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December 12, 2019

Christina Biasi von Berg: Was man von innen nach außen sieht

Maria Oberrauch

Eigentlich hätte sie sich lieber getroffen, vermutlich vor allem, nachdem sie meinen seitenlangen Fragenkatalog erblickt hatte. Vermutlich hätte ich dann aber noch mehr Fragen gehabt. Und so machte sie  sich mutig ans Werk und wir erhalten einen kleinen Einblick in die Welt von Christina Biasi von Berg. Die Architektin, Innenarchitektin und Interior Designerin ist Inhaberin des in Meran ansässigen Planungsstudios Biquadra. An der Schnittstelle dieser Wirkungsbereiche arbeitet die gebürtige Deutsche mit ihrem Team an Projekten, die Geschichte in Einklang bringen mit den Anforderungen und dem Geist unserer Tage. Ihre Arbeit wurde mehrfach mit dem German Design Award und dem German Brand Award ausgezeichnet.

Erzähl mal … wie sieht ein Tag so aus, bei dir?

Zum Glück sieht bei mir jeder Tag anders aus. Langeweile gibt es nicht. Aufgrund der unterschiedlichen Bauaufgaben und Kunden sind meine Tage sehr abwechslungsreich und ich bin viel unterwegs. Was aber jeder Tag gemeinsam hat, sind viele Gespräche: mit meinem Team, mit Kunden oder mit Handwerkern. In meinem Beruf ist Kommunikation sehr wichtig, es geht darum zu verstehen, Ideen zu entwickeln und diese weiterzugeben. Mein privater Luxus ist, dass Büro und Wohnung sehr nah sind und ich es sehr oft schaffe, die Mittagspause zusammen mit meiner Familie zu verbringen.

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Deine Kunden scheinen zu wissen: Biquadra kann alten Gebäuden in die Gegenwart verhelfen. Hast du einen Hang zu alten Häusern oder ergeben sich Renovierungen einfach öfter als Neubauten?

Seit meiner Kindheit faszinieren mich Gebäude, die schon länger leer stehen. In dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, gab es sowohl im Anwesen meiner Eltern als auch in der Nachbarschaft Scheunen und leerstehende Gebäude, die wunderbare Entdeckungen möglich machten. Historische Gebäude inspirieren und geben eine gute Grundlage für eine neue Identität, die man bei neuen Gebäuden erst entwickeln muss. 

Der schnelle Übergang von einem Trend zum nächsten ist im Interior Design nicht ganz so heftig wie in der Modebranche, aber dennoch in ständigem Wandel. Irgendwo habe ich mal aufgeschnappt, dass Hoteleinrichtungen auf weniger als zehn Jahre angelegt sind und man davon ausgeht, das Interior bald wieder zu ersetzen … Richtig oder falsch? Und warum?

Für mich ist das ein falscher Ansatz, auch weil er nicht nachhaltig ist. Ein gutes Beispiel für nachhaltiges Design ist das Vigilius Mountain Resort, bei dem ich als Mitarbeiterin des Studios Thun mitwirken durfte. Es wurde vor mehr als 16 Jahren fertiggestellt. Seitdem betreue ich das Hotel bei Renovierungsarbeiten. Wir achten dabei stets darauf, nur das zu ersetzen, was wirklich nötig ist und wenn etwas zu ersetzen ist, soll es zum Entstehungskonzept passen. Ich bin der Meinung, dass gutes Interior Design, ebenso wie gute Architektur, zeitlos ist.

vigilius_ruheraum_foto_biquadra.jpg

Und wie gelingt das? Was inspiriert?

Mit guter Recherche. Was passt zum Ort, zum Gebäude, zum Betreiber und zu seinem Konzept?  Ich verbringe am Anfang viel Zeit an dem Ort und in dem Gebäude, um herauszufinden, wie es sich anfühlt, wie es riecht, wie das Licht in die Räume eintritt und was man von innen nach außen sieht … Wenn ich später darüber nachdenke, kommen die Inspirationen aus dem Alltag. Bei der Ausführung spielen dann hochwertige, gut alternde Materialien und die handwerkliche Ausführung eine große Rolle. 

Hat Südtirol einen charakteristischen Einrichtungsstil? Wenn du eine Interior-CI  für Südtirol entwickeln müsstest, wie sähe sie aus? 

Südtirol hat den Vorteil, noch sehr gute Handwerker zu haben, mit denen ich sehr gerne zusammenarbeite. Oft kommen die Ideen auch im Gespräch. Ich lerne jeden Tag viel von Ihnen. 

Was ist deiner Meinung nach das typischste Südtiroler Möbelstück?

Für mich ist es die Bank.

… das meist verwendete Möbelstück?

Stuhl.

… das meist geliebte Möbelstück?

Sofa.

bank_biasivonberg

Wie und warum Meran?

Die Liebe.

Wo wärst du sonst noch gern Zuhause?

Entweder in meiner fränkischen Heimat oder am Meer. 

Welches Bild hängt in deinem Büro?

Ein Bild von unserem befreundeten Künstler Stefan Tschurtschenthaler.

Computer- oder Handzeichnung? 

Handzeichnung.

Lieblingspublikation?

MilK decoration.

Liebster Klassiker?

Eames Lounge Chair in unserem Büro.

Schöner Neuling?

Der neue Stuhl 118 für Thonet von Sebastian Herkner.

Palmenhaus_Foto_Mads_Mogensen

Rund oder kantig?

Kommt darauf an …

Liebste Farbe?

Jede Farbe hat ihren richtigen Ort.

Liebster Geruch?

Der erste Kaffeeduft am Morgen. 

Liebster Klang?

Wenn meine Tochter Klavier spielt.

Liebstes Material?

Holz mag ich gerne, aber auch hier gilt: Jedes Material braucht den richtigen Kontext.

Farinarium_Foto_Simone_Agostoni

Letzte Zeichnung

Heute.

Letzter Brief?

Schon länger her, leider!

 Was birgt die Zukunft? 

Wir hoffen, mit interessanten Kunden neue Projekte zu entwickeln, die durch eine enge Verknüpfung von Architektur, Innenarchitektur und Design eine starke Identität haben.

 

Fotos: Patrick Schwienbacher, Armin Terzer, Biquadra, Stefan Tschurtschenthaler, Mads Mogensen (5, 6), Simone Agostoni

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