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June 5, 2019

Silvia Hell: A priori B eantwortet

Maria Oberrauch

Die Form an sich hat ihre Grenzen, aber was sie symbolisiert, ist nicht im Stillstand, sondern in Wandel, in Rotation, wie die Erde selbst. Eine starre Form als Repräsentant von Dynamik, das ist doch mal was … der Kreisel kann’s und ich würde behaupten, fast jeder hat schon einmal einen in der Hand gehabt. Silvia Hells silberne Aluminiumskulpturen erinnern an diese rotierenden Formen, man fragt nach ihrer Schwere und möchte sie gleich aufstellen und wirbeln lassen in dem Wissen, dass es bald scheppern und klonken wird zwischen Metall und Boden, wenn der Schwung ausgedreht ist. Das ist es, was ihre Arbeiten irgendwo immer zusammenhält, sie sind nicht abgehoben, sie liegen nicht in der für Betrachter unerreichbaren Sphäre der elitären Aktion, nein, sie binden irgendwo immer ein und fördern die Lust nach Interaktion. So machen es auch gute Lehrer: Komplexe Inhalte werden in eine strukturierte, nachvollziehbare und bildliche Form gebracht. Und es glänzt! 

Silvia Hell (1983) arbeitet installativ, aber auch malerisch. Viel Metallisches, Raumgreifendes, Farbe in gedruckter Präzision. Bewegung, immerzu, irgendwo. Sie studierte Malerei an der Accademia di Brera in Mailand, diverse Einzel- und Gruppenausstellungen hier und dortzulande listen sich in ihrem Lebenslauf, das ist aus Südtiroler Perspektive ja immer so eine Sache … Und wie sieht es eigentlich aus in Südtirol, mit der Kunst? Und mit Silvia Hell? Nach zwei Monaten im Mailänder FuturDome kehrte mit 1. Juni die 5. Edition von Eau&Gaz nach Eppan zurück. Silvia Hells Arbeiten sind Teil der diesjährigen Ausstellung. 

The Uncanny Valley_Hell_A Form of History : Air_Ph. Cosimo Filippini

Als ich Silvia darum bat, sie für franzmagazine interviewen zu dürfen, bejahte sie und machte sich dann gleich an die Beantwortung der Fragen und das, noch bevor ich ihr diese zusenden konnte. Wie das geht? Ganz einfach scheinbar … 

Voglio provare a rispondere alle domande a priori, senza conoscerle. Senza aspettarle, prendendo l’intervista controtempo. L’incipit a questo esperimento è stata una coincidenza. Dopo aver saputo dell’intervista e dopo una conversazione al telefono con il gallerista Dario Bonetta che sostiene che il mio lavoro NEI / Day Portraits resiste nel tempo, penso: sono interessata alla durata.

 … deshalb gibt es heutehier gleich zwei Interviews mit Silvia Hell, denn sie ließ es sich dann auch nicht nehmen, meine Fragen zu b eantworten, die sie zu einem späteren Zeitpunkt wie verflogene Jungvögel erreichten … 

Wo gehst du gerade um und wo deine Arbeiten?

A priori: Un altro aspetto curioso è che continuo a tentare di ritrovare un punto per prenderne nota, nel video su Céleste Boursier-Mougenot, e non ci riesco, tornando indietro con il cursore ritrovo sempre lo stesso (punto) (che è un altro): Je me souviens que nous avions un album de Terry Riley / I remember we had an album by Terry Riley… Provo a tornare indietro di più allora e non cambia, vado avanti: called “in C”, in which each musician plays their part / dans lequel chaque musicien joue son rôle, but they choose at what moment… what moment… what moment…  
Il punto era: I always wanted to make music. Si tratta di combinazioni di momenti e movimenti, mentre sono gli uccelli a suonare gli strumenti, die Umgebung, denke ich an Zufälle zwischen Different Trains und der Villa Eläintarha in Helsinki, wo Züge und Vögel im Konzert waren.

B eantwortet: Ich geh dorthin, wo mein Instinkt und Programm mich hinführt, die Beziehung zu anderen trägt viel dazu bei.

The Uncanny Valley_Hell_Air detail_Ph. Cosimo Filippini

Nach welchem Prinzip entstehen deine Formen? 

A: La memoria non a caso dimentica – si può dire? Certo, pensa al lavoro che s’intitola Libro dimenticato a memoria di Vincenzo Agnetti – o meglio non imprime un concetto, succede scoprirlo, come nel caso della distinzione tra semiotica e semantica, intuivo la distinzione come fondamentale ma non ricordavo mai a cosa associare l’una e l’altra, come è scritto e cosa significa, invece leggo che (una delle due) la semantica è un sottoinsieme della semiotica, una rivelazione, semplice come aprire un’enciclopedia. L’enciclopedia è un’interconnessione e come tale la materia di cui è fatta suggerisce momenti di sovrapposizione, caos e struttura. 

