Music

March 13, 2020

Was man über ILLYRICS nicht denken sollte …

Florian Rabatscher

Seit letzten Sommer ist es offiziell, Südtirols Vorzeige-GirL-Rockband Illyrica ist scheinbar zurück … scheinbar … Um genau zu sein, nur noch zwei von ihnen: Gitarristin Viktoria Figl und Schlagzeugerin Judith Gatterer nehmen als Illyrics die Instrumente wieder in die Hand und lassen neue Klänge auf uns herabregnen. Nicht nur das „a“ wurde aus dem Bandnamen gestrichen, sondern auch am Sound hat sich einiges geändert, aber nicht zum Schlechteren. Deshalb gleich vorneweg ein paar Gedanken, die man sich getrost sparen kann.

 
Zum Ersten: Bitte keine nostalgischen Weinereien. Wir wissen alle, wie gut Illyrica und wie grandios die Stimme der alten Sängerin Lola war. Doch nun übernimmt Viktoria den Gesang und ich muss sagen, dass es keineswegs nur nach Übergangslösung klingt, denn sie macht ihren Job exzellent. Also lassen wir einfach die Vergleiche zu früher und sehen Illyrics als eigenständiges und neues Projekt. Zum Zweiten die Sache mit der Anzahl der Bandmitglieder: Es könnte gut sein, dass man an bekannte Zwei-Kopf-Formationen wie The White Stripes oder The Black Keys denkt. Aber zum einen setzt Illyrics kein „The“ vor ihren Namen, zum anderen hebt sich ihr Stil weit vom gezielten Minimalismus dieser Bands ab. Denn Illyrics machen kein Garage-Vintage-Blues-Irgendwas mit einem äußerst simplen Schlagzeugspiel, ihr Sound klingt eher grenzenlos und fett. Alles, was sie noch mit solchen Bands gemeinsam haben, ist der Fakt, dass der Bass keine Hauptrolle einnimmt. Er fehlt aber nicht völlig, auf den Aufnahmen zumindest nimmt man ihn leicht als stillen Begleiter wahr und live lösen sie es so, dass das Gitarrensignal über ein Oktavpedal zusätzlich durch einen Bassverstärker ausgegeben wird. – Ich weiß, viel technisches Geschwafel, aber erwähnen wollte ich es trotzdem. Denn mir fällt immer öfter auf, dass viele Bands bei ihren Konzerten gerne Samples von Instrumenten oder weiteren Stimmen verwenden, um wahrscheinlich professioneller zu klingen. Aber denkt ihr wirklich, Rock wäre so glatt gestriegelt? Warum sollte ich mir allen Ernstes ein Halbplayback-Rockkonzert anschauen? Da bleib ich lieber Zuhause, leg eure Musik auf, hänge ein paar Instrumente an Schaufensterpuppen und bekomme wahrscheinlich eine authentischere Show geboten. Jedenfalls machen Illyrics nichts von diesem ganzen Schwachsinn und klingen trotzdem nicht dünnflüssig. Im Gegenteil sogar: Durch das bombastische Schlagzeugspiel, gepaart mit dem gezielten Einsatz von diversen Gitarreneffekten, wirkt der Sound einfach sphärisch. Guter alter ungekünstelter Alternative Rock, der euch trotzdem neue Hörerlebnisse schenkt, und das ganz ohne musikalische Glutamate. Wenn Songs gut geschrieben sind, ist auch kein großer Schnickschnack von Nöten, sie sprechen einfach für sich.

Schon bei ihrer ersten Veröffentlichung „Cvlt“ war klar, dass Illyrics ihr Handwerk beherrschen. Dieser Song mit seiner kalten Grundstimmung, verpackt im warmen Sound, ist einfach anziehend. Ich liebe es, mich auf diesen kraftvoll dunklen Klangwellen treiben zu lassen und scheinbar jedes Gefühl für Raum und Zeit zu verlieren. Was ich damit meine? Setzt die Kopfhörer auf, springt vor auf zwei Minuten, schließt die Augen und ihr versteht es. Auch die anderen Aufnahmen „Unfeel“ und „Sho Ga Nai“ stehen für sich und sind nicht nur irgendwelche Lückenfüller. Eine Mischung aus Tool und Biffy Clyro schießt mir als Erstes durch den Kopf. Wäre Maynard James Keenan eine Frau, würde er wahrscheinlich auch genau so singen. Aber Maynard ist ja … Was ist er eigentlich überhaupt? Egal, aber damit kommen wir auch schon zum letzten Gedanken, den ihr euch aus dem Kopf streichen könnt: Das Geschlechterthema. Wer meint, ich gehe in meinen Lobpreisungen für die Band davon aus, dass sie für Frauen ziemlich gut klingen, der irrt sich gewaltig. Scheißegal, welches Geschlecht, welche Vorlieben oder welche Haarfarbe sie haben oder ob sie vom Mars kommen, Illyrics machen einfach verdammt gute Musik. Selbst wenn sie die größten Arschlöcher der Welt wären, ihre Songs sind und bleiben für mich hohes Niveau. Wer trotzdem noch im Geschlechterdenken verweilen möchte, dem sei gesagt: Illyrics treten mit ihrem Sound auch so mancher männlichen Band in den Arsch. Punkt. 

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