Walter Garber

Interview: Walter Garber, DJ
F:
4000 Platten hast du jetzt?
A:
Genau
F:
Und ist es eine Leidenschaft für dich diese Platten zu sammeln?
A:
Ja, es ist eine Leidenschaft für mich. Ich habe im Grunde schon als Kind angefangen, wenn ich meinen ersten Plattenspieler bekommen habe. Es ist weitergegangen als ich in Wien studiert habe.
F:
Ich wollte fragen ob du dich kurz vorstellen könntest. Also wer du bist, woher du kommst.
A:
Mein Name ist Walter Garber, ich bim 1968 geboren, der DJ-Name ist Veloziped, dass ist eigentlich ein altes Wort für Fahrrad. Der Name ist eher zufällig entstanden weil wir 1995 zu dritt gewesen sind und alle in Wien studiert haben und auch schon ein wenig aufgelegt haben. Wir wollten hier in Südtirol, im Sommer, eine Party machen, in einem Bunker in Algund. Der Martino Gamper hat dort eine Fotoausstellung gemacht und wir haben versucht die Leute dort hinzubringen, relativ unauffällig, und haben Schilder mit Fahrräder dort aufgestellt, auch mit Kerzen und so. Wir haben auf einem Flyer “Veloziped” aufgeschrieben. Am Anfang waren wir zu dritt, der Armin Holzgetan und der Sepp Hafner. Ich bin dann als Erster 1998 nach Meran zurückgekommen und bin hier als DJ Veloziped bekannt geworden.
F:
Woher kommt deine Leidenschaft? Wann hast du mit dem angefangen?.
A:
Ich bin von Tscherms. Musik hat mir als Kind schon immer gefallen und habe dann auch mein erstes Radiogerät geschenkt bekommen.
F:
Bist du auch von zu Hause gefördert worden?
A:
Nein, das war ich selber. Ich finde es ist wie eine Flucht in seine eigene Welt. Ich habe 3 ältere Brüder und ich bin dann auch froh gewesen wenn ich ein wenig Ruhe vor ihnen gehabt habe und sich selber seine eigene Welt erschaffen konnte.
F:
Kannst du dich noch an dein erstes Lied erinnern wo du gesagt hast: dass gefällt mir?
A:
Von Sticks
F:
Was für eine Oberschule hast du besucht?
A:
Handelsober, und habe dann in Wien Geisteswissenschaften/Germanistik studiert. In den 80ern, als ich Oberschule ging, waren die ganzen Cosmic-DJs. Diese Zeit war auch sehr prägend für uns, wir haben immer die Kassetten angehört und die DJs bewundert, wie sie aus dem wenigen Material die sie zur Verfügung hatten, haben sie so tolle Stimmung kreiert. Sie haben wirklich Musik aus vielen Richtungen genommen, Filmmusik, Deutsche Elektro-Musik, Funk von Amerika, Brasilianische Musik, Afrikanische Musik, usw… und sie dann so bearbeitet damit sie zu ihrem Stil passen. Und ich denke das war eine gute Basis für mich. Dass man schon viel gehört hat, viel Verschiedenes. Und dann waren wir lange in dieser Richtung drin gewesen. Der Sepp z.B. hat in einer Band gespielt und ist auch von einer anderen Richtung gekommen, Bandmusik und so. Sie waren auch lokal recht bekannt. Mastalski z.B. die Ö3Musikbox hat sie auch mal als die beste Band in Österreich beschrieben.
In Wien draußen haben wir natürlich eine Wohngemeinschaft gehabt. Der Sepp hat nicht mit uns gewohnt aber der Armin schon. Wir haben zusammen die Geräte gekauft, da sie für einen Studenten allein zu teuer gewesen wären. Und immer wenn ich eine Prüfung gut gemeistert habe, bin ich ins Geschäft gegangen und habe mir 1-2 Platten gekauft, als Belohnung.
F:
Und dann habt ihr draußen…
A:
Ich habe draußen immer wieder bei mir zu Hause aufgelegt, bei Kollegen auf Privatparties und so. Also eher bei kleineren Veranstaltungen, nichts größeres.
F:
Was war die erste Platte die du je gekauft hast?
