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July 8, 2020

One step at a time

Susanne Barta

Der erste Urlaub nach dem Lockdown hat sich noch um einiges besser angefühlt, als sich Urlaub sowieso für mich anfühlt. Einige Tage Ligurien und Toskana standen auf dem Programm und vor allem ausgedehnte Wanderungen. Zusammenfassend kann ich sagen: sehr erholsam und wunderschön.

Modisch gesehen schaut es bei mir beim Wandern eher schwach aus. Bei anderen Sportarten ebenso. Alles kommt zum Einsatz. Alte T-Shirts, vor allem abgelegte von meinem Sohn, alte Hosen, Sachen, die ich verwaschen habe und einiges mehr. Ich trage alles jahrelang, bis es auseinander fällt. Zehn Jahre oder länger den gleichen Skianzug zum Beispiel. Meine einzige Fleece-Jacke, die im Dauereinsatz ist, hat auch schon sechs Jahre durchgehalten. Ich verstehe nicht, wieso man zum schwitzen was Neues braucht, wieso man am Gipfel modisch glänzen soll und was Farben der Saison auf dem Berg verloren haben. Daher staune ich immer wieder, welche Modeschauen in freier Natur so abgezogen und vor allem welche Materialschlachten geschlagen werden. Dabei braucht es wirklich nicht sehr viel. Gute Schuhe und was gegen den Regen. Meine geliebten Bergschuhe haben vermutlich den letzten Sommer vor sich. Sie sind super angenehm zu tragen, aber reißen leider an allen Ecken und Enden. Ich konnte mich nicht dazu durchringen, sie in der Toskana zu lassen. Auch wäre dazugekommen, wo entsorgen?

Susanne Barta  Foto_2

Bei Yoga und Pilates schaut es ein wenig besser aus. Ich trage zwar auch hier alles jahrelang, aber letzthin ist eine neue Jogginghose dazu gekommen. Sportsachen gibt es ja nun seit einiger Zeit auch in nachhaltig. Natürlich verstehe ich, dass tolle Materialien das Sport-Gefühl noch steigern können. Aber in meinen Augen nicht in dem Ausmaß, was da an Bergen von Sachen zusammengekauft und vorgeführt wird. Überhaupt bin ich ein Fan von Sportarten, für die es ganz wenig braucht. Gehen, Wandern und Laufen sind meine Favoriten.Susanne Barta

Vor kurzem habe ich ein wunderschönes Buch des Forschers und Kunstsammlers Erwin Kagge gelesen: Walking. One step at a time. Kagge ist heuer Gastkurator im Museion, seine Ausstellung wird am 9. September 2020 eröffnet. Gehen ist für ihn zur Grundlage seines Lebens geworden: “Why do we walk? Where do we walk from and what is our destination? We all have our own answers. Even if you and I walk next to each other, we can experience the walk differently. After having put my shoes on and let my thoughts wander, I am sure of one thing – to put one foot in front of the other is one of the most important things we do.“ Kagge zitiert in seinem Büchlein zum Beispiel Henry David Thoreau: “The moment my legs begin to move, my thoughts begin to flow.“ Auch für mich ist das so. Komme ich bei einem Thema nicht weiter oder brauche ich eine neue Idee, raus aus dem Haus und rauf auf den Berg.Susanne Barta  Foto_5

Abgesehen davon, dass Gehen uns zu uns selbst bringt, dass wir unseren Körper spüren, zur Ruhe kommen können, Natur erleben, ist es auch die nachhaltigste Form sich fortzubewegen. Je älter ich werde, desto mehr entwickelt sich ausgedehntes Gehen zu einem unerlässlichen und beglückenden Teil meines Lebens. Welches T-Shirt ich dazu trage, ist mir in diesem Moment dann ehrlich gesagt egal. 

Ligurien war in dieser Hinsicht eine besondere Erfahrung. Wenige Leute, schönes Wetter, das Meer von türkis bis tiefblau an steile Klippen klatschend, Weinberge, Wege steil hinauf und wieder hinunter, Sonne, Schatten, die Farben des Sommers, Wald, Macchia, unglaubliche Gerüche und einfach gehen. One step at a time.Susanne Barta  Foto_6

Und zu guter Letzt noch ein Hinweis: nächste Woche findet von 13. bis 17.7. die „Neonyt on air“ statt. Heuer gibt’s die Messe und Konferenz, die sich als globaler Hub für Mode, Nachhaltigkeit und Innovation versteht, Corona bedingt nur virtuell. Überhaupt tut sich viel bei der Neonyt, sie übersiedelt nächstes Jahr gemeinsam mit einigen anderen Messen von Berlin nach Frankfurt. Mehr darüber könnt ihr im Blogbeitrag am 22.7. erfahren, da spreche ich mit Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textiles Technologies der Messe Frankfurt. 

 

Fotos: (1–6) © Susanne Barta   

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