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August 5, 2020

GREENSTYLE – home of sustainable fashion

Susanne Barta

Der 50. Artikel in diesem nachhaltigen Fashion-Blog ist meinem Herzensprojekt GREENSTYLE gewidmet. Regelmäßige Leser*innen kennen die Plattform und die Gründerin Mirjam Smend natürlich. Begonnen hat alles bei einer Internet-Recherche. Ich bin auf die GREENSTYLE munich gestoßen und war sehr schnell entschlossen nach München zu fahren auf die zweite Ausgabe dieses ambitionierten Messe- und Konferenzformats. Nachhaltige und faire Mode ist als Thema gewissermaßen zu mir gekommen. Und geblieben.

Wir arbeiten nun in verschiedenen Bereichen zusammen und versuchen gemeinsam das Thema größer zu machen und so zu kommunizieren, dass es weit über die (nachhaltige) Fashion Community Gehör und Aufmerksamkeit findet. Mirjam ist nach sechszehn Jahren Modejournalismus (u. a. für Elle, Glamour und Vogue) und mehreren Jahren pickelharter nachhaltiger Fashion-Arbeit super gut vernetzt und mit maximalem Einsatz unterwegs. „Die Welt rettet man nicht bequem von 9 to 5“, sagt sie gerne. Ihr Mann Florens steht ihr da in nichts nach. Mit endloser Geduld löst er Problem nach Problem und lässt die GREENSTYLE auch graphisch gut aussehen. 

Die 4. Ausgabe der GREENSTYLE munich wurde Corona bedingt abgesagt. Das war ein harter Schlag und lange war nicht sicher, ob die Plattform die Verbindlichkeiten, die ja dennoch da waren, stemmen wird können. Es schaut so aus, dass es gelingt. Die Konferenz wurde ins Netz verlegt, die Brands virtuell gefeatured. Schaut da mal hinein, da gibt’s viel Spannendes zu sehen, hören und zu lesen. Und jetzt ist auch der Relaunch der Website fertig. Ein guter Anlass mit Mirjam über die nächsten Schritte der GREENSTYLE zu plaudern, euch die Neuigkeiten vorzustellen und mit ihr einen Blick auf die aktuelle Situation der Modeindustrie zu werfen.© anja wechsler photography for GREENSTYLE munich

Mirjam, was ist dir damals durch den Kopf gegangen, als du die GREENSTYLE 2018 gegründet hast?

Ich wollte nach so langer Zeit im Modejournalismus über nachhaltige Mode schreiben und diesen großartigen kleinen Slow Fashion Brands mehr Sichtbarkeit geben. Das habe ich auch zwei Jahre lang gemacht – auf meinem Blog und auch für eben diese Magazine, die du angesprochen hast. Eine Messe mit Konferenz hatten wir eigentlich nie auf der Agenda. Aber wir wollten mehr Menschen erreichen als mit dem Blog. Bei der Suche nach der passenden Location sind wir auf sehr viel Interesse gestoßen und plötzlich haben wir uns mit 30 Austellern und einer zweitägigen Konferenz im Haus der Kunst wiedergefunden. Da gab’s kein Zurück mehr. Das ist sowieso die spannendste Erfahrung bei meiner Arbeit für Slow Fashion: Ich mache Dinge, die ich gar nicht kann und die ich mir nicht zugetraut habe. Aber wenn man an etwas glaubt, wächst man über sich hinaus.

Was hat sich seither verändert? Ist das Thema „nachhaltige Mode“ der Bubble bereits entwachsen?

Das Thema ist definitiv gewachsen. Vor allem 2019 ist viel passiert. Die nachhaltige Modemesse NEONYT wurde DAS Event der Berlin Fashion Week, auf den internationalen Schauen gab es nur ein Thema, die VOGUE hat eine Green Issue herausgebracht… Die nachhaltige Mode hat ihren Weg aus der staubigen Öko-Nische in Richtung Mainstream gefunden. Kein Unternehmen kann sich der Nachhaltigkeit mehr entziehen, wenn es weiterhin auf dem Markt bestehen möchte. Eine Bubble ist das immer noch. Aber sie ist gewachsen. 

McKinsey und Business of Fashion haben in ihrem Global Fashion Report 2019 als das Jahr der Wende in der Modeindustrie proklamiert. Dann kam Corona. Denkst du kann Corona eine Richtungsänderung forcieren oder wird eher versucht aufzuholen und möglichst schnell wieder business as usual zu machen?

Die Voraussage von McKinsey hat voll ins Schwarze getroffen. Und auch die ersten beiden Monate von 2020 haben gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das sind wir immer noch. Es gibt Studien, die belegen, dass das Interesse der Konsument*innen an nachhaltiger Mode gestiegen ist. Auf der anderen Seite haben viele momentan weniger Geld. Das muss sich also erst noch zeigen. Gerade haben die Regierungsparteien das Lieferkettengesetz durchgewunken. Ab Herbst müssen deutsche Firmen auch im Ausland ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflicht nachkommen. Dass das Thema Nachhaltigkeit jetzt gesetzlich verankert ist, ist ein Meilenstein. Foto_4 © Petra Rühle, GMUC Founder Mirjam Smend after 3rd edition

Die Modeindustrie wurde durch die Pandemie hart getroffen. Auch viele der meist kleinen nachhaltig produzierenden Brands erleben eine turbulente Zeit. Was beobachtest du?