A:
Es war von Deep Purple “24 Karat”. Ich verbinde sie mit deutschen Gästen, die wir zu Hause immer gehabt haben. Ich habe als Kind mit einem Jungen und einem Mädchen gut verstanden und sie haben mich dann gefragt ob ich nicht einfach mit will. Ich bin dann auch mit ihnen nach Deutschland für ein paar Tage und bin dann allein mit dem Zug zurück. Mit dem Jungen war ich in einem Plattengeschäft und er hat mir dann diese Platte empfohlen. Mein Vater hatte einen alten Plattenspieler gehabt.
F:
Man erzählt sich ja dass jeder deiner 4000 Platten eine Geschichte haben. Stimmt das denn?
A:
Jaja, bei den meisten weiß ich noch wo ich sie gekauft habe, mit wem und wieso. Natürlich ist jetzt nicht jede Platte so… also viele gefallen einem dann doch irgendwann nicht mehr, man macht auch Fehlkäufe.
F:
Hast du dann ein Problem dich von der Platte zu trennen?
A:
Nein, ich verkaufe sie auch, bestimmte habe ich auch doppelt.
F:
Weil dir nicht mehr eingefallen ist dass du sie schon einmal gekauft hast?
A:
Nein das nicht, das weiß ich immer genau. Aber manchmal wenn ich eine Platte doppelt habe und der Preis dieser Platte steigt, verkaufe ich sie um mir dann mehrere neue kaufen zu können. Ich benutze Maxi-Singles, Alben kauf ich nur ungern, da sie extra für DJs gemacht wurden und der Sound besser ist.
F:
Also ist es ein Hobby von dir nach Platten zu schauen?
A:
Ja logisch. Wenn ich irgendwo bin, in einer größeren Stadt, schau ich mir die Plattengeschäfte an die mich interessieren. Ich bestelle auch viele über Internet.
F:
Also verbringst du damit auch deine Freizeit…
A:
Ja klar
F:
Was war dein größter Fehlkauf? Die letzte Platte die du gekauft hast?
A:
Die letzte Platte die ich gekauft habe? Ich habe noch einige die ich bestellt habe und noch nicht angekommen sind. Auf die ich gespannt bin? Die neue von Omar-S aus Detroit.
F:
Der mit dem auch in Bozen viel warst? Der ist ja auch aus Detroit.
A:
Nein, das ist der Scott Ferguson. Von ihm kaufe ich die Platten in London. Er arbeitet auch in einem Plattengeschäft die gebrauchte Sammlungen einkaufen und sie dann wieder verkaufen. Er ist aus Detroit und hat in Amerika einen Haufen Platten, die sind im Keller seiner Eltern weil er schon seit 10 Jahren in London ist und mit einer Meranerin verheiratet ist. Und er ist der Fachmann für elektronische Musik, amerikanische Musik. Sie kaufen Sammlungen in ganz London auf. Und wenn in einem Geschäft in London eine Sammlung angeboten wird, wird er hin geschickt und schaut sich diese Sammlung an und bewertet diese. Er kann sich dann das Beste aussuchen, meisten Musik von Detroit.
F:
Detroit hat ja eine sehr lange Musikgeschichte…
A:
Ja. Viele Musiker, Madonna, Eminem, obwohl das goldene Zeitalter schon längst vorbei ist. Viele Musiker ziehen von Amerika nach Europa um von dort aus in aller Welt aufzutreten. Denn in Amerika würden sie nur in kleineren Bars auflegen, in Europa sind sie quasi weltberühmt. In Amerika ist die HIP HOP Szene sehr bekannt, das Elektronische ist sehr im Hintergrund. Und wenn dann ist es EDM.
F:
Wie würdest du jemanden, der deine Musik nicht kennt, deine Musik beschreiben?
A:
Funk, Soul, Disco, House, Techno, Elektro; Bei mir ist alles verbunden. Das habe ich ein wenig von den Detroiter DJs gelernt. Weil sie auch breit auflegen. Moodymann ist auch jemand der mich geprägt hat, auch en DJ aus Detroit. Ich habe ihn schon einige Male kurz getroffen.
F:
Wie würdest du die Südtiroler Musikszene beschreiben? Beobachtest du sie viel?
A:
Dadurch dass ich mittlerweile schon 50 Jahre alt bin, habe ich mehrere DJ-Generationen mitgemacht. Ich habe ihren Aufschwung und ihren Abschwung miterlebt. Mit vielen habe ich heute noch Kontakt und es kommen ja immer wieder Neue, von denen gibt es dann auch welche, die mich interessieren.
F:
Aber ist sie gut, die Szene in Südtirol?
