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October 21, 2020

Entriegelt: Producta 2020

Eva Rottensteiner

Stell dir vor, du bist Künstler*in und gezwungen 9 Wochen zuhause zu verbringen. Nur mehr die Leinwand und du. Lockdown. Komplett verriegelt. Wirst du dann produzieren können? Kreativ sein? Unentdeckte Gefilde erobern? Traum oder Alptraum? Die Schüler*innen des Kunstgymnasiums Bozen „Walther von der Vogelweide“ haben es ausprobiert. Und es scheint funktioniert zu haben. Die kreativen Ergüsse kann man sich in der Bozner Stadtgalerie am Dominikanerplatz anschauen. Diesmal vollkommen locked-out. Producta Lockout (c) Giancarlo Lamonaca IMG_1497Producta Lockout (c) Giancarlo Lamonaca IMG_1485Producta Lockout (c) Giancarlo Lamonaca IMG_1486

In den Galerien kehrt wieder Leben ein, die leeren Wände werden neu arrangiert und der Staub aus den Ecken gekehrt. Endlich wieder Theater. Endlich wieder Kunstausstellung. Endlich wieder leben. Die eigenen vier Wände hinter sich lassen und endlich wieder nach draußen. Nach dem Lockdown folgt das Lockout oder wie es Kunstprofessor Giancarlo Lamonaca nennt: „Aus der Sperrzone kommen – mit dem Kopf, wenn schon nicht physisch.“ Gemeinsam mit einem Professor*innen-Team betreut er die alljährliche Producta, die Jahresausstellung des Kunstgymnasiums Bozen in der Stadtgalerie am Dominikanerplatz. Unter dem Thema „Lockout“ besetzen seine Schüler*innen für eine Woche den ebenerdigen Stock der Stadtgalerie und exponieren, was gerade im letzten Sommersemester hauptsächlich in den eigenen vier Wänden entstanden ist.

Von Malerei über Grafik bis hin zu Druckgrafik kann man anhand von 100 Exponaten verstehen, wie Kunstproduktion während einer Zeit der Isolation funktionieren kann. Die Kunst-Schüler*innen sind es zwar grundsätzlich gewohnt, Projekte über einen längeren Zeitraum selbstständig zu betreuen, Kreativität und Flexibilität bei der Auswahl der Materialien war aber von zuhause aus gefragt. „Mensch-Unmensch“, „Privacy und Überwachung“ und „Klimagerechtigkeit“ waren die Themen, mit denen sich die Schüler*innen auseinandergesetzt haben. Mit der aktuellen Zeit arbeiten, das war Lamonaca vor allem während des Lockdowns wichtig. Wie bei der Getty-Challenge, bei der die jungen Künstler*innen mitgemacht haben. Ziel des weltweiten Aufrufes war es, berühmte Gemälde aus der Kunst mit Haushaltsgegenständen zu re-interpretieren.Producta Lockout (c) Giancarlo Lamonaca IMG_1498Producta Lockout (c) Giancarlo Lamonaca IMG_1494

Was ist neu? Erstmals haben die Studis bei einem Austauschprojekt (Erasmus+) mit der Kunstschule Wiener Herbststraße mitgemacht. Und auch da wurde produziert, aber eben à la Herbststraße: Siebdruck, Schmuckdesign, Skulpturen, Stoffdesign und Keramik. Mit ganz anderen Techniken behandelten die Schüler*innen die Frage um Geschlechter-Gleichberechtigung, Fragilität der Genderthematik und die Vielfalt der Rollenbilder. Die entstandenen Werke sind ebenfalls in der Producta ausgestellt.

Wann? Am besten sofort irgendwann zwischen 21. und 28. Oktober von 10 bis 12:30 oder 15:00 bis 18:30 Uhr (außer Sonntag).

Hingehen, anschauen, Gedanken stimulieren! Das ist ein Appell. Es lohnt sich, statt alter Meister*innenhuldigung auch mal in die Perspektiven junger Künstler*innen einzutauchen. Denn, oh Wunder, die sehen die Welt nochmals aus einem ganz anderen Winkel.

Fotos: (1) Producta “lockout”, Kunstgymnasium Bozen “Walther von der Vogelweide”; (2–6) Exhibition View , Giancarlo Lamonaca 

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