Erst saß der Schock tief. Dann wurden Masken produziert. Wichtig war auch die Initiative #fairfashionsolidarity, gegründet von Avocadostore, LangerChen, Lanius und LOVECO, die den kleinen Brands gezeigt hat, dass sie nicht alleine sind, dass sie auf vorzeitige Corona-Sales verzichten, die Modesaisons wieder den realen Jahreszeiten anpassen und im Zweifel eine Saison ganz streichen sollen, um sich von der Talfahrt zu erholen. Einfach war es für niemanden. Und einige tolle Konzepte sind leider auf der Strecke geblieben.

GREENSTYLE ist eine überaus geschätzte Plattform in der nachhaltigen Fashion Community. Was kann, was möchte GREENSTYLE bewirken?

Nach wie vor ist die Sichtbarkeit für Slow Fashion Brands unser größtes Anliegen. Auf unseren Veranstaltungen haben wir mit spannenden Speakern auf der Konferenz aufgeklärt, um Bewusstsein zu schaffen. Mit unserer digitalen Version – dem home of sustainable fashion – gehen wir aber noch einen Schritt weiter: Faire Fashion soll Spaß machen. Deshalb gibt es jetzt analog zu Modezeitschriften und Blogs die Rubrik GREENzine mit dem GREENstyle Guide, Editor’s Picks, Fashion Editorials – das dient unseren Leser*innen als Inspiration und sorgt für weitere Sichtbarkeit unserer Brands. Das Lexikon informiert über Siegel, Zertifikate, Materialien, Organisationen …

Durch die neue englische Version der Website wird sich die Sichtbarkeit auch noch erhöhen …

Das Thema nachhaltige Mode ist international von Interesse und Deutschland spielt hier eine führende Rolle. Dementsprechend wird die Entwicklung bei uns von klassischen Modeländern wie Italien und Frankreich genau beobachtet. Durch die zusätzliche englische Version werden wir deshalb nochmal deutlich mehr Menschen erreichen.© GREENSTYLE munich

Neu ist auch, dass Agenturleistungen angeboten werden.

Ab sofort kann man unsere Kompetenz und unser XL-Netzwerk dank der neuen GMUC agency | for game changer auch für den eigenen Bedarf in Anspruch nehmen. Unser großes Plus: Wir sind Teil der nachhaltigen Community. Wir bloggen, arbeiten als Speaker, veröffentlichen Texte als Journalisten, sind Eventveranstalter. Das heißt: Wir kommen aus der Praxis, wir kennen die Schwierigkeiten, wir sprechen die gleiche Sprache. Und wir wollen das gleiche wie die Brands: Veränderung. 

Wie schauen die nächsten Schritte aus?

Nach dem Ausbau der virtual GREENSTYLE wollen wir als Veranstalter so schnell wie möglich in die Realität zurück und Messen und Konferenzen organisieren. Einige Themen stehen schon auf der Agenda – Bozen und eine Münchner Veranstaltung im November. Fingers crossed, dass wir die realisieren können. Wir arbeiten aber auch an kleinen, flexiblen Formaten, die sich schnell umsetzen lassen. Das ist wohl die aktuell zeitgemäßeste Variante.

Die globale Modeindustrie produzierte laut Business of Fashion im vergangenen Jahr an die 114 Milliarden Kleidungsstücke. Ein Drittel davon wird nie verkauft und 85 % der gekauften Kleidungsstücke landen auf dem Müll. 2030 wird die Weltbevölkerung jedes Jahr geschätzte 102 Millionen Tonnen Kleidungsstücke verbrauchen. Was kann jeder von uns tun, um hier gegenzusteuern?

Das nachhaltigste Kleidungsstück ist das, das man schon hat. Aber ganz ehrlich? Einkaufen macht Spaß und den lassen sich Konsument*innen nicht nehmen. Deshalb ist meine Devise: Buy less, but better. Sprich: Wenn neu, dann nachhaltig. Besonders nachhaltig sind die Kleidungsstücke, die länger im Kreislauf bleiben: Second Hand, Upcycling, Recycling. Oder ganz anders: Nachhaltige Kleidung kann man heute auch leihen (z. B.: Fairnica, Unown Fashion, Stayawhile). Hier gibt es inzwischen tolle Konzepte.Susanne Barta Foto_7

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Wenn alles klappt, wird GREENSTYLE – home of sustainable fashion von 5. bis 8. November 2020 bereits zum zweiten Mal auf der Biolife in Bozen zu Gast sein. Mirjam ist diesmal das Testimonial der Messe. 

Fotos: (1) © GREENSTYLE munich; (2) Mantel: Sepideh Ahadi, Top & Hose: Ambiletics, Sonnenbrille: neubau eyewear, Schuhe: Lemon Jelly © anja wechsler photography for GREENSTYLE munich; (3) Jacke: JOA, Pullover: Achahha, Shirt: The Colorful Crew, Hose: Fitbuddha, Brille: neubau eyewear, Tasche: Maravillas Bags, Schuhe: Lemon Jelly © anja wechsler photography for GREENSTYLE munich ; (4) © Petra Rühle; (5+7) © GREENSTYLE munich 

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