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September 9, 2019

Niko Stoifberg: Wir tun, was wir tun, weil wir sind, wer wir sind.

Stefanie Wenger

Darf man für seinen Traum eine andere Person ins Unglück stürzen? Ist es das wirklich wert? Schon zu Beginn des Debütromans „Dort“ von Niko Stoifberg werden wir mit diesen Fragen konfrontiert – und auch Sebi, unser Protagonist. Ein furchtbares Ereignis löst eine Kettenreaktion aus, die wiederum weitere Geheimnisse aufdeckt … 

Der Autor dieses Erstlingsromans ist 1976 in Luzern geboren, studierte Germanistik und arbeitet als Cartoonist, Journalist und Redakteur. … und eines der Geheimnisse von Niko Stoifberg ist, dass er in Wirklichkeit Koni Gebistorf heißt. 

Ein Gespräch über das Schreiben und seinen ersten Roman. 

Wie würdest du deinen Debütroman „Dort” in einem Satz zusammenfassen? 

Ein Mann macht einen Fehler und wird dafür bestraft – von einer Frau, die fast noch schlimmer ist. 

Wie hat die Recherche zum Buch ausgesehen? Was hat dich inspiriert? 

Recherchieren musste ich nicht – ich habe die ganze Handlung des Romans geträumt, vor, sage und schreibe, 20 Jahren. Am Morgen nach dem Alptraum machte ich mir ein paar Notizen. Ich kann mich sonst selten an Träume erinnern und war entsprechend verwirrt. Der Traum hat mich jahrelang nicht mehr losgelassen. Irgendwann habe ich dann beschlossen, ihn «richtig» aufzuschreiben und zu einem Buch auszuarbeiten.  

Wie bist du auf die Idee mit den «ouvriers» (Hotelarbeitern) gekommen? 

Die kamen auch in dem Traum vor. Nicht als Einzelpersonen – die habe ich erst später konkret entworfen – aber als Gruppe. Und Hotels haben mich schon immer fasziniert. Jedes Hotel ist eine kleine Welt für sich, auch eine, in der verschiedene soziale Klassen gezwungen sind, auf engstem Raum zu ko-existieren. Ich sage bewusst ko-existieren und nicht «zusammenleben», denn oft begegnen sie sich ja kaum. In meinem Buch noch ein bisschen weniger als sonst. 

Was ist die Moral der Geschichte? 

Wenn ich das wüsste! Vielleicht, dass wir mehr Verständnis füreinander haben sollten. Niemand tut etwas – auch Schreckliches – ohne Grund, und im Grund können wir gar nichts dafür. Wir tun, was wir tun, weil wir sind, wer wir sind. Und wer wir sind, bestimmen wir nicht selbst – sondern unser Erbgut und die Erfahrungen, die wir seit unserer Geburt gemacht haben. I = E x E, sozusagen. Niko Stoifberg - Dort (c) Oskar Weissenegger

Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Das war schon an der Schule das, was ich am liebsten machte: mir irgendwelche Geschichten ausdenken. Unser Primarlehrer hat mir ab und zu einen nassen Lappen an den Kopf geworfen, weil er sah, dass ich in Gedanken ganz woanders war. Beim nächsten Aufsatz kam mir die Träumerei dann aber oft wieder zugute; ich wusste dann bereits, worüber ich schreiben wollte. 

Was gefällt dir besonders am Schreiben? Was überhaupt nicht?

Mir gefällt das Geschrieben-Haben, der Moment, in dem man denkt: Doch, okay, das kann so stehen bleiben, das ist ganz gut. Ebenfalls sehr schön sind Ideen, bei denen man spürt: Da ist was dran, die geben was her. Das eigentliche Schreiben und Ausarbeiten hingegen ist ein Krampf – wie halt jede Arbeit, die zu was Brauchbarem führen soll. Man tut sich das nur an, weil man weiß, wie gut das Gefühl danach sein kann.  

Was ist dein Lieblingsbuch, dein/e LieblingsautorIn?

Puh, fast unmöglich, hier mit nur einem zu antworten. Ágota Kristófs «Das große Heft» käme sicher auf die Shortlist. Ebenso die beiden Thomasse: Von Thomas Mann «Der Zauberberg», von Thomas Bernhard «Das Kalkwerk».  

Was wäre ein Genre, an das du dich gerne einmal herantrauen würdest? 

Tibetanische Lyrik! Ich muss, denn die spielt dann im nächsten Roman eine Rolle. Was mir zugute kommt, ist, dass es kaum tibetanische Lyrik gibt. Ich kann also selbst welche erfinden. 

Am 19. und 20. September 2019 wird in Laas zum 7. Mal der Franz-Tumler-Literaturpreis vergeben. Der Preis für Erstlingsromane ist mit 8.000 Euro dotiert und wird von der Gemeinde Laas, dem Bildungsausschuss Laas, dem Südtiroler KünstlerInnenbund sowie dem Verein der Vinschger Bibliotheken vergeben. In der Jury sitzen: Hans-Peter-Kunisch, Manfred Papst, Gerhard Ruiss, Daniela Strigl und Gabriele Wild. Niko Stoifberg ist 2019 neben Marko Dinić, Angela Lehner, Emanuel Maeß und Lola Randl für den Preis nominiert.

  

Foto (1) Niko Stoifberg (c) Hendrik Dietrich; Foto (2) Oskar Weissenegger/franzmagazine 

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