Music

December 16, 2019

Der WC-Adventskalender, Teil 2

Florian Rabatscher

Weiter geht’s mit dem besonderen Adventskalender … 

Türchen 13 – [siehe Titelbild]
Nachdem sich kurz vor Turin alle verfahren hatten und es Stunden benötigte, bis man sich wiederfand, stand WC endlich geschlossen im famosen „Alpo“ – wo sie seit zwei Wochen ständig anriefen und nie jemand Bescheid wusste. Ihnen wurde aber immer versichert, dass das mit dem Konzert schon in Ordnung sei. Sie betraten eine Halle, wo ein paar Leute auf einer Riesenleinwand gerade „Der große Diktator“ mit Charlie Chaplin schauten und sagten: „Ciao! Noi siamo il gruppo che suona stasera.“
Darauf erwiderte einer überrascht: „Ah! Suona un gruppo stasera?!”
Mitten im Raum stand nämlich eine alte Telefonkabine und immer, wenn es klingelte, nahm einfach irgend jemand den Hörer ab. Das Konzert fand trotzdem statt.

Türchen 14
WC spielte auch beim legendären Konzert der beiden Deutschpunk-Urgesteine Daily Terror und Dödelhaie in Meran. Das war zu jenen Zeiten, wo die Polizei Besoffenen ins Auto half. Naja, und ihnen luden die Ordnungskräfte nach dem Konzert sogar noch die Verstärker ins Fahrzeug. Da sie keine Gage und bloß Freigetränke für dieses Konzert bekamen, wurde das auch voll ausgekostet. Wahrscheinlich taten sie den Polizisten leid, wie sie mit wackeligen Beinen und im breiten Slalom ihre Verstärker balancierten. Also war die Polizei damals wirklich noch dein Freund und Helfer. wc002

Türchen 15
Auch Italiener hören WC. Bei einem Konzert in Trient sang die Band spaßeshalber „Sahne und Karfiol“ anstatt „Sommer in Tirol“, weil sie sich dachten, dass eh keiner ein Wort versteht. Nach dem Konzert kam ein Mädchen auf sie zu und meinte: „Ma questo „Sommer in Tirol“ avete cantato in un modo diverso…“. Auch wünschten sich Leute in Trient „Die Jager“ als Zugabe und sangen mit. Wahrscheinlich schallt es immer noch durch Trients Gassen: „… lai in des Essigfassl, do homs net einigschaut, do wor mein Stutzn drin und a fan Gams die Haut …“ wc03

Türchen 16
Otto begann 1995 als Lastwagenfahrer zu arbeiten und verließ die Band. An seine Stelle kam der damals 14jährige Raimund Psenner und Simon Weissenegger wurde der vierte und endgültige Bassist der Truppe. Kurz vor einem Konzert in Welsberg gingen Andi und der Sänger Wolfang auf die Toilette und hörten gegenüber zwei Mädchen sagen, dass jetzt WC auftreten würde und sie das auf keinen Fall verpassen dürften, weil der Schlagzeuger von denen so süß sei. Wolfgang zischte: „Den schmeißen wir wieder raus …“
Ja, der Jungspund lenkte anscheinend auch später noch die Blicke der Frauen nur auf sich.wc04

Türchen 17
Im eigenen Tonstudio „Moar M. Räkords“ wurde 1998 ihr drittes Album „Blütenschnee 77“ produziert und Ende der 90er verließ der Starsänger Wolfgang Bauer die Band, mit der Begründung: „Ich bin jetzt zu alt für das, ich gehe.“ Dafür bekam sie die ungebetene Unterstützung eines Pusterer Bongotrommlers, der sie noch viele Jahre begleiten sollte. wc08

Türchen 18
Nennen wir ihn: Den „Puschterer Bui“. Ab dem Moment, in dem er sich während einer Probe der Band einfach ein paar Bongos schnappte und mittrommelte, war er einfach bei jedem Konzert dabei. Niemand hatte ihn in die Band eingeladen, aber auch niemand sagte, er solle gehen, also blieb er. Von ihnen wird er auch herzlich als der Rhythmus-Chrasher bezeichnet.wc09

Türchen 19
Der Rhythmus-Crasher war ihnen auch als Roadie sehr behilflich. Simon wurde einmal nach einem Konzert von einer Unbekannten gefragt, ob er den Typ kennen würde, der gerade versucht ihr Auto aufzusperren. Es war der Puschterer Bui, der vergeblich versuchte das fremde Auto zu öffnen, um das Equipment der Band darin zu verstauen. Die Frau machte ihn zwar darauf aufmerksam, dass es ihr Auto wäre, aber er versuchte es trotzdem hartnäckig weiter. Was für ein eiserner Wille! wc0010