A:
Ja logisch, sie machen tolle Sachen. Z.B. Davide Piras oder auch die im Unterland sind auch interessant, wie in Vinschgau der Hannes Goetsch, auch wenn es ein wenig andere Musik ist. Drum and Bass habe ich zwar auch angefangen …aber es ist nicht wirklich meine Musik. Von Drum and Bass habe ich zwar auch Platten, aber nicht viele, nur 10 oder so. Wo es aufgekommen ist, in den 90er, sind wir alle so “WOW” und “Geil”, weil es was Neues gewesen ist. Aber nach einem halben Jahr habe ich schon die Lust an Drum and Bass verloren, weil es immer so ähnlich gewesen ist. Natürlich werden viel jetzt sagen: “Aber House klingt auch immer ähnlich.”, aber ist eben der persönliche Geschmack. Boa war eigentlich nie so mein Ding. Es hat sich in den 90ern schon ziemlich weit auseinander: ein Teil ist richtig kommerziell geworden und das andere ist immer ein wenig ziemlich amerikanisch geblieben. Obwohl wir natürlich ach in Europa viele gute Produzenten haben.
F:
Du hast ja eigentlich noch ein zweites Leben…was andere vielleicht oft überrascht wenn du ihnen sagst als was du arbeitest…
A:
Ich habe ein zweites Leben, ja. Seit 20 Jahren. Und ich mache das eine genauso ernsthaft wie das andere…
F:
Du bist Archivar oder Bibliothekar?
A:
Nein, ich habe eben Germanistik und Publizistik studiert. Und in Wien, wo ich die letzten 3 Jahre meine Diplomarbeit geschrieben habe…
F:
Über was hast du sie den geschrieben?
A:
Über Ransmayr und Morbus Kitahara. Neben dem Schreiben habe ich noch gearbeitet. Einmal etwas mit alten Büchern, für ca. 3 Jahre. Und durch das bin ich dann auch in dieses Projekt in Südtirol gekommen. Das Projekt Erschließung historischer Bibliotheken, finanziert von der Sparkasse. Projektleiter war für lange Zeit der Pater Bruno Klammer, vom Franziskanergymnasium. Er hat dann dieses Projekt aufgebaut, 1997, ab 98 haben die Leute dann angefangen zu arbeiten, ich habe von 98 weg bis jetzt an dem Projekt gearbeitet. Wir haben dann in der Zwischenzeit auch eine Genossenschaft gebildet und das Projekt als Genossenschaft durchgeführt. Ich bin gerade noch der letzte Mitarbeiter dort und auch der Präsident und der Hauptsitz der Genossenschaft ist hier in meiner Wohnung. Hier arbeite ich nur Teilzeit, also 25% weil dass Projekt jetzt mehr oder weniger abgeschlossen ist. Weil die Stiftung Sparkasse hat eben nach 20 Jahren gesagt “Jetzt muss ich das Geld auch mal an andere geben”, weil viele regen sich auf dass sie jetzt für 20 Jahre dieses Projekt so großzügig unterstützt haben. Wir haben inzwischen über 850.000 Bücher in ganz Südtirol katalogisiert.
F:
Also bist du nicht nur im Kloster Marienberg?
A:
Nein, dass waren nur die letzten 6-5 Jahre. Das letzte Jahr bin ich nur mehr ab und zu oben gewesen, weil hier eine neue Bibliothek gebaut worden ist. Und dort haben ich und mein Kollege Benjamin Santer 5 Jahre lang die Bücher katalogisiert und das letzte Jahr dann wieder alle in die neue Bibliothek hertransportiert und alle neu aufgestellt. Und zwar alle ganz anders wie sie eigentlich in den 6 Räumen gestanden sind. Also wir haben gemusst ein komplett neues Konzept erstellen. Es ist sehr schön geworden. Und es wir Ende Mai, Anfang Juni offiziell eröffnet.
F:
Können wir das dann auch anschauen?
A:
Wir haben auch eine Buchreihe herausgebracht, wo jetzt der 11. Band rauskommt. Der 12. ist schon draußen, weil wir mit dem 12. Band auch den Pater Bruno feiern wollten. Deswegen haben wir ihn vorgezogen, weil dieser über das Franziskanergymnasium ist. Die Bücher waren von Anfang an auf der Opac der Uni Bozen zur Verfügung. Da gibt es den Bestand EHP “Erschließung historischer Bibliotheken”, man muss es nur anklicken und darüber hinaus ist es auch in der Südtiroler Wissenschaftsbibliothek vertreten. Das ist so ein Verbundsystem, so ein Metakatalog wo Laimburg, Eurak, Tessmann, drin sind. Die wichtigsten wissenschaftlichen Bibliotheken sind mit dem Verbundkatalog und dort sind wir auch drin.
