Punkrock zum Lesen: „Gedankenhochsprung“ von Max Silbernagl

Wie klingt es, wenn ein räudiger Straßenköter, ein Punk, ein absolut lasterhafter Zeitgenosse mit einer großen Portion Herz ein Buch schreibt? Wie Bukowski oder William S. Borroughs? Könnte man annehmen, aber dieser famose Typ, von dem ich hier spreche, könnte auch vielen bekannt sein. Vielleicht habt ihr ihn schreiend samt Krachorchester Chaos Junkies auf der Bühne gesehen, habt schon etwas von ihm gelesen oder mit ihm den Abend (vor einem seiner Lieblingsplätze) am Tresen verbracht. Sollte jemand nun schon auf den Namen Max Silbernagl gekommen sein, dann versteht er; und die, die ihn nicht kennen, denen sei gesagt, solltet ihr nicht trinkfest genug sein, meidet ihn, oder der darauffolgende Kater wird euch umbringen. Scherz beiseite, meiden sollte man Max keinesfalls, denn euch könnte ein äußerst interessanter Gedankenaustausch entgehen. Viele von diesen Gedanken haben es jetzt sogar aufs Papier geschafft, zusammengepackt in ein Buch namens „Gedankenhochsprung“.

Eine äußerst verrückte Sammlung aus Gedichten, Kurzgeschichten, Notizen … Meistens auf Deutsch, manchmal im Südtiroler Dialekt und einzeln auch auf Englisch. Sie sind oft klar, oft auch verwirrend und schwimmen immer leicht gegen den Strom. Nicht umsonst prangt ein riesiges Anarchie-Symbol auf dem Cover, denn in diesem Buch herrscht wirklich das verdammte Chaos. Was jetzt nicht negativ gemeint sein soll, denn man muss nicht zwingend ein Punk oder ein Satanist sein, um das Chaos zu huldigen. Warum auch? Ordnung wäre sowieso vollkommen gegen unsere Natur, wenn man bedenkt, dass unser ganzes Leben überhaupt erst aus Chaos und Zufällen entstanden ist. Fragt doch einfach mal bei eurem Astronomen oder Physiker des Vertrauens nach.

Nach der Lektüre dieses lyrischen Tumults wird schnell klar, was sich in Silbernagls Kopf abspielt. Ok, klar ist vielleicht das falsche Wort, sagen wir: Max lädt euch auf ein kurzes Bad in seinen Gehirnströmen ein, die wie ein wilder Bach über die Seiten seines Buches zu fließen scheinen. Sein Stil ist völlig frei und uneingeschränkt. Simpel gesagt: Seine Worte gehen nicht nur unter die Haut, sondern auch direkt in die Fresse. Was für ein Genuss. Sparen wir uns deshalb weiteres Fachsimpeln über seinen Schreibstil. Es ist, was es ist, und Punkt.

Für mich ist es wie eine gute Punkrock-Platte zu hören. Und wie sollte so eine Platte klingen? Eben genau nicht so, wie man es sich erwarten würde. Verstanden? Dieses Buch ist gefüllt mit Trinkgelagen, einem Dreier auf dem Klo während einer Hochzeit, Gesellschaftskritik, Ehrlichkeit und einer guten Prise Humor. Er verflucht diese gestresste Gesellschaft und fordert euch auf, nicht euer inneres Kind zu verlieren. Max versteht es, seine Sehnsüchte in Worte zu packen, ohne wie manch anderer Möchtegern-Poet schmierig zu klingen. Schnulzige, sensible Dichtkunst sucht man hier wohl vergeblich. Wer aber auf ehrliche Rock’n’Roll-Kunst steht, wird mit „Gedankenhochsprung“ seine Freude haben. Wahre Südtiroler Underground-Literatur, die er übrigens am 30. Oktober 2019 im Ost West Club in Meran vorstellen wird.

Ich jedenfalls empfehle während der Lektüre dieses Buches:
3 Päckchen Zigaretten
Genügend Bier (mindestens 15 Flaschen)
Genügend Eiersalat (eineinhalb Schüsseln = MINIMUM)

Also Max, Prost und auf dein Wohl! Oder wie er selbst wahrscheinlich sagen würde: „Net vergessen, bleib norret!“

Zu haben ist das Buch bei: Athesia (Bozen), Schraffl ABC (Seis), Atlas (Kastelruth) und natürlich bei Max selbst.

Fotos: (1) Franziska Unterholzner; (2) Max Silbernagl