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August 7, 2019

„Lieber ein bisschen als gar nichts“
Mirjam Smend

Susanne Barta

Mirjam Smend ist Journalistin, Greenfluencerin und Gründerin der GREENSTYLE munich fair and conference für nachhaltige Mode. Letzte Woche ging es hier darum, ob Eco das neue Cool ist? Das frage ich nun auch Mirjam.

Mirjam: Cool kann man natürlich definieren wie man möchte, aber eco fühlt sich gut an, weil man weiß, was man trägt, so wie man auch wissen möchte, was man isst. Aber eigentlich geht es darum, dass Eco das neue Normal wird.

Susanne: Eco fühlt sich gut an, sagst du, auch weil wir dann ein gutes Gewissen haben?

So wie man kein Fleisch essen möchte von Tieren, die gequält wurden, möchte man doch auch keine Textilien tragen, von denen man weiß, dass sie auf bedenkliche Weise produziert wurden. Aber gutes Gewissen klingt so unsexy. Mode soll ja auch Spaß machen und das kann nachhaltige Mode durchaus. 

Wie bist du zu diesem Thema gekommen?

Ich habe viele Jahre bei Verlagen gearbeitet, Glamour online, ELLE … Einmal ging es darum, nachhaltige Modelabels vorzustellen. Ich erinnere mich daran, wie viel Arbeit es war, ELLE-taugliche Brands zu finden. Ich dachte mir, die gibt’s also, aber kaum jemand kennt sie. Ich war dann auf der Ethical Fashion Show Berlin, jetzt heißt sie neonyt, habe mir drei Tage Urlaub genommen, aber als ich dort ankam, stellte ich fest, dass von den Brands, die mich interessierten, Labels im High-End-Bereich, nur 30 ausstellten. Da bin ich ja in einem Tag durch, dachte ich mir. Es war dann so, dass ich es in den drei Tagen nicht geschafft habe, mit allen 30 Brands zu sprechen. Sonst hört die Mode ja bei schön auf, mehr kommt meist nicht, aber hier fängt es erst richtig an. Man trifft die Menschen, die dahinter stehen und lernt ihre spannenden Geschichten kennen. Dann habe ich meinen Blog begonnen …

Mirjam Smend greenstylemuc (c) Voetter

2018 hast du in München GREENSTYLE gegründet, ein neues Messe- und Konferenzformat für nachhaltige und faire Mode. Was möchtest du mit dieser Plattform erreichen?

Das, was ich schon mit meinem Blog wollte: nachhaltigen Fashion Brands Sichtbarkeit geben. Nur 1 % der Mode ist nachhaltig, aber 70 % der Menschen sagen, dass sie nachhaltige Mode kaufen würden. Da kann man viele Menschen abholen. Mir geht es darum, nachhaltige Mode und die Menschen, die sie machen, zu zeigen. Dazu noch eine Konferenz, denn nachhaltige Mode ist ja auch Konsum und Konsum ist nicht unbedingt positiv. Da der Mensch aber immer konsumieren wird, geht es darum, Bewusstsein zu schaffen, Wissen und Informationen weiterzugeben und den Kontext zu erklären. Wir möchten mit Mode und Inhalten begeistern. Wenn man einmal nachhaltige Mode für sich entdeckt hat, kann man nicht mehr zurück.

Die 3. Ausgabe der GREENSTYLE findet von 11. bis 13. Oktober 2019 statt. Gibt es Schwerpunkte?

Themen für diesen Herbst sind Wolle, Leder und Denim, dann geht es auch um Recycling, Konsum und Greenwashing. Das wird ja sehr kontrovers diskutiert. Wenn H&M zum Beispiel mit dem Material Piñatex arbeitet, ist das eine große Chance für Piñatex, weil H&M das Thema größer macht. Für andere ist es Greenwashing. Mir aber ist es lieber, Unternehmen wie H&M machen ein bisschen was, als gar nichts.

Immer wieder betonst du, dass es nicht darum geht den Zeigefinger zu erheben, sondern zu informieren und zu inspirieren.

Man kennt das ja von sich selbst: Wenn etwas mit erhobenem Zeigefinger daher kommt, ist man selten davon begeistert. Wir wissen natürlich, dass vieles nicht in Ordnung ist, aber immer nur zu sagen, dass es nicht in Ordnung ist, hilft auch keinem weiter. Wir möchten Alternativen aufzeigen, tolle Brands, innovative Materialien und interessante Kooperationen vorstellen, dass man Lust bekommt Neues kennenzulernen.

Nachhaltige Mode ist ein Trend. Zieht die Textilindustrie hier schnell genug nach?

Für mich ist es ein Lifestyle und weniger ein Trend, denn das Thema wird bleiben. Warum die großen Unternehmen immer mehr auf Nachhaltigkeit setzen, ist mir eigentlich egal, Hauptsache, sie tun etwas. Jeder, der mitmacht, ist ein Multiplikator. McKinsey hat zusammen mit Business of Fashion eine Studie gemacht, „The state  of fashion“, und dort heißt es, dass 2019 eine kritische Masse an Menschen erreicht sein wird, die eine Veränderung bewirken können. Die Textilindustrie wird irgendwann reagieren müssen. Der Wandel kommt meiner Meinung nach aus drei Richtungen: KonsumentInnen, die anders konsumieren wollen, die Textilindustrie, die anders produziert und die Politik, die entsprechende Richtlinien und Gesetze erlässt. Es geht nicht anders. 

Mirjam Smend + Susanne Barta

Die 3. Ausgabe der GREENSTYLE findet von 11. bis 13. Oktober 2019 in München im Isarforum im Deutschen Museum statt. Die Messe Bozen und GREENSTYLE arbeiten gerade daran, einen Pop-Up-Auftritt der GREENSTYLE im Rahmen der Biolife Bozen zu entwickeln.

Fotos: 
(1) Mirjam: Brille + Schuhe > TOMS; Trenchcoat > LangerChen; Bluse > FREITAG; Hose > Dawn Denim; Tasche > Verena Bellutti.
(2) Konferenz @ GREENSTYLE Muc © Voetter
(3) Susanne: Sakko > Everlane, Kleid > CORA happywear, Sneakers > Adidas, Tasche H&M (alt)

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