F:
Aber das machst du 25%, oder?
A:
Jain, bis letztes Jahr habe ich Vollzeit, letztes Jahr nur mehr 50% und jetzt 25%. Wir denken auch, die Genossenschaft aufzulösen, weil ich im Moment der letzte Angestellte bin, die anderen haben alle schon andere Jobs, in ganz anderen Richtungen teilweise. Einer ist schon in der Bibliothek, ein anderer in der Gemeinde, einige sind Lehrer, usw. Jedenfalls denken wir, entweder die Genossenschaft aufzulösen oder und an eine andere anzuschließen. Das wäre ein Provinz Verlag wo wir Bücher herausgebracht haben und teilweise sind Leute, die bei uns in der Genossenschaft waren, sind auch beim Provinz Verlag. Aber es ist alles noch nicht entschieden. Ich habe in diesen vielen Jahren in diesen Bibliotheken gearbeitet, eine lange Zeit in Bozen in verschiedenen Bibliotheken, dann in Lana. Aber nicht nur in Klöster, sondern auch in Museen, Pharmazie, Private (in der Toscana, bei einem Südtiroler Adeligen, Weihrauch di Pauli). Also ganz Südtirol weit und in Marienberg haben wir dann auch übernachtet, weil es doch sehr weit weg ist. 4 Tage gearbeitet und 3 Nächte geschlafen, von 6 Uhr in der früh, bis 6 Uhr auf Nacht.
F:
Das ist dann wohl ein ganz stiller Beruf…
A:
Ja, es ist ein ganz stiller Beruf, aber du bist immer online und du hast immer mit Informationen zu tun. ERs ist interessant weil du weißt nie was jetzt kommt, welche Bücher. Es klingst zwar total langweilig aber man sieht gewisse Räumlichkeiten wo man so eigentlich nicht hineinkommt. Du bekommst Bücher in die Hand und ordnest sie nach wissenschaftlichen Kriterien. Und dort siehst du dann auch interessante Sachen. Wenn man dann die Bücher schreibt muss man sich logisch ein wenig mehr damit beschäftigen, was ist am interessantesten? Was ist wichtig? Woher kommen die Bücher? Weil jedes Buch hat ja auch seine Geschichte. Z.B. hat ein ehemaliger Besitzer im Buch unterschrieben oder ein Exlibris reingeklebt.
Dieser Beruf hat bei der Bevölkerung ja auch einen ziemlich hohen Stellenwert. Und das was ich sonst mache, kommt nicht besonders gut an. Weil sie alle meinen: ja Drogen, saufen, jo grot ba ins in Südtirol; Das ist etwas was mir immer aufgefallen ist. Wenn ich mit Bücher komme dann ist so oh, oh, super und wenn ich dann vom auflegen erzähle dann ist es ah, jo, ok. Meiner Meinung nach, wenn man das auflegen ernsthaft betreibt, mit Begeisterung und mit Information, dann kann man es genauso ernsthaft machen. Es ist unterbewertet. Das andere ist zwar nicht überbewertet aber… jedenfalls hat mir das ach sehr gut gepasst, das Leben was ich dort geführt habe. Vier Tage Kloster und dann am Wochenende auflegen.
F:
Aber was tust du dann im Kloster, ab einer gewissen Uhrzeit?
A:
Wir haben Fernseher geschaut, sind spazieren gegangen, wir haben eine fixe Strecke gehabt. Wir haben beim abspülen geholfen, haben mitgearbeitet.
F:
Die Pater waren sicherlich auch froh über den anderen Austausch, oder?
A:
Ja, wir haben ein ganz gutes Verhältnis mit ihnen gehabt, weil wir auch wirklich dort gewohnt und gelebt haben. Weil wenn du nur ein Angestellter bist, der morgens kommt, durchgeht und arbeitet und dann wieder weggeht, dann baut man nicht so eine Beziehung auf. Im Marienberg haben wir auch wirklich dort gelebt und wir werden auch bei der Eröffnung werden wir auch ein wenig die Leute runterführen.
F:
Wann ist die Eröffnung?
A:
Sie ist am Sonntag dem 2. Juni.
