Music

February 1, 2019

Volle Dröhnung Realität: Das neue Album von Johnny Mox

Florian Rabatscher

Hier ein paar Zeilen zur Rückkehr eines bewundernswerten Musikers der alternativen Szene. Sein bürgerlicher Name Gianluca Taraborelli – was jetzt nicht gerade spektakulär klingt. Doch versuchen wir ihn uns doch mal wie einen Superhelden vorzustellen: Tagsüber bewegt sich Gianluca unauffällig als normaler Durchschnittsbürger in den Menschenmassen. Doch nachts verwandelt er sich in den unglaublichen Johnny Mox, einen keineswegs mittelmäßigen Typen, der, wenn du nicht aufpasst, dir glatt dein Mädchen vor der Nase wegstiehlt. So sieht’s aus, aber natürlich nur bildlich gemeint. Denn ich glaube nicht, dass sein Vorhaben darin besteht, den Don Juan für Arme raushängen zu lassen. Seine Gedanken gehen schon etwas tiefer …

Johnny Mox

Der aus Trient stammende Multiinstrumentalist hat schon zwei Europatouren, eine Amerikatour, hunderte von Konzerten und drei Alben auf dem Buckel. Und genau das im Oktober 2018 erschienene aktuelle, dritte Album “Future Is Not Coming – But You Will –” ist wahrhaft eine selten gute Scheibe. So lange zieht Johnny Mox schon seines Weges, hat vieles gesehen und ausprobiert und entwickelt sich langsam zu einem wahren Underground-Prediger im Stil von Nick Cave. Was auch teils dem Sound seiner Band den „Moxters Of The Universe“ zu verdanken ist, die übrigens auch live grandios klingen. Mit diesen 11 Songs taucht man in ein absurd melancholisches Sammelbecken voll von Gospel, Blues, Country und Punk ab. Mit dem richtigen Schuss Realität in Form von Gewalt, Liebe, Enttäuschung und Hoffnung. Dazu eine Prise Ironie und Göttliches lassen einen wieder mal daran denken, dass der Tod nicht das Ende sein kann. Anscheinend befinden wir uns ja längst schon im mühseligen Kreislauf des Endes, wie schlecht kann es da danach noch werden? Wie das Aushängeschild der frustrierten Kids aus den 70ern: No Future!
Ja, auch “Future Is Not Coming – But You Will –” spricht von dieser verlorenen Zukunft. So wie du es dir vorgestellt hast, wird es leider nicht kommen. Jeder erzählt uns doch ständig von einer dunklen Zukunft: Keine Rente, atomare Kriege, Überbevölkerung und sogar die Natur selbst wird sich an uns rächen. Schöne Aussichten. Wo sind eigentlich die ganzen Revolutionäre von früher? Ach ja, die meisten von ihnen sind zu Krawattenträgern mutiert, die uns das alles eingebrockt haben. Genau von ihnen wird auch behauptet, dass die heutige Jugend keine Visionen mehr hätte und sie ihren Arsch nicht hochkriegen würde. Wir haben ja gesehen, wohin uns euer Kampf für Veränderung gebracht hat. Bei solchen Aussichten nimmt man halt alles hin und belügt sich stattdessen lieber selbst. Wie das Plakat der großen Fast-Food-Kette, auf der ein himmlischer Burger abgebildet ist. Doch in Wahrheit ist er hässlich und schmeckt wie Scheiße. Ja, auch unsere musikalischen Poeten singen lieber über dicke Ärsche, dicke Autos und dicke Klunker, obwohl die Wirklichkeit ganz anders aussieht. Wer jetzt trotzdem mehr Lust auf die volle Dröhnung Realität verspürt, für den ist dieses Album wie geschaffen. Nicht nur das, auch das Artwork darauf ist nicht von schlechten Eltern. Nicht umsonst befindet es sich unter den Nominierten der „Best Art Vinyl Italia 2018“. Schon allein deswegen, sollte sie in keiner guten Plattensammlung fehlen. 

Also trotzdem gute Aussichten auf die Zukunft? Keinesfalls, wir haben, glaube ich, genug mit der verdammten Gegenwart zu kämpfen. Also vernichtet lieber euren letzten Funken Hoffnung und ergebt euch, denn mehr als Inkontinenz können wir uns eh nicht mehr erwarten. Schließen wir das Ganze mit den Worten von Reverend Johnny Mox: „I just want to destroy everything.“

Foto: Johnny Mox

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