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September 30, 2020

Sustainable Porto

Susanne Barta

Porto ist eine Stadt im Aufbruch. Anfang September war ich dort, da mein Sohn derzeit in Porto lebt und arbeitet. In Gesprächen mit verschiedenen Leuten bekam ich immer mehr den Eindruck, dass in Portugal in vielerlei Hinsicht neue Akzente gesetzt werden. Das Thema der Nachhaltigkeit zieht sich – vor allem in der jungen Generation – durch die verschiedensten Lebensbereiche: von der Kulinarik über Tourismus und Energieerzeugung bis zu nachhaltigen Produktionsweisen und Mode. Vor allem aber ist es mir im Lebensstil aufgefallen: Weniger verwöhnt als bei uns, maßvoller und die Zukunft im Blick. Mir ist natürlich klar, dass ich einen kleinen Ausschnitt beobachten konnte bzw. mich in einer Umgebung von jungen Menschen aufhielt, die vorangehen. Aber die Bemühungen, Portugal klimafreundlich zu modernisieren, wurden immerhin 2019 von der Green Destination Stiftung mit dem „Sustainable Destinations Top 100 Award“ ausgezeichnet.Susanne Barta in Porto terramar

Viele nachhaltige Brands produzieren in der Zwischenzeit in Portugal, auch im Land selbst entwickeln sich interessante Labels. Es gibt eine Reihe von nachhaltigen Modemarken und Designer*innen, die ihre Kollektionen bereits weltweit verkaufen. Sie produzieren meist lokal und pflegen die traditionellen handwerklichen Techniken ihres Heimatlandes. Wer Interesse und Zeit hat, sich das mal selbst anzuschauen, hier eine kleine Auswahl an Geschäften und inspirierenden Projekten.Susanne Barta in Porto Leo_Bluse

Der Concept-Store Coração Alecrim verkauft Vintage-Mode, Kleidung, Designartikel und Einrichtungsgegenstände von lokalen Designer*innen und bietet ihnen so eine wichtige Plattform. Ich habe dort um 18 Euro eine super coole Leo-Bluse gekauft. „Wir glauben, dass Portugal der Welt viel zu bieten hat. Coração Alecrim ist auf der Suche nach dem portugiesischen Know-how und der portugiesischen Expertise: nachhaltig, essenziell, dem Schönen auf der Spur und mit Liebe gemacht“, sagen die Gründerinnen Filipa und Rita.

Susanne Barta in Porto secondhand_concept

Überhaupt hat Porto im Vintage- und Second Hand-Bereich einiges zu bieten: es lohnt sich bei Mon Pere Vintage, Mao Esquerda Vintage, im Patch Lifestyle Concept Store oder in einem der zahlreichen Humana Stores vorbeizuschauen.

Susanne Barta in Porto Foto_8_Daily_Day

Sehr gediegen und Monocle-gefeatured ist der Flannel Store in Porto. Nachhaltiges portugiesisches Design wird zum Beispiel im Daily Day präsentiert und auch die nachhaltig produzierende baskische Brand SKFK hat ein Geschäft in Porto. Hochwertiges Shopping und Lunch kann man zum Beispiel bei Out to lunch kombinieren, nach Lissabon gibt’s nun auch ein Geschäft in Porto.Susanne Barta in Porto flannel

Junge portugiesische Designer*innen sind im Kommen. Tamara und Luisa sind keine Schwestern heißen aber beide Brandão. Sie haben im Lockdown begonnen Kleidungsstücke zu entwerfen. Daraus ist das kleine, feine Label Terramar entstanden. Die beiden produzieren on demand, aus Materialien wie Biobaumwolle und nachhaltig hergestelltem Leinen und verkaufen erfolgreich über Instagram.Susanne Barta in Porto Foto_11_Francisca_Terramar

Die Künstlerin Rava Midlej arbeitet mit Pflanzenfarben auf Papier. Daraus sind Schritt für Schritt auch Eco-Prints auf Kleidungsstücken entstanden. Sie experimentiert mit natürlichen Pigmenten, jedes Stück wird so zum Einzelstück. Nachhaltigkeit ist ihr ein wichtiges Anliegen, auch in ihrem Alltagsleben. Ihr Leitspruch: „Reuse what you have“. Sie arbeitet fast ausschließlich mit Second-Hand-Kleidung, verkauft ihre Stücke in Geschäftenund gibt auch Workshops.

Susanne Barta in Porto Foto_12_Eco_print

Dass die Textilindustrie in Portugal eine wichtige Rolle spielt, merkt man an allen Ecken und Enden. Dass hier aber noch viel zu tun ist, merkt man auch. Denn der Großteil ist billige Massenware und überwiegend aus Polyester. Ich lese, dass die Textilindustrie in Portugal gerade ein Revival erlebt. Nicht nur weil der Staat kräftig in den Aufbau investiert, sondern auch weil es gut ausgebildetes Fachpersonal und verhältnismäßig günstige Produktionsbedingungen bietet. Außerdem lassen sich zum Teil hochkomplexe Lieferketten in Asien ersetzen und Made in Portugal kommt auch bei Konsument*innen besser an. Ob man nun in Portugal wirklich fairer produziert als in Asien oder in der Ukraine, Rumänien und Bulgarien werden Organisationen wie Fashion Revolution oder die Clean Clothes Campaign früher oder später herausfinden und thematisieren.Susanne Barta in Porto Foto_13_Lokal

Was mir besonders gut gefallen hat: Eine junge Restaurant- und Café-Szene entwickelt sich augenscheinlich. Ob ausgefeilt portugiesisch, vegetarisch oder vegan, es wird auf gesunde und frische Küche gesetzt. Sehr gut isst man zum Beispiel im vegetarischen Restaurant Manna oder im Cafe época oder frischen Fisch im Restaurante Lessa oder trinkt Tee im rotadochá. Mein neues Lieblingsrestaurant aber wird von Francisca Feiteira, der Freundin meines Sohnes, und ihrer Mutter Dilma betrieben. Aconchego do Quintal ist 30 Minuten außerhalb von Porto und bringt biologisch angebaute Lebensmittel aus dem eigenen Garten nach dem Konzept „Farm to Table“ auf den Teller. Die Küche ist vegetarisch, raffiniert gewürzt und alles in allem köstlich. Francisca ist eine der neuen Stimmen in der Food-Szene Portugals.Susanne Barta in Porto Foto_14_Francisca_Dilma

Noch einmal zurück zur Mode. Richtig tolle Schuhe findet man bei der portugiesischen Brand Lemon Jelly. Ich habe Sandalen des Labels, sie sind nicht nur sehr bequem, sondern riechen auch nach Zitrone! Lemon Jelly produziert ausschließlich vegan, ist seit 2019 PETA zertifiziert und hat zum Beispiel eine Kollektion im Programm, die aus recycelten Zitronen produziert wird. Susanne Barta in Porto Lemon_Jelly

Eine Reise nach Porto lohnt sich allemal. Also: Auf nach Porto.

 

Fotos: (1) © Susanne Barta; (2+3) © Terramar; (4+5) © Susanne Barta; (6+7) Patch Lifestyle Concept Store © Susanne Barta; (8) Daily Day © Susanne Barta; (9+10) Flannel Store Porto © Susanne Barta; (11) Francisca in Terramar © Susanne Barta; (12) Eco-Prints von Rava Midlej © Susanne Barta; (13) Restaurant Aconchego do Quintal © Susanne Barta; (14) Francisca und Dilma © Susanne Barta; (15+16) Lemon Jelly Becky Sandals © Susanne Barta. 

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