Türchen 20
Anfang 2000 verließ Raimund Psenner die Band und Benny Kompatscher trat an seine Stelle. WC spielte nun Konzerte in Deutschland, Österreich, Tschechei, Ungarn und Slowakei. Als Simon bei einem Konzert in Wien fünf Bier besorgen wollte, stellte sich das als unlösbare Aufgabe heraus. Er nahm ein Sixpack aus dem Kühlschrank und entfernte eine Flasche. Der Verkäufer sah ihn irritiert an und meinte: „Das ist ein Six Pack.“
Simon darauf: „Ja, ich weiß, aber ich brauch nur fünf und bei einem anderen hat auch schon einer eines rausgenommen.“ 
„Ja, weil der gleich blöd wie du war. Wenn du nur fünf brauchst, gehst du zum anderen Kühlschrank, wo es Einzelbier gibt“ antwortete der Verkäufer. 
„Aber die sind teurer …“ erwiderte Simon.
Nach langem hin und her kaufte er trotzdem das Sixpack, ging zur Tür und … Platsch! Natürlich knallte eine Flasche auf den Boden. Simon meinte: „Ich hab ja gleich gesagt, dass ich nur fünf Bier will und jetzt kannst du auch noch die Scheiße hier zusammen räumen.“ 
Der Verkäufer schrie wie verrückt: „Schleicht’s eich! Oder i hol die Gendarmerie!“ 
Da kann Simon nur den Kopf schütteln. Die spinnen, die Österreicher.wc011 

Türchen 21
Für die Reise nach Ungarn und in die Slowakei lieh sich die Band einen Camper, dessen Kühlschrank sie bis zum Platzen mit Bier beluden. Der Puschterer Bui musste sofort eines haben und bevor jemand sagen konnte, er soll den Kühlschrank nicht auf dieser kurvigen Talstraße öffnen, rollten schon Unmengen von Bierdosen bis in die Fahrerkabine. Ihr slowenischer Booker war nicht dabei, gab ihnen aber einfach die Adresse. Sie sollten eine Fähre über die Donau nehmen, bei der es Probleme gab. Der Puschterer Bui und ein Freund von ihnen gingen los, um sich zu erkundigen, und der Freund kam zurück und meinte: „Jungs, macht euch keine Sorgen. Der Pusterer spricht fließend slowakisch.“ Natürlich tat er das nicht, aber tiefster Pusterer Dialekt klingt anscheinend ähnlich …wc012

Türchen 22
2006 erschien ihr viertes Album „Gott sein“. WC zeigte sich mit diesen Songs von einer neuen Seite und war musikalisch in Höchstform. Es war immer noch Punkrock, aber mit kritischeren Texten und härteren Riffs. Sagen wir so: Die alten Säcke trafen immer noch den Zeitgeist und sprachen deswegen auch ein jüngeres Publikum an. 2009 wurde WC 20 Jahre alt und spielte in Steinegg vor vollem Saal. Ein begeisterter Jugendlicher, der jünger als die Band war, sprach Andi nach dem Gig an und sagte: „Wow! Wieso müsst ihr so viel saufen? So geil!“wc013   

Türchen 23
Kein Ende in Sicht. 2012 erschien ihre fünfte LP „Volxpunk“, die sogar auf Vinyl gepresst wurde. Längst zu wahren Legenden mutiert, ruhten sich die Bandmitglieder nicht nur auf ihren Lorbeeren aus, sondern machten motivierter und frischer denn je weiter. Neue Songs, wie „Porco“ oder „Goldener Käfig“, sind absolute Gassenhauer, die von ihnen gedrehten Videos oscarverdächtig, das Bier fließt weiterhin in Strömen und der Humor ist flacher denn je. Hier ein Schenkelklopfer aus Andis Sammlung:
Fragt einer den anderen: Wieviel wiegt ein Furz?
Sagt der andere: Ich glaube nichts.
Darauf der eine: Oh, dann hab ich mir wohl in die Hose geschissen …wc0015

Türchen 24
30 Jahre, ohne Pause, allein schon das ist unglaublich. Aber was genau zeichnet also den Mythos WC aus? Vielleicht der Fakt, dass sie kein Mythos sind, sondern einfach eine Band, die man gern haben muss. WC war immer authentisch und ließ sich nie von irgendwelchen Trends verbiegen. Erfolg? Ruhm? Drauf geschissen. WC steht für Freundschaft, Spaß und viel Bier. Es kommt einem so vor, als sei bei ihnen die Zeit stehen geblieben und man sitzt immer noch den jungen Punks von 1989 gegenüber. Oder einfach gesagt: Sie sind vier liebenswerte Kindsköpfe, die dazu noch guten Sound runterbrettern. Ja, auch heutzutage ist jedes WC-Konzert ein spezielles Erlebnis für alle Altersklassen, Sprachgruppen und durchschnittliche sowie psychisch labile MitbürgerInnen. Manch unterschiedliche Generationen treffen bei einem Gig von ihnen zusammen und feiern gemeinsam. Denn wenn Simon, Lukas, Benny und Andi mit dem Shuttle zum Konzert anreisen, könnt ihr sicher sein, die Party wird grandios. Auch wenn ihr keinen Spaß haben solltet, eines ist sicher: Sie werden ihren haben. Wie es aussieht, ist der Ruhestand auch noch in weiter Ferne. Die Rolling Stones des Punkrock also? Man wird sehen … Hoffen wir einfach, dass ihre Pfleger sie in 30 Jahren noch auf die Bühne schieben, mit dem Bier an den Venen und „Sommer in Tirol“ auf den Lippen. Macht euch also keine Sorgen und merkt euch ihre Worte: Wir bringen mitten in die Kälte ein ganz, ganz kleines Licht und wir hoffen, es wird größer, bis ein Feuer dann ausbricht. Denn das sind wir, das ist besser als nur so dahinzuleben. Das sind wir, ein Maximum an Qualität.wc0013

WC Band Voels 2019

Alle Fotos: WC; ausgenommen letztes: franzmagazine

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