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September 16, 2020

Ecotex – Bekleidung oder Mode?

Susanne Barta

Das Thema ist bekannt: Nachhaltige Mode hat den Beigeschmack öko auszusehen. Diese Assoziationen erweckt sie auch nicht zu Unrecht. Nachhaltige Mode hat in ihren Anfängen wirklich öko ausgesehen, tut es heute aber nur mehr zum Teil. Wie bei allen Bewegungen stehen am Anfang Pionier*innen. In diesem Fall Öko-Fashion-Pioniere. Es ging um faire Produktionsweisen und Materialien, die weniger umweltbelastend hergestellt werden. Um Style ging es kaum oder gar nicht. Das hat sich verändert. Zumindest überwiegend. Den Pionier*innen gebührt großer Dank, denn ohne sie wären wir heute nicht, wo wir sind. Dennoch ist ihr hartnäckiges Festhalten am Öko-Schick nicht immer hilfreich. Denn verändern wird sich in der Modeindustrie nur etwas, wenn es gelingt, auch den Mainstream zu erreichen. Und der will nun mal nicht öko aussehen.

Susanne Barta @ Ecotex Klausen Foto_2_Flickwerkstatt

Anfang September fand in Klausen die erste Ausgabe des Fair-Fashion-Marktes Ecotex statt. Mit Verkaufsständen, Kleidertauschparty, Modenschau, Flickwerkstatt, einer Ausstellung zur weltweiten Kleiderproduktion und einigem mehr – organisiert von der Wirtschaftsgenossenschaft Klausen in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk der Südtiroler Weltläden, INTERGAS und OEW. Engagiert gemacht, keine Frage. Eine Fair-Fashion-Veranstaltung wie die Ecotex jedoch zeigt genau, wie es aussieht, wenn sich „alte“ nachhaltige Welt und „neue“ nachhaltige Welt begegnen. Mit alter Welt meine ich Bekleidung, bei neuer Welt beginnen wir von Mode zu sprechen. In Klausen war vor allem Bekleidung zu sehen, das Ganze erinnerte an einen Wochenmarkt, nur eben bio. Dabei geht es nicht nur darum, was gezeigt wird, sondern auch WIE. Selbst Marken wie Re-Bello oder CORA happywear, die mit Bedacht gestaltete Geschäfte betreiben, schauen aus wie Billig-Brands, wenn sie nicht entsprechend präsentiert werden.

Aber es gab auch interessante Ausnahmen.Susanne Barta @ Ecotex Klausen Foto_3_Micle_2

Der Südtiroler Textildesigner Michael Klammsteiner alias Micle hat Mode studiert und auch das Handwerk gelernt. Sein Fokus liegt auf Naturmaterialien, die er sorgfältig auswählt und mit Pflanzenfarben färbt und bedruckt. Das ergibt einerseits interessante Strukturen, aber auch eine „erdige“ Farbpalette. Micle schneidert am liebsten auf Maß. Seine Stücke sind auf allen Ebenen nachhaltig. Micle macht Mode, auch wenn es in seiner Arbeit nicht um Trends geht. Diese Kleidungsstücke werden gemacht und gekauft, um zu bleiben.Susanne Barta @ Ecotex Klausen Foto_4_Micle_1

Sehr interessant auch die Begegnung mit Mirjam Hellrigl, die mit ihrem Label Überfliegerin gerade begonnen hat an die Öffentlichkeit zu gehen. Die junge Meranerin verkauft ihre Entwürfe derzeit noch auf Märkten. Der Name „Überfliegerin“ ist eine Hommage an Amelia Earhart, die Flugpionierin und Feministin, die als erste Frau Atlantik und Pazifik überquerte. Ihre Entwürfe, sagt Mirjam, seien der Versuch, zeitlose Stücke zu kreieren, verbunden mit der Möglichkeit ein persönliches Lebensgefühl auszudrücken. Und das scheint ihr zu gelingen. Auch Mirjam hat das Schneidern gelernt. Nachhaltigkeit ist ihr seit vielen Jahren ein Anliegen und das setzt sie auch konsequent in ihren Entwürfen um.Susanne Barta @ Ecotex Klausen Foto_5_Überfliegerin_2

Ebenso aufgefallen ist mir die Neumarkter Brand Bad Seeds Company,  die junge, entspannte Alltagsmode aus Hanf herstellt. In der Produktion werden keine tierischen Produkte verwendet, das wird auch durch das PETA-Siegel bestätigt. 

Dass nachhaltige und faire Praktiken in der Modeindustrie bisher nur sehr punktuell angekommen sind, das könnt ihr in diesem Blog regelmäßig lesen. Aber es tut sich einiges und vor allem junge Designer*innen sind dabei, vieles anders zu machen. Sie werden, davon bin ich überzeugt, die Industrie Schritt für Schritt verändern. Heute kann es sich kein Unternehmen, das am Markt bestehen möchte, mehr leisten, Nachhaltigkeit komplett zu ignorieren. Vielleicht funktioniert das ja auch umgekehrt. Und Öko-Labels lassen zeitgemäßes Design auch nicht mehr so ganz links liegen.

Fotos: © Susanne Barta; Susanne trägt eine schwarze Jeans von Arket, ein Secondhand-Hemd, Schuhe von Jutelaune  und die Tasche aus Piñatex ist von Maravilla Bags. 

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