Music

January 28, 2020

Wie bitte? „No Hablo Ladino“ von Felix Lalù

Florian Rabatscher

Werfen wir doch einmal einen Blick ins verträumte Nonstal. Oder heißt es Nonsberg? … egal; jedenfalls ist es ein unscheinbarer Ort, voll unentdeckter Geheimnisse … oder ein weiteres Nest in den Bergen? Was immer es auch sein mag, etwas Exotisches hat es mit Sicherheit: den dialetto noneso. (Eine eigentümliche Sprache, in der Tat . Es ist gerade so, als ob man Droogs aus Clockwork Orange zuhören würde: Man kapiert wenig, aber es klingt klasse. Hört sich kompliziert an und mir schmerzt auch langsam der Gulliver, wenn ich mir noch weiter mein Rasoodock darüber zerbreche, also lassen wir das, Righty Right?)

Warum erwähne ich nun diese unverständliche Sprache?
Neue Klänge von Felix Lalù sind im unendlichen Kosmos der Musikveröffentlichungen eingetroffen!

Felix Lalù ist ein verrückter Kauz – könnte man annehmen. Alles, was er macht, hat Genialität und Charme. Nie weiß man genau, was auf einen zu kommt. Der Allrounder aus dem Val di Non sagt von sich selbst, er hätte wenig Fantasie, dafür aber viele Ideen, welche er stets in DIY-Attitüde durchsetzt. Nicht weil es besser wäre, einfach weil es schneller ginge und er dann Zeit für den restlichen Kram, wie Frau, Kinder und Arbeit habe. Ja, in Wahrheit ist er doch ein ganz normales, menschliches Wesen. Aber sein neuestes Album ist nicht von dieser Welt, sondern einfach erfrischend anders. Eine Aussage, die gern jeder Musiker von sich behauptet, aber bei Lalù trifft es auch zu. Die zwölf neuen Songs, unter dem vielversprechenden Albumtitel „No Hablo Ladino“, zeigen sich wahrhaft von ihrer Schokoladenseite: nicht nur irgendeine, sondern diese besondere mit ausgefallenen Zutaten, von denen du nie gehört hast und sie deswegen vielleicht nie kaufen würdest, es dann aber doch tust, und am Ende schmeckt sie erstaunlich lecker. Wie das Nonstal selbst muss die Schönheit dieser Musik entdeckt werden. Verpackt in grandiose Melodien, verstecken sich tiefgründige Themen hinter dem unverständlichen Gebrabbel. Es geht um Leute, die mit bester Ausrüstung einen Berg bezwingen möchten, sich dann aber trotzdem dazu entschließen, einfach ein Selfie für die Social-Media-Inszenierung zu schießen, auf dem es wenigstens so aussieht, als ob sie am Gipfel wären. Es geht um Personen, denen die Last der Erwartung von anderen Personen auf den Schultern liegt. Es geht um Trauer, um Liebe und um Felix Lalùs Sicht auf dieses scheinbar unspektakuläre Nest Nonstal. Ein Lied ist sogar unserem wohl berühmtesten unsportlichen Landsmann Florian Egger, dem Rambo aus Laurein, gewidmet. 

Im Stück „Zigheret“ zeigt er uns das Profil eines nonesischen Trappers, der stets die Zigarette im Mund hat, sie aber nie anzündet (damit sie länger hält) und den großen Hecht auf dem Traktor des Vaters markiert.
Passend, dass sich Felix Lalù auch mit Trap auseinandersetzt. Denn Trap ist der neue Punk, eine Aussage, für die manche mir wahrscheinlich den Tod wünschen würden. Aber wurde Punk nicht auch anfangs in den 70ern nur belächelt und als dumme Drei-Akkord-Musik von noch dümmeren Jugendlichen abgetan? Muss denn immer gleich alles so runtergemacht werden, nur weil es fremd oder ungewöhnlich klingt? Ergebt euch dem Wahnsinn und lasst euch fürs erste von Felix Lalù aus der Wohlfühlzone entführen. Sogar seine Mini-Tour zum Auftakt war alles andere als üblich. Er spielte seine Lieder an 29 speziellen Orten und wurde nur aus sechs davon rausgeschmissen. Er spielte in einer Apotheke, einer Molkerei, beim Friseur, in einer Bibliothek, in Supermärkten, einer Kinderkrippe und sogar in zwei Metzgereien. Wenn das keine Hingabe zum Absurden ist! Felix Lalù lebt seine Kunst wie einen Monty-Python-Film. Grandios.

Nun, nachdem euer empörtes Kopfschütteln nachlässt, entspannt euch und genießt dieses Werk. Auch wenn man nicht viel von der Sprache versteht, muss man trotzdem erwähnen, dass Felix Lalù genauso gut über Kuchenrezepte singen hätte können und es wenigen aufgefallen wäre.  Dieses Album ist alles andere als ein Witz, fast schon ein kleines Meisterwerk. Und wer das nicht so sieht, dem sei auch verziehen. Denn eines ist sicher: Das könnten die Kneipenlieder der nächsten Generation im Nonstal werden. Das Lied „La Neu“ hat eindeutig diesen verschwommenen Schunkelcharakter.

Und wer es immer noch nicht versteht, der hat es verstanden. Denn genau darum geht’s, um eine Sprache, die keiner spricht: No Hablo Ladino. No Hablo Felix Lalù. 

Foto: Felix Lalù 

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