La notte, o mentre uno dorme, vorrei fare una domanda, attendo la risposta.

B: Auch hier passt die Antwort vom ersten Teil a priori gut dazu. A priori klingt jetzt auch interessant im Zusammenhang mit der Frage und dem Wort Prinzip. Ich bin an Ästhetik, Dauer und Erkenntnis interessiert. Deshalb denke ich an eine Logik zwischen Form und Inhalt. Die Interpretationsfreiheit überlasse ich weiterhin dem Inhalt. Dank der Form. Dies bedeutet, dass der Prozess klar ist und die Bezugspunkte (referenti) oder die Themen bekannt sind, aber nur wenn man es wissen will (sie sind leider auf einer anderen Ebene nicht mehr deutlich zu unterscheiden). Wir sind doch nicht in einer Diktatur.

Vielleicht könnte man darüber mehr sagen. 

Daten haben einen großen Stellenwert in vielen deiner Werke. Warum? Wie erfolgt die Auswahl und Auswertung?

A: Ci stavo arrivando, al soggetto, o a quella parola che in una lingua scritta diviene scomoda: il tema. Quale è il tema, senz’altro il processo, senz’altro uno studio formato di parti autosufficienti al punto di divenirne parti fondanti. In sostanza ciò che sta per qualcos’altro altro non è che l’interruzione di quel punto che non si ritrova coerente o identico. Non è mai identico a se stesso poiché (o dato che) siamo interessati alla durata.

B: Sie sind deshalb wichtig, weil sie unser technologischer Bezugspunkt sind. Ich versuche diese Beziehung, Logik, Modell, wie und was, zu untersuchen. Die Auswahl ist einfach, Daten, die jeder haben kann, die öffentlich sind, die man in der Schule lernt, damit (fast) jeder etwas darüber sagen, denken und fühlen kann. Die Auswertung ist etwas komplexer und hängt von den Kontexten ab. Ich versuche die Rohdaten nicht zu ändern, während ich ihre Form ändere. Ich frage mich, ob der Rückwärtsprozess möglich ist, ohne jemanden, der ihn kennt,  der wenigstens den Prozess  kennt. Vor allem, weil vieles auf einer anderen Ebene bleibt. Es passiert mir selbst oft, wenn ich wieder auf ein Projekt zurückkomme, um weitere Arbeiten daraus zu schaffen, dass es eine Weile dauert, bis ich verstehe, wie was gemacht wurde …

The Uncanny Valley_Hell_Air_Ph. Cosimo Filippini

Grenzen. Heimat. Entfremdung. Themen der 5. Edition von Eau&Gaz. Was machen solche Begrifflichkeiten mit dir und wie platzierst du deine Arbeiten darin?

A: Ovviamente capita ad andare avanti (in una ricerca interconnessa) che una pubblicità divenga mirata. “How compelling is your writing?” Potrei infilare questo testo nella app proposta, che mi suggerisce quali parti cambiare, e vedere se mi conquista? attrae? di più. O forse intrattiene. Effettivamente fermarsi per un contesto è importante. Aggiungo solo un giudizio in maniera ironica, ho cercato “In C” e credo che le mie casse non funzionino bene per questo brano.

B: Alle meine Arbeiten haben wahrscheinlich mit diesen Begrifflichkeiten zu tun. Die letzte Arbeit, die site-specific oder konzept-spezifisch für die Ausstellung The Uncanny Valley im FuturDome entstanden ist, mit einem sehr langen Titel, in drei Teilen, Misuratore d’incertezza_incertezza del bilanciamento_*citazione di Giorgio Agamben, hat immer noch mit Grenzen, Heimat, Entfremdung zu tun. Vielleicht weniger direkt von meiner Seite mit Heimat. Ich platziere die Arbeit nicht darin, dass ist nicht meine Aufgabe.

Südtirol und die Kunst …

 A: Invece lui aveva problemi di dislessia e doveva inventare i suoi metodi per fare musica. In questo momento la musica mi aiuta ad imprimere contenuti in modo emozionante. Le immagini derivano da questo. Condivido Céleste Boursier-Mougenot quando dice (parafrasando) che l’arte è veramente inventare i tuoi strumenti e arrivare a un outcome. Si tratta dell’immaginazione, non di una qualità tecnica degli uomini.

 B: Ich hoffe, dass es so weiter geht, dass die Beziehung local and global  eine gute Balance hält. Es ist vital, wenn ein internationaler Austausch stattfindet.

Was birgt die Zukunft?

A: Se ho più spazio in franzmagazine posso provare a rispondere alle tue domande per causa effetto.

B: Etwas Anregendes, like the first part of the interview! 

The Uncanny Valley_Hell_A Form of History 1_Ph. Cosimo Filippini

Fotos: The Uncanny Valley, FuturDome, Milano, 01.04.–25.05.2019, (c) Cosimo Filippini 

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