F:
Und als Ausgleich zu dem Ganzen?
A:
Sport, Radfahren; Fotografieren tu ich nebenbei weil ich einfach gerne so Sachen sehe.
F:
Weil dein Instagram-Account wird ja so eher unbewusst zu einer Dokumentation von Meran, oder?
A:
Ja, Meran ist mir auch wichtig. Ich bin auf einem Hof aufgewachsen, wo auch viele Kunstwerke waren. Mein Vater hat sie gesammelt. Er war Bauer. Sein Onkel war der Doktor Josef Garber, der Kusthistoriker, Landeskonservator war auch auf diesem Hof. Er war halt für Südtirol zuständig. Er hat halt alle seine Nichten und Enkel (Mein Vater) auch sehr beeinflusst, sie waren alle Kunstinteressiert. Viele Künstler sind in den 50er-60er Jahren bei meinem Vater zu Besuch gewesen, der den Künstler Aufträge gegeben hat für die Familie Porträts anzufertigen, die er ihnen dann abkaufte. Mein Großonkel war Kunsthistoriker, hat auch gezeichnet, gedichtet, alles ein wenig. Jedenfalls sind wir auch so aufgewachsen, alte Wohnungen und so.
Was ich noch sagen wollte ist, dass ich wirklich auch den Kontakt mit den Südtirolern und den anderen DJs… es gibt auch bestimmte die ich gerne fördern tue aber ich fordere auch von ihnen etwas. Weil mir fällt oft ein, fördern und fordern. Mir gefällt es einfach wenn sich welche einsetzen. Da ist halt dass mit den Schallplatten ein Ding. Wenn sich jemand einfach die Mühe nimmt sich Platten zu kaufen und Platten aufzulegen, dann ist das für mich unbewusst auch immer noch ein Zeichen dafür, dass er sich ernsthaft damit beschäftigen will. Weil, herunterladen ist so einfach und du kannst alles gratis bekommen
F:
Also ist das auch so wie ein echtes buch in der Hand zu haben oder ein E-Book…
A:
Ja, das ist genau das Gleiche. Wenn jemand dem Ding auch einen Wert gibt, dadurch dass man etwas investiert, nicht nur Zeit, weil Zeit sowieso, sondern auch Geld. Dadurch ist er oder sie für mich ein wenig interessanter. Es gibt ja auch Frauen die auflegen.
F:
Zum Beispiel?
A:
Bei uns z.B. kenne ich eigentlich nur die Saretta, die Sarah Louise, die auch mit Schallplatten auflegt. Sara Trevisi heißt sie, sie ist aus Bozen und war halt immer eine Feierfrau gewesen, die immer auf Parties gewesen ist und sie kennt halt auch viele und seit einiger Zeit legt sie auch auf. Und ich bekomme immer wieder Aufträge zum auflegen, für die ich keine Zeit habe dann gebe ich die Aufträge an Bekannte weiter. Ich versuche dann immer sie an Leute weiter zu geben, die ich fördern will. Die meisten legen mit Vinyl auf aber ich gebe sie auch an bestimmte weiter, die mit Mp3s auflegen. Es ist nicht so dass ich mich zwingen muss, Vinyl und alles andere ist nichts Wert. Nein, ich muss mich oft selber zusammenreißen und sagen, jeder kann auflegen mir was er will. Ich will nicht so dogmatisch jemanden das vorschreiben. Ich sehe es zwar lieber wenn es mit Vinyl ist aber anderes ist auch in Ordnung. Z.B. im Sketch, der jetzt immen samstags kommt, sind jetzt immer DJs und einige, ich lege auch oft auf. Die Reihe heißt Saturday wipes. Und dort legen auch in den nächsten Wochen wieder DJs auf, die meisten habe ich vermittelt.
F:
Wie wichtig ist denn für ein DJ sein Name?
A:
Gerade bei uns, wenn du einen normalen Beruf hast, dann ist es wahlweise ein bisschen ein schlechtes Image, so ein Nachtleben, mit all dem Alkohol und den Drogen und… Wenn man bei in einem Beruf ist wo man seriös sein sollte, dann hat er lieber enen DJ-Namen damit das wirklich getrennt ist. Es gibt ja auch DJs die sind Polizisten.
F:
Und Sunday best, gibt es das nicht mehr?
A:
Wir haben praktisch überhaupt keine Zeit mehr dafür. Es ist sehr gut gelaufen, wir haben es sehr gerne gemacht, wir wollten dieses Jahr wieder neu anfangen aber es kam immer etwas dazwischen.
