erste Film-Hauptrolle („Tränen der Sextner Dolomiten“, 2014). Für seine erste TV-Hauptrolle im Schwarzwald-Tatort („Tatort: Damian“, 2018) wurde der gebürtige Pustertaler mit dem Studio Hamburg Nachwuchspreis 2019 ausgezeichnet. Seit 2019 ist Prenn auch in der erfolgreichen deutschen Netflix-Serie „Biohackers“ zu sehen.

Südtirol hat einen Filmstar und keiner weiß es hier. Kulturredakteur*innen von Süddeutsche Zeitung bis Die Zeit sind begeistert vom Toblacher. Und auch Evi Romen, die in Wien lebende Filmemacherin aus Bozen, lobte ihn letztens auf dem Züricher Filmfestival. In ihrem neuen Film „Hochwald“ spielt Prenn den Hauptcharakter Mario, der seinen Freund bei einem terroristischen Anschlag verliert und sich zurück in seinem Bergdorf in den muslimischen Nadim verliebt. Im Jänner 2021 kommt „Hochwald“ (Why Not You) auch nach Südtirol. NACHTRAG: Im Rahmen des open air Filmfeschtl 2022 im UFO Bruneck wird „Hochwald“ am Samstag, 30. Juli  um 20 Uhr gezeigt, im Anschluss folgt ein Gespräch mit Evi Romen und Thomas Prenn, modertiert von Christian Mair.  

Warst du schon immer ein Bühnenkind oder kam der Wunsch zum Schauspielern erst später?

Das kann man so sagen. Ich habe bereits in der Grundschule gerne bei Theaterstücken mitgemacht, auch wenn es nicht viele waren. Und mich immer schon gerne verkleidet. 

In der Tatort-Episode „Damian“ spielst du einen psychisch kranken Jurastudenten, in der Sky-Serie „8 Tage“ den schwerkranken Ben, im neuen Kinofilm „Hochwald“ einen sensiblen Tänzer im skeptischen Südtirol, der seinen Geliebten bei einem Attentat verliert: Was reizt dich an solchen vielschichtigen, schwierigen Charakteren?

Solche Rollen zu spielen, ist auch eine Herausforderung. Ich versuche dabei etwas über die Figuren und ihre Umgebung, ihre Sehnsüchte, ihre Probleme etc. herauszufinden und mich ihnen zu nähern. So eine Verwandlung macht mir dann auch einfach Spaß und ich versuche, dem jeweiligen Schicksal irgendwo auch gerecht zu werden.

Wie bereitest du dich auf deine Rollen vor?

Das ist immer etwas unterschiedlich. Ich mag es Filme anzusehen, die inspirierend sein können für meine Arbeit, und bei bestimmten Themen schaffe ich mir Sekundärliteratur an, um eine Ahnung zu bekommen. Für Damian und Mario aus Hochwald habe ich auch mit einem Psychiater gesprochen, um bestimmte Sachen und Vorgänge in Menschen zu erfahren und besser zu verstehen. Kurz vor dem Dreh stelle ich mir auch meistens eine Playlist zusammen, für die Rolle.

Du hattest schon während deiner Schauspielausbildung mehrere Rollen in Theater und Film, jetzt gleich mehrere Hauptrollen hintereinander (Tatort „Damian“, Hochwald, Unter der Haut der Stadt) und du bist in der deutschen Serie Biohackers auf Netflix zu sehen. Wie gehst du mit deinem Erfolg um?

Das kam bei mir ja nicht von einem auf den anderen Tag oder über Nacht, sondern Schritt für Schritt. Und so versuche ich auch damit umzugehen, so fühlt es sich auch an.

Mit welchem Charakter konntest du dich bisher am meisten identifizieren?

So wie sie im Drehbuch stehen, mit keinem so wirklich. Am ehesten mit Mario aus Hochwald, da wir ja auf Südtirolerisch gedreht haben. 

Du spielst oft Außenseiter-Rollen: als psychisch Erkrankter, als Homosexueller in einem Bergdorf, als Islam-Sympathisant in einer ausländerfeindlichen und antimuslimischen Gesellschaft. Wie siehst du deine gesellschaftliche Rolle als Schauspieler?

Den Beruf des Schauspielers gibt es ja schon lange. Und ich finde, wir sind noch immer Geschichtenerzähler. Wir verdichten Texte oder Ideen und transportieren sie emotional, um zu unterhalten. Aber natürlich sind SchauspielerInnen auch Projektionsfläche für Bewunderung, Träume und „Highlife“, das wird gerne mit Hollywood verwechselt.Why not you - Thomas Prenn - Evi Romen (c)

Mit „Hochwald“ von Evi Romen, einer Bozner Filmemacherin, bist du ab Anfang 2021 in den Kinos zu sehen. Wie war die Zusammenarbeit mit ihr?

Genau, Hochwald wird ab 14.01.2021 in den Südtiroler Kinos zu sehen sein. Besonders toll war, dass Evi uns Schauspielern auch immer den Raum zur Improvisation gelassen hat, sie ist nämlich eine sehr genaue Beobachterin. Es war auch toll, dass wir uns schon länger vor dem Dreh immer wieder getroffen haben, um über die Rolle zu reden und zu proben. 

Was machst du eigentlich, wenn du nicht vor der Kamera stehst?

Dann treffe ich mich gerne mit Leuten, die ich mag, ich klettere und verreise, gehe gerne ins Kino und spiele immer wieder Tischtennis.

In einem Interview zur Serie „Biohackers“ hast du erzählt, dass du gern allein ins Kino gehst: Was schaust du dann am liebsten?

Ja, ich liebe es, mir im Kino Filme anzuschauen. Ich glaube, man kann sie ganz gut unter dem Genre „Festivalfilme“ zusammenfassen, die in Programmkinos laufen. 

Theater, Kinofilm, Serie –  du hast schon einiges ausprobiert. What’s next?

Ich drehe zurzeit hauptsächlich. Gerade die 2. Staffel von „Biohackers“ für Netflix und im nächsten Jahr den Kinofilm „Unter der Haut der Stadt“, der dieses Jahr nicht gedreht werden konnte und verschoben wurde. 

Thomas Prenn ist auch die Theaterbühne nicht fremd. Schon während seiner Schauspielausbildung in Berlin hatte er Rollen an der Mailänder Scala („Zauberflöte“ von Peter Stein), am Deutschen Theater Berlin und an der Volksbühne Berlin. Von 2018/19 war er Ensemblemitglied am Badischen Staatstheater Karlsruhe.
In diesem Jahr war er außerdem in Sebastian Meises Crew für den Kinofilm „Große Freiheit“, eine österreichische Filmproduktion über die Lebensgeschichte eines Homosexuellen in einer Zeit, in der Homosexualität noch illegal ist. Man sei gespannt!

Fotos: (1) Thomas Prenn 02 (c) Puria Safari; (2) Filmstill aus Hochwald/Why Not You

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