Music

April 24, 2020

Electronic Vacation: Zolf & Saturns neues Album „Peak“

Florian Rabatscher

Hier ein weiterer tapferer Kämpfer, der etwas Musik in diesen schwierigen Zeiten veröffentlicht. Manuel Oberkalmsteiner alias Zolf & Saturn hat erst kürzlich den Online-Release für sein neues Album „Peak“ vollzogen und deswegen habe ich mir jetzt die ganze Scheibe reingezogen. Leider nur digital, weshalb ich zur schicken Aufmachung der physischen Ausgabe noch nicht viel sagen kann, außer, dass sie extrem aufwendig und mit viel Liebe gestaltet wirkt. Hoffentlich bekomme ich noch ein Exemplar in meine Hände. Jedenfalls haben mich die neun Tracks darauf bereits in ihren Bann gezogen, weil auch sie nur so vor Detailverliebtheit strotzen. Wie ein mysteriöser Wanderer nehmen sie uns bei der Hand, um uns in völlig unbekannte Welten zu führen. Wir hören einen Sound, den man nicht einfach musikalisch fachsimpelnd erklären kann, es ist eine Reise. Ziemlich passend, wenn man bedenkt, dass wir uns den Urlaub dieses Jahr sonst wohin stecken können. (Außer wir freunden uns mit hirnrissigen Ideen an, wie beispielsweise in Plexiglaskisten am Strand zu liegen. – Eine sehr gute Idee übrigens, wenn man ein Kannibale wäre und sein Essen gerne langsam köcheln lässt …)

Für diejenigen, die der Realität ins Auge blicken, könnte „Peak“ einen Ersatz darstellen. Wer sich auf den Klang dieses Albums vollkommen einlässt, könnte wahrlich eine außerkörperliche Erfahrung erleben und unvorstellbare Orte sehen, hören und fühlen. Begebt euch also, anstatt in den Flieger, in eure beste Buddha-Pose und setzt die Kopfhörer auf. Ihr hört eine feine Mischung aus verschiedenen Instrumenten, hypnotisierenden Gesängen, ein paar Prisen Field Recordings und aus sanften elektronischen Klängen. Diese Komponenten ergeben zusammen mit der Hülle ein wahres Gesamtkunstwerk, das seinesgleichen sucht. Zolf & Saturn erschafft hier eine Welt, die in unserem Kopf entsteht, als ob man einen Abenteuerroman lesen würde. Ein Karl May der elektronischen Musik also, denn auch der zauberte mit seiner Vorstellungskraft reale Orte in unsere Köpfe, die er nie besucht hatte …

Ich übertreibe kein bisschen, wenn ich behaupte, dass der Sound von „Peak“ elektronische Musik auf ein neues Level hebt. Denn vom herkömmlichen Bumm-Bumm-Lärm unterscheidet sich diese Platte erheblich. Man merkt, Manuel versteht sein Handwerk, also ein erfahrener Pilot für eure geistige Reise. Was ist hier digital? Was echt? In seinem Sound scheint die Natur mit der Elektronik zu verschmelzen. Hier gibt es kein echt oder unecht, denn alles, was ihr dabei fühlt, passiert wirklich. Vertraut ihm, lehnt euch zurück und lasst euch fallen. Erlebt eine Fahrt auf den elektronischen Klangwellen von Shoegaze, IDM, Ambient und orientalischen Klängen. Der Song „The Eternal Sea“ ist für mich jetzt schon mein liebstes Plätzchen, während ich mich mit dem Album ausklinke.

Klingt doch gut, sogar die Urlaubsreise können wir uns ganz bequem ins Haus bestellen, wirklich fortschrittlich. Meine Empfehlung: Hört es von vorn bis hinten an und findet auch euren eigenen Lieblingsplatz auf dieser Klangtour. Natürlich kann das ganze Album kostenlos im Netz angehört werden, aber vielleicht wäre es doch besser dem Künstler wenigstens ein paar Euro rüberzuschieben. Wie bitte? Bezahlen in Zeiten von Streamingdiensten? Ihr habt schon richtig gehört, denn mit Streamen unterstützt ihr eure Lieblings-Underground-Künstler nicht wirklich. Und das nicht nur in der jetzigen konzertlosen Zeit, sondern eigentlich immer. Ansonsten wird früher oder später diese Art von Künstler einfach aussterben und wir hören nur noch seelenlose Massenware, die wirklich nur dazu da ist, um euch das Geld aus der Tasche zu ziehen. In diesem Sinne: Denkt doch mal über euer zukünftiges Kulturkonsumverhalten nach … Support Your Local Underground Artist.

Foto: Zolf & Saturn

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