F:
Aber das ist einer der Sachen die du mit initiiert hast oder?
A:
Ja
F:
Und ist der Ost-West Club deine Homebase?
A:
Seit ein paar Jahren erst. Der Ost-West Club war für lange Zeit skeptisch gegenüber mir weil sie eher mehr von Punk kommen. Und Südtirol, ich denke schon dass die Leute ein wenig weg gewesen sind, auch in größeren Städten, die haben gemerkt dass hier die elektronische Musik, dass das ein wenig Underground ist. Dass das nicht nur alles Schicki-Mikis und Kokser sind, wie es hier oft das Image war. Und dass das auch wirklich interessant ist und auch künstlerisch interessant und dass das auch irgendwie von Underground kommt. Gerade von Amerika, Chicago, Detroit usw. Das sind arme Leute, Schwarze, es ist Black-music, die Ursprünge. Auch Rock müsste eigentlich Black-music sein, kommt ja auch alles vom Jazz und Funk. Die Weißen haben danach was Großes daraus gemacht und damit viel Geld verdient. Black roots, white fruits. Jedenfalls… Am Anfang habe ich dort ein paar Mal aufgelegt und es hat nicht in allen gefallen. Dann habe ich eben angefangen mit Hip Hop und dass hat in allen gleich gefallen. Ich bin also durch Hip Hop ins Ost-West reingekommen. Weil Hip Hop hat für sie einen anderen Stellenwert. Es ist zwar auch Black-music, die Beats sind ähnlich wie die House-beats, ein wenig langsamer vielleicht. Es hat ja früher auch noch Hip House gegeben. Und gerade in den 90ern haben viele Produzenten sowohl Hip Hop als auch House produziert. Es kommt oft vom gleichen Ding aus und sind die gleichen Leute teilweise.
F:
Weißt du bevor du auflegen gehst schon die Reihenfolge deiner Lieder?
A:
Nein, die Reihenfolge überhaupt nicht. Ich weiß welche Platten ich mitnehme. Ich suche mir von den 4000 Platten ungefähr 80 aus die ich dann mitnehme. Die Auswahl zu Hause ist eben schon ganz wichtig. Das ist auch ein Unterschied zu den Laptop DJs. Die mit dem Laptop kommen wo sie 40000 Tracks oben haben oder ein oder zwei Sticks mitnehmen. Sie haben immer alles mit und für mich wäre das ein Chaos, weil die Auswahl zu groß ist. So habe ich irgendwie eine Limitierung die irgendwie von außen kommt, die ich mir selber auferlegt habe. Ich habe nur das mir und kann nur das spielen. Und aus dem muss ich etwas machen. Und es ist eben auch Kreativität in der Limitierung.
F:
Und wenn du bemerkst dass das Publikum überhaupt nicht darauf anspringt? Ist das auch schon einmal passiert?
A:
Ja. Das kommt auch vor. Wenn man komplett das falsche mitgenommen hat. Logisch, ich achte immer darauf, etwas schnelles mitzunehmen, aber natürlich gibt es Abende wo alles schief läuft. Das ist ja auch das Risiko und das macht es auch interessant. Dann gibt es auch Abende die perfekt laufen. Und wenn dann einer herkommt und sagt, spiel mal dies und das, dann kann man sagen, man hat nur diese Platten mit. Ich bin nicht wirklich ein Freund von denen die herkommen und fragen. Weil ich auch nicht zu einer Band hingehe und frage ob sie was spielen könnte. Wir haben unsere Platten und unsere Erfahrung und wenn wir denken dass passt jetzt dann ist das halt so. Den Respekt muss man halt geben. Und wenn es einem nicht passt wird nächstes Mal eben ein anderer oder eine andere gebucht.
F:
Ok, letzte Frage: Wo würdest du gerne einmal auflegen?
A:
Gerne so an Festivals oder am Meer, wo es gemütlich zugeht, mit weniger Leuten. Bei Festivals wo eine lockere Stimmung ist, wo ich 5-6 Stunden auflegen kann, wo ich wirklich etwas aufbauen kann. Nicht wo man hingeht und gleich 200 Leute zum tanzen bringen muss. Mir gefällt es langsam anzufangen so langsam reinkommen und dann steigern. Also einen richtigen Spannungsbogen aufbauen. Es gefällt mir und meistens auch de
Fotos: Franziska Unterholzner